100 Tage nach der Flut | Reul im Interview | Queen im Krankenhaus
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Dorothee Krings

22. Oktober 2021

Liebe Frau Do,

100 Tage – das ist ein Zeitraum, in dem bedrohliche Ereignisse ihren Schrecken und ihre Bedeutsamkeit noch nicht verloren haben. Eindrücke sind noch frisch, Menschen und ihr Schicksal stehen uns vor Augen, die fatale Weichzeichnerei des Vergessens hat noch nicht eingesetzt. Zugleich ist nach 100 Tagen so viel Distanz gewachsen, dass man ohne Zynismus nach Fehlern und den Lehren daraus fragen kann. Beides tun wir heute in einem großen Schwerpunkt zum Hochwasser in Rheinland-Pfalz und NRW – 100 Tage nach der Flut. Wie geht es Menschen, die durch das Wasser alles verloren haben. Wie denen, die plötzlich an einer Abbruchkante leben? Wie läuft der Wiederaufbau? Zudem fragen wir nach den Konsequenzen, etwa danach, ob der Staat im Katastrophenschutz schon neue Wege geht. 100 Tage danach versuchen wir mit Reportagen und Analysen ein Lagebild zu zeichnen. Denn nach der Katastrophe zur Tagesordnung überzugehen, wäre die nächste Katastrophe – für die so schwer betroffenen Menschen in den Hochwassergebieten. Und für ein Land, das lernen muss, mit Extremwetter umzugehen.

Heute wichtig:

Sicherheitskonzept: Nach dem tödlichen Streit in der Düsseldorfer Altstadt will die Polizei „hellwach“ in das kommende Wochenende gehen. Zeugenaussagen liefern mittlerweile ein grobes Bild von den Geschehnissen der Nacht, in deren Folge der 19-Jährige am Dienstag verstorben war.

PersonaldebatteNRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warnt seine Partei davor, die Niederlage bei der Wahl zu benutzen, um alles Bestehende auf den Prüfstand zu stellen. Im Interview, das Gregor Mayntz und Kerstin Münstermann geführt haben, zeigt er sich außerdem erschüttert über den politischen Umgang mit Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet.

Queen Elizabeth II.: Der Gesundheitszustand der britischen Königin sorgt weiter für Schlagzeilen. Erst am Mittwoch hatte die Queen einen Besuch in Nordirland absagen müssen. Wie nun bekannt wurde, verbrachte sie die Nacht auf Donnerstag im Krankenhaus. Sie sei aber weiter guter Dinge, heißt es.

Noch mehr aktuelle Nachrichten gibt es zum Hören – von Montag bis Samstag jeden Morgen ab 5 Uhr in unserem „Aufwacher“-Podcast.

Meinung am Morgen:

Ampel: Bis Ende November soll der Koalitionsvertrag der Ampel stehen. Und darin für gleich mehrere Herkulesaufgaben Ziele setzen: Die Ampel will den Klimawandel aufhalten, die Energieversorgung der viertgrößten Industrienation total umstellen, die Verwaltung digitalisieren und den Sozialstaat neu aufstellen. Alles sinnvoll, aber alles gleichzeitig? Es sehe danach aus, dass drei ehrgeizige Parteien, von denen zwei lange nicht regiert haben, dabei sind, sich zu übernehmen, schreibt Birgit Marschall in ihrem Kommentar.

Fußball: Im März bekommt der Deutsche Fußball-Bund einen neuen Präsidenten. Dass es auch eine Präsidentin werden könnte, fordert unter anderem eine Initiative um die ehemalige HSV-Managerin Katja Kraus. Doch räumt Robert Peters diesem Anliegen in seiner Kolumne wenig Chancen ein. Die männlichen Kandidaten laufen sich schon warm. Es sei ein naheliegender Verdacht, dass die Männer beim Geschacher um Posten lieber unter sich blieben, als den Frauen das Feld zu überlassen.

Buchmesse: Wie viel Toleranz ist notwendig in einer Demokratie – auch wenn es um die Sprache geht? Vor allem die Sprache der anderen? Über solche Fragen wird derzeit bei der Buchmesse in Frankfurt diskutiert. Der Debattenhunger sei nach den Corona-Ausfällen der vergangenen Jahre groß, schreibt Lothar Schröder, findet aber die Unerbittlichkeit fatal, mit der über vermeintlich korrektes Reden und Schreiben gestritten wird.

So gesehen:

Die Tragödie des Alters ist nicht, dass man alt ist, sondern dass man jung ist. Oscar Wilde wird diese kluge Einsicht zugeschrieben. Das Paradox erklärt vielleicht, warum es vielen Menschen so schwer fällt, ins Älterwerden einzuwilligen: Sie fühlen sich schlicht nicht so weit. Das mangelnde Gespür fürs Altwerden erklärt womöglich auch, warum in der Politik so wenig von den Herausforderungen der Demografie die Rede ist. Anscheinend drängt es grad nicht so. Dabei ist die Zahl der Menschen im Alter ab 65 Jahren bereits zwischen 1990 und 2018 um 50 Prozent gestiegen, von 11,9 Millionen auf 17,9 Millionen. In den nächsten 20 Jahren wird diese Zahl um weitere fünf bis sechs Millionen wachsen. Darum hat der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, recht, wenn er bemängelt, dass in den Ampel-Gesprächen das Thema demografischer Wandel bisher kaum eine Rolle spielt. Dabei ist die ungünstige Entwicklung genauso ein drängendes Zukunftsthema wie der Klimawandel. Es geht um die Handlungsspielräume von morgen – auch für den Umweltschutz. Aber die Koalitionsverhandlungen haben ja gerade erst begonnen. Ich wünsche Ihnen einen hoffnungsfrohen Tag!

Herzlich,

Ihre

Dorothee Krings

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