Liebe/r Leser/in, als sich der August vor wenigen Tagen in den September verabschiedete, wurde es kälter in Deutschland. Die Temperaturen sanken, ich holte meinen Mantel aus dem Schrank. Gegen die zum Teil frostige Stimmung in diesem Land helfen aber weder Loden noch Daunen – die verstörenden Bilder vom Reichstag, der Gesundheitsminister Jens Spahn, der bepöbelt und bespuckt wird, und Gabor Steingart, der in seinem neuen Buch wieder mal Deutschland abschreibt. Was, wenn Corona geht und die Wut bleibt? Dieser Frage geht der renommierte Politologe Herfried Münkler in unserer neuen Ausgabe des FOCUS nach und kommt zu einem ambivalenten, aber versöhnlichen Schluss. Ja, es gibt durchaus Wärmendes in diesen kühler werdenden Tagen, das oft zu schnell überlesen wird – schauen wir also auf die guten Nachrichten: 1. Derzeit gibt es in der ganzen Bundesrepublik keinen einzigen Corona-Hotspot mehr; die sogenannte 7-Tage-Inzidenz (Infektionen pro 100 000 Einwohner) liegt im Schnitt bei 8,7 (Vorwoche: 9,9). 2. Wirtschaftsminister Peter Altmaier geht davon aus, dass ein zweiter Lockdown verhindert werden kann, was die Wirtschaft weiter belebt, und er korrigiert die Konjunkturprognose für dieses Jahr nach oben – von minus 6,3 auf minus 5,8 Prozent: „Die Rezession ist im ersten Halbjahr weniger stark ausgefallen, als wir befürchten mussten.“ 3.Der Fußball lebt! RB Leipzig erhält für seinen Ligastart am 20. September als erster Bundesligaklub vom Gesundheitsamt die Freigabe für Fans im Stadion, übrigens mit Unterstützung des Freistaats. Das ist bemerkenswert, denn Angela Merkel und Markus Söder, Parteifreunde von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, hatten gesagt, dass es bis Ende des Jahres keine Großveranstaltungen geben soll. Ich hoffe sehr, dass es bald auch für den Kulturbetrieb, für all die derzeit arbeitslosen Überlebenskünstler, endlich kreative Lösungen gibt, wieder vor Publikum auftreten zu können. Lesen Sie über die Sehnsucht nach Applaus unsere Agenda in der neuen Ausgabe. 4. Die Politik lernt. Gesundheitsminister Jens Spahn stellt klar: „Man würde mit dem Wissen heute keine Friseure und keinen Einzelhandel mehr schließen. Das wird nicht noch mal passieren. Wir werden nicht noch mal Besuchsverbote in den Pflegeeinrichtungen brauchen.“ Ehrliche Worte, ermutigende Einsichten. 5. Einer, der gar nicht daran denkt, Deutschland abzuschreiben, ist Tesla- und SpaceX-Visionär Elon Musk (ca. 100 Mrd. Dollar Vermögen). Am Montag landete er um 21.30 Uhr mit seiner Gulfstream G650 auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn und fuhr zunächst zu dem Unternehmen Grohmann. Die Tesla-Tochter kooperiert seit Längeren mit dem Tübinger Biotech-Un-ternehmen CureVac (Haupteigentümer ist Dietmar Hopp) bei der Herstellung von Impfstoffen, weshalb Elon Musk auch CureVac besuchte, bevor er nach Berlin reiste, um bei der CDU-Vorstandsklausur eine von Grohmann und CureVac entwi-ckelte Maschine vorzuführen, die automatisiert Impfstoff produziert. CureVac und das Start-up BioNTech aus Mainz sind die deutschen Hoffnungslabore im Kampf gegen das Coronavirus. Sie konkurrieren mit weltweit 174 Forschungsgemeinschaften im Impfstoff-Rennen. In den USA sollen ab 1. November in Verteilzentren die ersten Impfungen anlaufen, was Donald Trump bei seiner Wiederwahl helfen könnte. Und bei uns? BioNTech-CEO Ugur Sahin hat angekündigt, im Oktober mit seinen Ergebnissen der Phase-III-Versuche bei einer Zulassungsbehörde um Genehmigung ansuchen zu wollen. Ein zugelassener Impfstoff könnte in diesem Jahr noch Wirklichkeit werden. Die Corona-Krise wird jedoch selbst mit einem Impfstoff nicht so schnell erledigt sein, denn es ist offen, wie er wirken wird, was es für Risiken geben wird, wer ihn zuerst bekommt etc. Aber eins ist sicher: Deutschland spielt vorne mit. Der Herbst wird bunt und spannend. #AufbruchZukunft. |