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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 16.08.2021 | Tropisch-drückende 23°C mit Regen. | ||
+ Die Taliban erobern Kabul + Demoverbot zum Zapfenstreich für Afghanistan-Heimkehrer + Als Gerd Müller einmal in einem Berliner Trikot spielte + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, was gerade in Afghanistan passiert, ist politisch ein Desaster und menschlich eine Schande: 22.500 Liter Bier, Wein und Sekt schleppten die deutschen Soldaten unter dem Kommando von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bei ihrem Abzug nach Hause – aber Ihren afghanischen Helfern hinterließ die Bundesregierung einen Pflichtkurs in Berliner Bürokratie: Antragsberechtigt für die Einreise nach Deutschland war nur, wer + eine „individuelle Gefährdung“ nachweisen konnte (wie wäre es mit einem von den Taliban beglaubigter Eintrag in eine Todesliste?) + in den vergangenen zwei Jahren für die Bundeswehr tätig war (von insgesamt zwanzig) + nicht über ein Subunternehmen den deutschen Soldaten zu Diensten war (Outsourcing in seiner perfidesten Form) + nicht für die deutsche Entwicklungshilfe oder andere Organisationen tätig war (gilt der Bundesregierung offenbar als „Gedöns“). Aber auch wer das alles belegten konnte, hatte es noch längst nicht geschafft: Die Flugtickets für sich und ihre Familien sollten die Helfer gefälligst selbst bezahlen – doch dafür reichte es bei vielen nicht. Noch bis vor kurzem galt die Devise: Dann sollen sie eben ins sichere Kabul gehen – da kommen die radikalen Islamisten schon nicht hin. Außenminister Heiko Maas sagte am 9. Juni im Bundestag: „Dass in wenigen Wochen die Taliban in Afghanistan das Zepter in der Hand haben, das ist nicht die Grundlage meiner Annahmen.“ Gestern marschierten die Krieger in Kabul ein und posierten im leeren Regierungspalast – Präsident Aschraf Ghani war da schon geflohen. Innenminister Horst Seehofer hatte noch bis vor wenigen Tagen an Abschiebungen nach Afghanistan festgehalten, die Begründung: Andernfalls würden noch mehr Menschen zur Flucht „motiviert“ – als hätte die Todesangst vor den schnell anrückenden Taliban nicht schon gereicht. Aber es geht ja auch nicht um deutsche Urlauber (240.000 wurden zu Beginn der Corona-Pandemie schnell aus aller Welt zurück nach Deutschland geholt). Jetzt versucht die Regierung in einer Hau-Ruck-Aktion, deutsche Botschaftsangehörige mit Bundeswehrmaschinen außer Landes zu bringen – der kommerzielle Luftverkehr ist unterbrochen. Die Bilder gleichen jenen aus Saigon 1975 vom überstürzten Abzug der Amerikaner aus Vietnam. | |||
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In Berlin plant die Polizei unterdessen eine massive Einschränkung des „Gemeingebrauchs“ von Flächen sowie der Versammlungsfreiheit, um den „Willkommens-Appell“ für die aus Afghanistan heimgekehrten Soldaten am 31. August vor Störungen zu schützen – das betrifft an diesem Tag zwischen 10 und 23 Uhr nahezu das komplette Regierungsviertel sowie die Gegend rund um das Verteidigungsministerium (inkl. Reichpietschufer und Schöneberger Ufer). Als Begründung genannt wird + die Gefahr islamistischer Anschläge + die Gewaltbereitschaft von Rechtsextremisten + die Sorge vor „akustischen Beeinträchtigungen“. Letzteres scheint der Regierung besonders wichtig zu sein: Die Polizei soll mit der „Allgemeinverfügung“ (veröffentlicht im aktuellen Amtsblatt) angesichts des Rangs der Teilnehmenden (u.a. Bundespräsident, Bundestagspräsident, Bundesratspräsident, Bundekanzlerin) jedenfalls „eine würdevolle Durchführung“sicherstellen – und verweist dazu u.a. auf den „Großen Zapfenstreich“ für Christian Wulff im Jahr 2012: „Hierbei wurde mit Hilfe von so genannten Vuvuzelas und lautstarken Pfiffen eine erhebliche akustische Störung erzielt, die über den Schutzbereich der Meinungskundgabe hinausging.“ Mit solchen Störungen sei auch diesmal „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu rechnen“. Und wir wissen ja: „Annahmen“ (siehe oben) bestimmen in Deutschland das Regierungshandeln, da kann dann auch gerne mal vorsorglich ein demokratisches Grundrecht geschleift werden. Hauptsache, die Würde wird gewahrt – jedenfalls in Deutschland. In Afghanistan ist sie verloren. | |||
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Zu anderen Themen des Tages: „Ich habe die jetzt bestellt“, verkündete der Regierende Bürgermeister im März – gemeint war die „Luca“-App der „Culture4life GmbH“, an der auch die „Fanta 4“ beteiligt sind. Müller blieb nicht allein: 13 Bundesländer zahlten insgesamt mehr als 21 Millionen Euro an Lizenzgebühren. Die vorläufige Bilanz: Nur in 60 Fällen half „Luca“ bei der Kontaktverfolgung. Es kommentieren Smudo & Co.: „Wir sind reich“ (vorausgesagt auf der CD „4 gewinnt“). Übrigens: Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt in Berlin weiter und liegt jetzt bei 62,2 – besonders betroffen sind Schulkinder. | |||
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Die Gallier hatten Angst, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt – die Berliner müssen sich nur vor den Decken in öffentlichen Gebäuden in Acht nehmen: Der „Sanierungsstau“ ist in den vergangenen drei Jahren um 800 Millionen Euro auf 3,6 Milliarden gestiegen. Der Senat hat aber schon eine geniale Lösung zur Finanzierung: Die Mieten sollen erhöht werden, teilte Finanzstaatssekretärin Vera Junker dem Hauptausschuss mit – und fügte hinzu: „Das ist natürlich ein Wirtschaften von der linken in die rechte Tasche.“ Sollten Sie auch mal probieren, wenn Sie pleite sind. | |||
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