Welche ETFs eignen sich für ein Investment in Substanzwerte? Liebe Leserin, lieber Leser, meine brandneue Dividenden-Strategie startet → alle Infos in meinem Video... Bereits im Jahr 2021, noch vor dem Ukraine-Krieg, ist am Aktienmarkt eine Branchenrotation in Gang gekommen, weg von hoch bewerteten Technologieaktien bzw. Wachstumsaktien (growth stocks), hin zu so genannten Substanzwerten (value stocks). Ich bin in meinen Videos und Podcasts und auch hier im Report schon mehrfach auf die Gründe dafür eingegangen. Kurz gesagt: Die Rahmenbedingungen am Aktienmarkt haben sich im Vergleich zu den letzten Jahren dauerhaft geändert. Durch den Anstieg der Zinsen haben es Wachstumsunternehmen schwerer, zukünftige Gewinne werden niedriger bewertet. Nun versteht aber unter Substanz bzw. Value jeder etwas anderes, abhängig davon, welche Bewertungskennziffern und Kriterien man zugrundelegt. In meinen Analysen stelle ich die einzelne Aktie im Mittelpunkt, mir geht es mehr um individuelle Qualität als um die Festlegung allgemeingültiger Kriterien, mit denen Aktien in "Value" und "Growth" kategorisiert werden können. Daher fließen bei mir auch "weiche", d.h. nicht direkt messbare Faktoren wie Managementqualität, Geschäftsmodell und Marktposition in die Bewertung ein. Bei Indexfonds, also ETFs, die auf Substanzwerte setzen wollen, ist das in der Regel anders. Es muss messbare Kriterien geben, mit denen sich das Aktienuniversum anhand verfügbarer Bilanzkennzahlen filtern lässt. Dabei haben sich zwei große Kategorien herausgebildet. Die einen ETFs nehmen für sich in Anspruch Substanzwerte herauszufiltern, die anderen so genannte Qualitätsaktien. Warum Qualität und Substanz nicht das gleiche ist In der langfristigen Anlage ist eine breite Streuung wichtig, entsprechend wäre auch für einen ETF mit Substanzwerten ein weltweit anlegender ETF die richtige Wahl. Solche ETFs fokussieren sich aber in der Regel auf Industrieländer, die Schwellenländer bleiben außen vor. Der bekannte Indexanbieter MSCI nutzt die genannten zwei unterschiedlichen Ansätze für die automatisierte Auswahl von Substanz- bzw. Qualitätswerten: 1. Die „Quality Indizes“: Hier werden die Aktien herausgefiltert, die eine hohe Eigenkapitalrentabilität, eine geringe Verschuldung und eine konstante Gewinnentwicklung aufweisen. 2. Die „Value Indizes“: Bei diesen ETFs werden die drei Bewertungskennzahlen Buchwert, Gewinn und operativer Cashflow, jeweils in Relation zum aktuellen Kurs, herangezogen. Es geht also im klassischen Sinn um relativ günstig bewertete Aktien. In den letzten 3 Jahren, und auch über längere Zeiträume, haben die „Quality Indizes“, egal ob weltweit oder für einzelne Regionen wie Europa, deutlich besser abgeschnitten.
Das ist kein Wunder, zählten im Xtrackers MSCI World Quality Factor ETF (ISIN: IE00BL25JL35 | WKN: A1103D), der den MSCI World Sector Neutral Quality Index als Basis hat, noch Anfang dieses Jahres die vier größten Positionen zu den Outperformern der letzten Jahre, nämlich Apple, Microsoft, Meta (Facebook) und Nvidia. Inzwischen sind Meta und Nvidia nach hinten gerutscht, die beiden größten Positionen sind aber weiterhin Apple und Microsoft. Das sind zwar zweifellos Qualitätsaktien, aber nicht unbedingt Titel, die in den letzten Jahren niedrig bewertet waren und die von der eingangs angesprochenen Branchenrotation profitieren würden. Im iShares MSCI World Value Factor ETF (ISIN: IE00BP3QZB59 | WKN: A12ATG), der den MSCI World Enhanced Value Index widerspiegelt, liegen dagegen andere Aktien an der Spitze, nämlich Pfizer, Intel und Cisco Systems. Insgesamt sind derzeit 399 der 1.507 Aktien aus dem MSCI World enthalten. Die meisten Aktien stammen aus den USA (39%) und Japan (23%). Britische, französische und deutsche Aktien machen zusammen 23% aus. Die Branchenaufteilung ist übrigens dieselbe wie im MSCI World Index, es werden jeweils die am niedrigsten bewerteten Aktien einer Branche herausgefiltert. Die Länderaufteilung weicht aber deutlich ab, so beträgt der US-Anteil im MSCI World Index weiterhin hohe 68 Prozent. Die 10 Schwergewichte im iShares MSCI World Value Factor ETF | Aktie (Land) | Gewicht in % | 1 | Pfizer (USA) | 2,29% | 2 | Intel (USA) | 2,10% | 3 | Cisco Systems (USA) | 1,94% | 4 | Broadcom (USA) | 1,89% | 5 | Shell (GBR) | 1,81% | 6 | British Amer. Tobacco (GBR) | 1,68% | 7 | Toyota (JPN) | 1,55% | 8 | AT&T (USA) | 1,48% | 9 | IBM (USA) | 1,45% | 10 | AbbVie (USA) | 1,41% | | Summe | 17,60% | | | |
In den letzten 12 Monaten war diese Branchenrotation auch in der Performance der ETFs spürbar. So hat der iShares MSCI World Value Factor ETF in diesem Zeitraum deutlich besser abgeschnitten als ETFs auf den MSCI World Quality Index oder auf den MSCI World. Überhaupt wiesen diese beiden Indizes bzw. die ETFs auf diese Indizes in den letzten Jahren einen hohen Gleichlauf auf.
Outperformance von US-Aktien Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Outperformance von US-Aktien. In den letzten Jahren haben daher die ETFs am besten abgeschnitten, die ausschließlich auf „Qualitätsaktien“ aus den USA gesetzt haben. Auch der MSCI World profitierte in den letzten Jahren davon, dass US-Aktien im Index hoch gewichtet waren und noch sind. Niedrig bewerte Substanzaktien waren daher eher in anderen Ländern zu finden. Das ist auch ein Grund, warum der MSCI World Value Index in den vergangenen Jahren schwächer abgeschnitten hat als der MSCI World Index. In den kommenden Jahren könnten aber Aktien aus anderen Regionen als den USA durchaus besser performen, jedenfalls sind US-Aktien im internationalen Vergleich nach wie vor hoch bewertet. Im MSCI World Value Index sind US-Aktien mit 39 Prozent deutlich niedriger gewichtet als im MSCI World mit 68 Prozent. Alle weltweit investierenden ETFs haben einen hohen Anteil an US-Aktien. Wer ausschließlich auf europäische Substanzwerte setzen möchte, kann sich z.B. den iShares Edge MSCI Europe Value Factor ETF (ISIN: IE00BQN1K901 | WKN: A12DPP) ansehen. Schwergewichte sind hier British American Tobacco, Novartis, Sanofi, Bayer, Siemens, Shell und Stellantis. In den letzten 6 Monaten hat der ETF besser abgeschnitten als der MSCI World Value Faktor Index oder auch als der MSCI World. Mein Fazit Wer vom Investment in Einzelaktien zurückschreckt, für den bieten die „Value“-ETFs eine Möglichkeit den Anteil relativ günstig bewerteter Aktien, vor allem aus traditionellen Branchen, im Depot zu erhöhen. Zudem ist der Anteil von US-Aktien deutlich niedriger als im MSCI World Index. In ein langfristiges Depot gehören aus meiner Sicht aber weiterhin sowohl Substanz- als auch Wachstumswerte. Ebenfalls wichtig: Wenn Du darauf setzen möchtest, dass Substanzwerte, international oder aus Europa, weiteres Nachholpotenzial besitzen, handelst Du spekulativ. Substanzaktien dürften zwar auch in den nächsten Jahren eine Outperformance zeigen, geht es aber am Gesamtmarkt nach unten, dann können sie sich dem nicht entziehen.
Herzliche Grüße und bis kommende Woche Dein Lars Erichsen Chefredakteur Rendite-Report www.rendite-report.de |