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Stimme
des Westens

Moritz Döbler

17. Januar 2020

Liebe Frau Do,

der Befund ist klar, die Therapie fällt moderat aus: Zwar gibt es viel zu wenige Organe, die schwerkranken Menschen transplantiert werden können, aber trotzdem muss man auch künftig explizit zustimmen, wenn man nichts gegen eine Entnahme nach dem eigenen Tod hat. Was Sie nun wissen müssen, haben wir in einer Übersicht zusammengetragen. Meine Kollegin Eva Quadbeck findet die Entscheidung richtig, wie sie in ihrem Kommentar schreibt. Ich bin nicht ganz sicher. Natürlich geht es in dieser heiklen Frage um die persönliche Selbstbestimmung. Aber ich fürchte, jemand, der eine Organspende benötigt, hat andere Prioritäten. Persönliche Betroffenheit beeinflusst unser Denken ganz maßgeblich. Deswegen finde ich es sehr angemessen, dass diese Entscheidung in namentlicher Abstimmung und ohne Fraktionszwang fiel. So wurde es ein guter Tag für unsere Demokratie. Zu einer historischen Wende, wie sie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gefordert hatte, ist es nicht gekommen.

Historisch ist dagegen das geplante Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump – und könnte sich trotzdem als eine Farce erweisen, die ihm mehr nützt als schadet. Durch die Fake-News in seinen Reden und Tweets zieht sich der zentrale Gedanke, dass sich die Welt gegen ihn verschworen habe. Auch mit dieser Botschaft hat er 2016 die Wahl gewonnen. Ich halte es für denkbar, ja sogar wahrscheinlich, dass ihm das in gut neun Monaten noch mal gelingt, nicht zuletzt, weil er das Amtsenthebungsverfahren als Teil dieser vermeintlichen Verschwörung beschreiben kann. Man mag Trump für gefährlich oder psychisch krank halten (oder beides), aber er ist klug und denkt strategisch. Aus der Ferne lässt sich kaum begreifen, wie es dieser Mann ins Weiße Haus schaffen konnte. Aber dass er nicht gesagt hätte, was er vorhat, oder dass er anders handelt als angekündigt – das kann man ihm nicht nachsagen. Es ist also sehr offen, wer am Ende als Sieger dasteht, und wenn Sie mich fragen, sehe ich Trump vorerst im Vorteil. Alle Details zum aktuellen Stand des Verfahrens, das gerade eine entscheidende Wendung genommen hat, lesen Sie hier.

Bitte verzeihen Sie, dass Sie heute von mir viel harte Kost zum Frühstück serviert bekommen. Aber ich denke, jeder in diesem Land sollte sich eine Meinung zum Kompromiss über den Kohle-Ausstieg bilden, denn es geht um viel. Politisch kann NRW ganz gut damit leben, meinen unsere Wirtschaftschefin Dr. Antje Höning und unsere Berlin-Korrespondentin Birgit Marschall in ihrer gemeinsamen Analyse. Mindestens einen Schönheitsfehler hat die Einigung allerdings: Ich nehme an, dass Sie Ihr Einkommen versteuern, und dann landet die Rechnung für den politischen Kompromiss bei Ihnen, von den ohnehin steigenden Energiepreisen ganz abgesehen. Es gibt kein anderes Land auf der Erde, das gleichzeitig aus der Kohleverstromung und aus der Atomkraft aussteigt. Das mag man richtig finden, aber dieser Weg wird sehr, sehr teuer. Übrigens, der Hambacher Forst ist gerettet.

Zum Abschluss etwas Hochkultur. Das Düsseldorfer Schauspielhaus hat gestern Abend Geburtstag gefeiert, vor 50 Jahren wurde das Theater mit der geschwungenen Fassade eröffnet. Noch hat die Front nicht ihr strahlendes Weiß zurück, die Sanierung verzögerte sich. Doch das Provisorische passt ja zum Theater, und so fand der Festakt hinter Baugerüsten statt. Ich kenne Düsseldorf noch nicht so gut und habe mich gefreut, dabei sein zu dürfen. Und auch die Premiere von Bert Brechts „Das Leben des Galilei“ habe ich mir angesehen. In der Hauptrolle: Burghart Klaußner, der zuletzt in einem Dokudrama von Heinrich Breloer die Rolle des Brecht gespielt hatte. „Es kann nicht schaden, die Gedankenwelt eines Autors ein wenig zu kennen, wenn man eine seiner Figuren spielt“, hatte er unserer Kulturredakteurin Dorothee Krings im Interview gesagt. Falls Sie überlegen sollten, mal wieder ins Theater zu gehen: Die ganz frische Rezension der Kollegin finden Sie hier.

Mit einem Zitat des Gelehrten Galileo will ich hier enden: „Denn die alte Zeit ist herum, und es ist eine neue Zeit“, lässt Brecht ihn sagen. „Und es ist eine große Lust aufgekommen, die Ursachen aller Dinge zu erforschen.“

In diesem Sinne, lassen Sie uns gemeinsam neugierig sein!

Einen schönen Tag wünscht Ihnen

Ihr

Moritz Döbler

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