Olaf Scholz, der wiederum seit August über einen Rauswurf Lindners nachdachte, hatte eigene Pläne, setzte dem Finanzminister die Pistole auf die Brust und hätte drei völlig unterschiedliche Reden vom Teleprompter ablesen können. Er wurde schließlich die schauspielerisch anspruchsvollste, die Empörungs-Variante. Im Ergebnis wurde einer Ampel der Stecker gezogen, bei der Rot, Gelb und Grün zuletzt ständig gleichzeitig aufleuchteten. Nun das „Wie“ dieses überfälligen Endes zu skandalisieren, ist verlogen. Doch im Wahlkampf überrascht es nicht, dass die SPD auf Frontalattacke gegen den Ex-Partner umschaltet. Schon eher, dass es auch die Union tut. Mein Kollege Felix Heck hat für den kommenden FOCUS in CDU-Kreisen recherchiert – und stieß auf Kritik: „Die Inszenierung des Ampel-Aus lässt Zweifel an der Ernsthaftigkeit des FDP-Politikansatzes aufkommen“, sagt zum Beispiel Unions-Fraktionsvize Steffen Bilger. Auch Bundesvorstandsmitglied Monica Wüllner wird deutlich: „Die Medienberichte zeigen, dass Christian Lindner sich seine Wahrheit gerne so zurechtbiegt, wie er sie gerade braucht.“ Schwarz-gelbe Romantik klingt anders. Klar, die Union hat nichts zu verschenken, wie noch 1983, als sie die FDP mit einer Leihstimmenkampagne rettete. Doch ob sie den akut vom Ausscheiden bedrohten Liberalen schaden sollte, bei so viel bürgerlicher Schnittmenge? Das ist mehr als eine Frage der Umgangsformen. Oder, wie es die FDP-Legende Otto Graf Lambsdorff einmal sagte: „Nach meiner Überzeugung wirken wir alle am besten, wenn wir arbeiten, nicht wenn wir reden.“ Was halten Sie von der aktuellen politischen Rhetorik? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |