Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist bekanntlich seit dem 25.05.2018 verbindlich anzuwenden. Seitdem bildet die DSGVO den gemeinsamen Datenschutzrahmen des Europäischen Wirtschaftsraums. Es stellt sich nunmehr die Frage, was sich in diesen anderthalb Jahren geändert oder verbessert hat. In diesem Artikel soll dargestellt werden, welche Versprechen die DSGVO einlösen konnte und welche nicht. Der beste Datenschutz der Welt – bald auch in den USA? Die DSGVO wurde schon zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens als das „beste Datenschutzrecht“ der Welt bezeichnet. Formell dürfte das weiterhin zutreffend sein. Die DSGVO bietet auf Grund ihrer umfassenden Regelungen einen hohen Standard. Zudem erstreckt sich ihr Anwendungsbereich auf einen Großteil des europäischen Kontinents und darüber hinaus. Die DSGVO hat, das lässt sich nach 18 Monaten in der Praxis feststellen, den Datenschutz sowie die Privatsphäre für den Einzelnen deutlich stärker in den Fokus der breiten Öffentlichkeit gerückt. Unternehmen sahen sich nunmehr gezwungen, ihre datenschutzrechtlichen Bemühungen zu verstärken, was oft mit nicht unerheblichen Kosten verbunden war. Dies hatte auch Auswirkungen auf Unternehmen außerhalb des EU- bzw. des EWR-Gebietes, vor allem in den USA. Die US-amerikanische Wirtschaft ist mit dem europäischen Binnenmarkt auf eine vielfache Weise verbunden. Die DSGVO hat sogar den Bundesstaat Kalifornien inspiriert, ein eigenes Datenschutzgesetz zu verabschieden, welches sich eng an den Vorgaben der DSGVO orientiert. Das Gesetz wird im kommenden Jahr in Kraft treten. Generell setzt in den USA derzeit offenbar ein Umdenken zu den Themen Datenschutz und Privatsphäre ein. Rechte aus der DSGVO und deren Umsetzung Zunächst einmal räumt die DSGVO jedem einzelnen Betroffenen umfangreiche Rechte ein. Die bekanntesten sind dabei sicherlich das Recht auf Auskunft darüber, welche Daten über uns gespeichert sind, sowie das Recht auf Löschung. Des Weiteren hat die DSGVO insgesamt eine Möglichkeit geboten, eine Art „digitalen Frühjahrsputz“ zu machen. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit von datenschutzrechtlichen Vorschriften wurde sicherlich erheblich geschärft. Zwischen der Information der Betroffen, dass und welche Daten von ihnen erfasst worden sind, und der Verhinderung, dass die Daten überhaupt erfasst werden, besteht allerdings ein deutlicher Unterschied. Insofern kann man feststellen, dass ein formell umfassender Regelungskatalog stark an Effektivität nachlässt, wenn die gut gemeinten Vorschriften nicht konsequent umgesetzt oder möglicherweise bewusst umgangen werden. Selbstverständlich sind auch an das "konsequente Umsetzen" sinnvolle Maßstäbe anzusetzen. Wenn der Betroffene, beispielsweise beim telefonischen Vereinbaren eines Arzttermins, mit "überobligatorischen" Informationen überhäuft wird, ist zumindest fraglich, ob dies der Akzeptanz von Datenschutz zuträglich ist. Daten im Überfluss Die DSGVO konnte bislang nicht verhindern, dass vor allem eine „unbewusste“ Datenweitergabe weiterhin stattfindet. Das Joint Committee on human rights (JCHR) des britischen Parlaments hatte kürzlich angemerkt, dass es für die Betroffenen im Allgemeinen, aber auch für Experten „schwierig, wenn nicht gar unmöglich sei herauszufinden, an wen ihre Daten weitergegeben wurden, sie nicht weiterzugeben oder unrichtige Informationen über sich selbst zu entfernen“. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Umgang mit Cookies und anderen Web-Trackern, wie er seit Jahren praktiziert worden ist. Zumindest galt dies bis zur kürzlich ergangenen und viel beachteten Entscheidung des EuGHs vom 01.10.2019. Man wurde als Betroffener von nahezu jedem Website-Betreiber dazu gedrängt, Cookies & Co. uneingeschränkt zuzulassen, indem uns gerade das „Nichtzulassen“ mit allen erdenklichen Mitteln erschwert worden ist. Cookies und andere Web-Tracker Webseitenbetreiber wissen, dass normalerweise niemand die Zeit oder die Neigung hat, die Einstellungen zum Schutz der Privatsphäre für jede Webseite einzeln vorzunehmen. Die meisten von uns entscheiden sich für Komfort statt für Datenschutz. Und so klick(t)en wir auf "Ich stimme zu" für Cookies und andere Web-Tracker, die uns folgen. Auf diese Weise wird ein ständig wachsendes digitales Selbst erschaffen, das überwacht, verwendet, gekauft und verkauft wird. Ob das oben erwähnte Urteil dies wesentlich verändern wird, bleibt abzuwarten. Möglicherweise wird der deutsche Gesetzgeber hier kurzfristig aktiv werden. DSGVO als Chance und Risiko zugleich Gerade diese „unkontrollierte“ Weitergabe von personenbezogenen Daten sollte die DSGVO eigentlich verhindern. Auch beim Thema Gesichtserkennung bietet die sie Chancen und Risiken zugleich. Die Erhebung biometrischer Daten, die mit einer Gesichtserkennungstechnologie erfolgt, ist wie auch jede andere Form der Datenerhebung erst einmal grundsätzlich verboten. Es gibt jedoch Ausnahmen, wenn die Erhebung von biometrischen Daten im öffentlichen Interesse liegt, wie z. B. im Rahmen von Verbrechensbekämpfung. Auch hier ist die Politik gefordert, das Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr mit Augenmaß gegenüber den Freiheitsrechten betroffener Bürger abzuwägen. Keinesfalls darf die Ausnahme der Zulässigkeit der Datenerhebung zur Regel mutieren. Insbesondere der Bereich der Gesichtserkennung ist immer wieder Gegenstand der öffentlichen Debatte. Hier scheint, auch weltweit, derzeit sehr viel möglich zu sein. Als Fazit lässt sich daher festhalten, dass es vor allem an der Politik ist, für einen besseren Schutz unserer personenbezogenen Daten zu sorgen. Es ist eine vorrangige Aufgabe des Staates, für den Schutz der Grundrechte zu sorgen. Der Bürger ist vor einem übermäßigen mittelbaren Eingriff zu schützen. Grundrechte stellen insoweit Abwehrrechte gegen den Staat dar. Darüber hinaus liegt es aber auch in den Händen jedes Einzelnen, seine eigene Privatsphäre bestmöglich zu schützen. Die DSGVO stellt für sich genommen kein Allheilmittel dar. Es kommt vielmehr darauf an, die sehr guten Ansätze so mit Leben zu füllen, dass ein effektiver Grundrechtsschutz möglich ist. Wenn sich dieses Bewusstsein in Zukunft durchsetzen kann, dürfte schon viel gewonnen sein. Beitrag hier kommentieren |