Ausgabe vom 26.02.2021

Anleihe- und Dividendenrendite auf gleichem Niveau

Anleihe- und Dividendenrendite auf gleichem Niveau
von Sven Weisenhaus

Einige Anleger mögen sich gefragt haben, was den Dow Jones am Mittwoch eigentlich auf ein neues Rekordhoch getrieben hat. Laut einhelliger Marktmeinung war es der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell. Denn er sagte in einer Anhörung vor dem Finanzdienstleistungsausschuss des US-Repräsentantenhauses, dass die Notenbank mehr als drei Jahre (!) brauchen könnte, bis sie ihr Inflationsziel erreicht.

Beruhigungspille ohne Wirkung

Damit trat er den Spekulationen entgegen, wonach der in immer mehr Bereichen erkennbare Inflationsdruck die Notenbank veranlassen könnte, die expansive Geldpolitik zurückzufahren. Und da Inflation zurzeit das Hauptangstthema unter den Anlegern ist, war das natürlich eine Art Beruhigungspille für den Aktienmarkt.

Allerdings wirkte diese Pille nicht allzu lange. Denn der Markt hat seine eigenen Gesetze. Und viele institutionelle Anleger gehen davon aus, dass die Inflation die Fed dazu zwingen könnte, doch früher „den Fuß vom Gaspedal“ zu nehmen. Und so warfen Anleger aus Furcht vor einer anziehenden Inflation ertragsschwache Staatsanleihen aus ihren Depots. Denn mit niedrigverzinsten Anleihen im Portfolio erhält man bei einer steigenden Inflation negative Realrenditen und erleidet somit einen Wert- bzw. Kaufkraftverlust im Vermögen.

Anleiherendite rauf, Aktienkurse runter

Durch die Flucht aus Anleihen gaben deren Kurse weiter nach, was die Rendite der am Markt besonders beäugten 10-jährigen US-Treasuries gestern auf über 1,6 % und somit ein 13-Monats-Hoch trieb. Das war kein gutes Signal für den Aktienmarkt. Denn steigende Renditen bedeuten auch höhere Finanzierungskosten für Staaten und Unternehmen. Und so verringern sie auf der einen Seite die fiskalische Beweglichkeit des Staates, womit weitere stützende Konjunkturmaßnahmen weniger wahrscheinlich werden. Auf der anderen Seite belasten sie die Gewinne von Unternehmen. Daher verleiten steigende Zinsen insbesondere institutionelle Anleger dazu, ihr Geld aus dem Aktienmarkt zu ziehen, um es in die Anleihemärkte umzuschichten. Als Folge gaben die Aktienmärkte nach und es kam zu der gestern bereits beschriebenen Bullenfalle im Dow Jones.

Dow Jones - Chartanalyse

Vielleicht erinnern Sie sich: Gestern hatte ich zum DAX geschrieben, dass es nach einem Fehlsignal häufig zu einer stärkeren Bewegung in die entgegengesetzte Richtung kommt. Genau diese haben wir nun auch im Dow Jones gesehen. Nach dem Ausbruch aus der Unsicherheitsformation nach oben, der sich als Bullenfalle entpuppte, kam es nun zu einem Bruch der Formation nach unten.

Dabei hat nicht nur die Angst vor höheren Finanzierungskosten für Verkäufe am Aktienmarkt gesorgt. Wahrscheinlich haben auch einige Investoren, die auf der Suche nach der der höchstmöglichen „sicheren“ Rendite sind (Versicherungen, Pensionsfonds etc.), Geld aus dem Aktienmarkt gezogen, um es in den Anleihemarkt umzuschichten. Denn ich erinnere an die folgende Grafik aus der Börse-Intern vom 26. Januar:

Dividendenrenditen der wichtigsten Aktienindizes
(Quelle: Helaba)

Demnach haben die Anleiherenditen nun das Niveau der Dividendenrenditen des S&P 500 erreicht. Und so ist es nur naheliegend, dass sich einige Investoren überlegen, ob es sich noch lohnt, das Kursrisiko am Aktienmarkt einzugehen, wenn sie die gleiche Rendite am relativ sicheren Anleihemarkt erzielen können, ohne dort ein Kursrisiko einzugehen.

Zunehmendes Tempo beim Renditeanstieg

Der Titel der Börse-Intern vom 26. Januar lautete übrigens „In weniger als 3 Monaten droht eine Trendwende am Aktienmarkt“. Darin war zu lesen: „…für den Anstieg von 0,46 Prozentpunkten benötigte die Rendite der 10-jährigen Anleihen zuletzt nur etwas mehr als 3 Monate. Und mit den Inflationserwartungen dürften die Renditen weiter steigen. Genießen Sie also die Party am Aktienmarkt noch, solange sie anhält.“ Nun haben die Anleiherenditen für einen erneuten Anstieg um 0,46 Prozentpunkte, von 1,14 % auf 1,6 %, nur ca. 1,5 Monate gebraucht.

Mit dem Nasdaq 100 war wenig zu gewinnen, aber viel zu verlieren

Damals hatte es übrigens den ersten großen Kursrutsch im Nasdaq 100 und damit den ersten Warnschuss gegeben:

Nasdaq 100 - kurzfristige Chartanalyse
(erstellt mit: comdirect.de)

Seitdem hat sich der Nasdaq 100 wie folgt entwickelt:

Nasdaq 100 - Chartanalyse
(erstellt mit: comdirect.de)

Das sieht doch schon sehr stark nach einer Trendwende aus. Und dabei gab es seit Ende Januar wenig zu gewinnen und mehr zu verlieren. Und ich glaube unverändert, dass uns eine größere Korrektur erst noch bevorsteht.

In diesem Zusammenhang empfehle ich Ihnen die Lektüre der Börse-Intern vom 26. November 2020, deren Titel lautete: „Aktien mit Anleihen vergleichen – inwiefern ist das sinnvoll?“. Ich verspreche Ihnen einen Aha-Effekt.


Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg an den Börsen
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de



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