seit am Wochenende herauskam, dass Anne Spiegel in ihrer damaligen Funktion als stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz nach der Flutkatastrophe an der Ahr in einen vierwöchigen Frankreichurlaug gefahren war, stand eigentlich fest, dass sie auch als Bundesfamilienministerin nicht mehr zu halten ist. Spiegel selbst sah das allerdings anders, noch am Sonntag hoffte sie auf eine letzte Chance. Diese wollte sie gestern Abend ergreifen, indem sie ihre privaten Probleme vor der Öffentlichkeit ausbreitete – wohl in der Hoffnung, dass man ihr deswegen das eklatante Fehlversagen vom vorigen Sommer verzeihen würde. Es kam anders. Ihr Auftritt geriet zu einem Desaster und zeugt von einer völlig zerstörten politischen Kultur. Anstatt Verantwortungsbewusstsein zu zeigen, zerfloss die Grünen-Politikerin in Selbstmitleid. Mein Kommentar zu Anne Spiegels gründlich misslungenem Versuch, ihre politische Karriere zu retten. Nach ihren Fehlern während und nach der Flutkatastrophe musste Spiegel dann notgedrungen eben doch einsehen, dass sie als Bundesministerin keine Zukunft hat. Allein schon, weil kein einziger namhafter Grünen-Politiker auch nur ein Wort zu ihrer Verteidigung sagen mochte. Jetzt also das Aus nach einer würdelosen Hängepartie. Wenn das Übergangsgeld aufgebraucht ist, dürften ihre Chancen auf dem freien Arbeitsmarkt freilich eher bescheiden sein. Hugo Müller-Vogg ist deswegen überzeugt: Der Versorgungsposten wartet schon. Spiegels prekäre Situation offenbart damit eine gefährliche Schwäche unseres politischen Systems. Kommen wir von den mittleren zu den wirklich großen Problemen dieses Landes: Der russische Überfall auf die Ukraine beendet die Zwischenkriegszeit in Europa. Er offenbart auch den Bankrott der deutschen Politik und ihrer außenpolitischen Illusionen: Die Weltpolitik bricht über eine mental völlig unvorbereitete Bundesrepublik herein. Der renommierte Autor Stephan Bierling hat eine der wohl klügsten und umfassendsten Analysen unserer Misere geschrieben, die noch lange nicht vorbei ist. Der erste Wahlgang zur französischen Präsidentschaftswahl ist gestern über die Bühne gegangen, und das Ergebnis war so knapp wie zuletzt erwartet (oder auch befürchtet). Am Ende hat sich Amtsinhaber Macron auf Platz eins vor Marine Le Pen behaupten können. Was bedeutet das nun – für die Stichwahl in zwei Wochen, aber auch für Frankreich und für Europa? Kay Walter gibt Antworten. Angesichts der Ukrainekrise geraten wichtige innenpolitische Themen seit einiger Zeit aus dem Blickfeld. Zum Beispiel die Tatsache, dass spätestens Mitte dieses Jahrzehnts die sogenannte Boomer-Generation in Rente geht. Das wird 2025 voraussichtlich zu einem sprunghaften Anstieg der Rentenbeiträge führen. Kommt es jetzt nicht zu einer nachhaltigen Reform, drohen in wenigen Jahren sogar Beitragssätze von bis zu 25 Prozent. Mathias Brodkorb sagt: „Das ist erst der Anfang.“ Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |