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Wochenende Kurzstrecke
 
  Tagesspiegel Checkpoint vom Samstag, 29.08.2020 | Samstag heiter bis wolkig bei maximal 24°C, der Sonntag verregnet und grau bei bis zu 22°C.  
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Stefan Jacobs
von Stefan Jacobs
  Guten Morgen,

die Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts kam kurz vor drei Uhr heute früh: Die von mehreren Initiativen angemeldeten Demos an diesem Sonnabend dürfen stattfinden, die entsprechenden Eilbeschlüsse des Verwaltungsgerichts vom Tag zuvor würden „im Wesentlichen“ bestätigt. Damit sind Innensenator und Versammlungsbehörde rechtskräftig gescheitert. Die Veranstalter der Demo müssen nur ein paar Bühnen und Leinwände verschieben gegen infektiöses Gedränge, das bei der Blaupause vor vier Wochen bewusst zelebriert wurde.

Nun steht Berlin ein Wochenende bevor, von dem man ausnahmsweise wünschte, es wäre schon vorbei oder ließe sich noch stornieren. Wenn es gut läuft, versammeln sich einfach ein paar tausend Verschwörungsgläubige und Rechtsradikale friedlich im Tiergarten und bilden sich nach vollbrachter Demo wieder ein, sie wären Millionen gewesen wie vor vier Wochen. Aber wenn man sich eine Weile auf Telegram, dem bevorzugten Informationskanal von Neonazis und Kriminellen, herumtreibt, wagt man kaum noch zu glauben, dass es gut laufen wird: Der himmelschreiende Unfug, der dort behauptet wird, vermischt sich mit Hass und Panikmache zu einem giftigen Cocktail, von dem labile Gemüter nicht probieren sollten: Zufahrtsstraßen nach Berlin gesperrt! Panzer auf dem Weg in die Hauptstadt! Vermummte Antifa in Kleinbussen auf der Anfahrt! Letztes Aufbäumen der erbärmlichen BRD-Verwalter, denen genau jetzt die Macht entrissen werden muss, damit nicht am Montag die „Neue Weltordnung“ in Kraft tritt und die weitgehende Ausrottung der Menschheit durch die herrschenden Eliten beginnt. Das sind üblicherweise die Juden, zu denen je nach persönlicher Präferenz praktisch jeder zählt, der gerade ins Schema passt. Beim Auftakt mit etwa 1500 Personen (die sich ebenfalls nicht an die Abstandsregel hielten) am Freitagabend wurde Antisemitismus bereits auf T-Shirts offen zur Schau gestellt. Nicht von der Mehrheit, aber von zu vielen.
 
     
 
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  Dass der wütende Tofuteufel aus Charlottenburg sich online bereits zum Reichskanzler ausruft, wäre vielleicht zum Lachen, wenn er nicht 75.000 Follower hätte, die nun ihren Sieg über die angebliche Diktatur feiern, die ihnen in Gestalt von Innensenator und Polizeipräsidentin den Mund verbieten wollte. Dass der normale juristische Vorgang – Gerichte wägen ab und entscheiden; in diesem Fall zu Gunsten des Versammlungsrechts – von Coronaleugnern & Co. als Triumph gefeiert werden kann, ist maßgeblich Andreas Geisels Erklärung geschuldet, er wolle Berlin nicht als Bühne für Reichsbürger und Verschwörungsgläubige missbraucht sehen. So verständlich dieser Gedanke (der in der Verbotsverfügung richtigerweise gar nicht auftaucht) politisch ist, so fatal daneben war der Moment, ihn auszusprechen. Auch die AfD hat ihn bereits dankbar in ihre immerwährende Opferinszenierung aufgenommen: „Nie war es wichtiger, ein Zeichen zu setzen“, verkündete der Landeschef der Partei, bei der Coronaleugnung inzwischen zum Kernsortiment gehört.

Viele derer, die an diesem Wochenende am „Sturm auf Berlin“ teilnehmen, sind mit Fakten nicht mehr zu erreichen. Doch Geisels Worte dürften bei manchen zwar skeptischen, aber bisher nicht im Verschwörungsgeflecht gefangenen Bürgern eine Solidarisierung ausgelöst haben, die er nicht gewollt haben kann. War der Beifall der vernünftigen Mehrheit, der diese Versammlung ohnehin ein Graus ist, das wirklich wert?

Nun also können sich die Impfgegner, Reichsbürger und Rechtsradikalen so richtig als Märtyrer fühlen. 3000 Polizisten sollen dafür sorgen, dass inmitten der zur Schau gestellten Ignoranz und Endkampf-Rhetorik ein Minimum an Infektionsschutz gewährleistet wird und die Aggression unter Kontrolle bleibt. Man mag nicht tauschen mit den Beamten – und ihnen wünschen, dass sie alle dieses Wochenende unversehrt überstehen. Vielleicht haben wir danach ein paar neue Corona-Hotspots in Deutschland, auf die dann reagiert werden muss, sodass die Mitverursacher noch lauter als zuvor „Diktatur!“ schreien werden. Im Unterschied zur Diktatur wird die Demokratie sie nicht daran hindern. Aber sie sieht nicht gut aus dabei.
 
     
 
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