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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 27.10.2023 | Bedeckt bei Höchsttemperaturen um 11°C. | ||
+ Ein Problem des Erkennens? Antisemitismus an den Berliner Hochschulen + Schiedsgericht der CDU Berlin tagt unter Corona-Bedingungen + Polizei sucht Schauspieler und Sprecher für Radiospot über Enkeltrick + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, an Berliner Hochschulen gibt es ein Antisemitismus-Problem, genauer gesagt: ein Problem, Antisemitismus zu erkennen. Wir beginnen heute mit zwei exemplarischen Fällen. Nummer eins: An der Charité konnte die Leitung des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin bei der angekündigten Referentin eines Wahlpflichtfachs (vorgesehener Ort, ausgerechnet: der Rahel-Hirsch-Hörsaal) vor einigen Wochen keine antisemitischen Tendenzen feststellen – obwohl diese u.a. behauptet hatte, Israel erschieße gezielt am Strand spielende Kinder und vergifte das Grundwasser, beides sei zudem „not an isolated incident“. Dabei handelt es sich hier um klassische antisemitische Verschwörungstheorien zur Rechtfertigung für die Massenermordung von Juden. Das ist Schulstoff in der Mittelstufe. Doch damit nicht genug: Die jüdische Medizinstudentin, die darauf hingewiesen hatte, sagt dem Checkpoint, ihr sei ein „Frontalangriff“ auf das Institut vorgeworfen worden. Eine an der Überprüfung beteiligte Professorin habe ihr gesagt, sie werde inhaltlich keine Stellung dazu beziehen, „was wahr und was unwahr ist“. Die Referentin, die als Künstlerin und Pädagogin arbeitet, habe ihren Vortrag aber abgesagt, „da sie sich unter diesen Umständen nicht mehr sicher fühle, über ihre persönlichen Erfahrungen zu berichten“. Den Studierenden des Kurses sei mitgeteilt worden, dass der Vorwurf des Antisemitismus nicht zutreffe und das Leitungsteam des Wahlfachs die Absage der Referentin bedauere. Der Checkpoint hat den Antisemitismusbeauftragten des Senats, Samuel Salzborn, um eine Einschätzung des Falles gebeten – hier seine Antwort: „Die mir vorliegenden Informationen über die Social-Media-Aktivitäten der Person (…) zeigen eine erhebliche Ballung von antiisraelischen Ressentiments.“ Die Charité teilte dem Checkpoint dazu folgendes mit: „Wir haben die Vorwürfe der Studentin, die in dem Kurs eine Einzelmeinung vertritt und die ihren Protest im Seminar selbst im Vorfeld nicht kundgetan hat, ernstgenommen und geprüft. Mehrere Historiker:innen der Charité kamen zu dem Schluss, dass sich die Frau (gemeint ist die Referentin) im Internet kritisch mit der damals aktuellen Politik der israelischen Regierung auseinandersetzt, aber keine antisemitische Position einnimmt. Es ist nicht vorgesehen, die Künstlerin in weitere Seminare einzubinden. Die Charité steht an der Seite Israels und der Juden in Deutschland.“ Nummer zwei: An der Hochschule für Wirtschaft und Recht bot Vizepräsidentin Susanne Meyer allen Lehrenden per Mail (Betreff: „Auswirkungen des Nahost-Konflikts auf Ihre Lehrveranstaltungen“) Unterstützung im Umgang antisemitischen Stereotypen und Bedrohungen an. Die klare Botschaft: „An der HWR Berlin ist kein Platz für irgendeine Art von Antisemitismus oder Israel-Feindlichkeit. Solchen Äußerungen wird die HWR Berlin, wo immer sie sie zur Kenntnis nimmt, entschlossen entgegentreten.“ So weit, so gut, so anders als an der Charité. Wie bitter notwendig die Unterstützung ist, zeigte sich bereits eine halbe Stunde später, als ein Wissenschaftlicher Mitarbeiter den gesamten Verteiler an seiner Unwissenheit teilhaben ließ: „Ich habe Kenntnisse auf meinem Fachgebiet, aber bin auf dem Gebiet Antisemitismus und Israel-Feindlichkeit kein Experte und muss auch gestehen, dass ich nicht genau weiß, wo fängt Antisemitismus an und wo hört er auf (gibt ja einen ziemlich heftig geführten Streit in der dt. Debatte um die Definition von Antisemitismus)? Auch beim Thema Israel-Feindlichkeit könnte ich nicht genau sagen, wo fängt diese an und wo hört diese auf?“ Der Forschungsschwerpunkt des verunsicherten Sozialwissenschaftlers: Rassismusforschung. | |||
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„Eine Innenministerin ist immer im Dienst“, teilte das Innenministerium zu einem griesgrämigen „Bild“-Bericht über die auf Mallorca urlaubende Innenministerin mit. Und was ist mit Bausenatoren? Für eine Recherche über Geisterhäuser hatten wir am 19.10. um ein Statement von Christian Gaebler gebeten. Antwort der Pressestelle am folgenden Tag: „Mit dem Senatoren-O-Ton wird es leider nichts, weil Senator Gaebler im Urlaub ist.“ Gut so! Niemand hat etwas von dauererschöpften Bausenatoren, die auch während des Erholungsurlaubs im Dienst sind. Nachfrage am 20.10.: Die ganze darauffolgenden Woche? Antwort: „Er ist die ganze Woche weg. Tut mir leid.“ Nachfrage am 25.10.: Wann könnte es denn vielleicht etwas werden mit einem Statement? Antwort: „Wir können Ihnen bis zum 31.10.2023 leider weder eine sprachliche noch eine für den Senator zitierfähige Beantwortung zur Verfügung stellen.“ Okay, und wann ist er denn nun wieder zurück? „Da Senator Gaebler erst am 6.11. wieder im Dienst ist…“ Der Checkpoint hat sich deshalb auf den Weg nach Mallorca gemacht, in der Hoffnung, neben Nancy Faeser in Camp de Mar vielleicht auch Christian Gaebler am Ballermann zu treffen – leider vergeblich: Faeser war schon zurück, und Gaebler blieb verschwunden. Immerhin können wir aber so den Checkpoint-Diensturlaub nutzen, um Ihnen mit diesem Newsletter fröhliche 25 Grad und Sonnenschein aus Porto Cristo ins Postfach zu schicken. Bitte keinen Neid oder Häme! | |||
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Was macht eigentlich der Regierende Bürgermeister an diesem Freitag mitten in den Ferien? Na, schauen wir mal… hier: Um 10 Uhr empfängt er Claudia Roth im Roten Rathaus, um 11.30 steht ein Rundgang mit Kultursenator Joe Chialo durch die frühere Stasi-Zentrale in der Ruschestraße auf dem Programm, um 18 Uhr besucht er den Verein „ISIGYM Boxsport Berlin“ in der Schöneberger Sporthalle am Sachsendamm, und um 20 Uhr ist er zurück im Roten Rathaus für ein Grußwort zur Eröffnung der Preisverleihung des Prix Europa („englisch“, vermerkt das Protokoll). Und was machen Sie so? | |||
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In der beliebten Politik-Soap „Verstritten in Berlin“ (Hauptdarsteller: der CDU-Nachwuchs) endete gestern auch die 4. Staffel mit einem Cliffhanger: Das Parteischiedsgericht konnte diesmal zwar tagen, kam aber wieder nicht zu einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der digital durchgeführten Wahl des Vorstands. Stattdessen legte sie den beiden Lagern (auf der einen Seite der Abgeordnete Lucas Schaal, auf der anderen der amtierende Berliner JU-Vorsitzende Harald „Hantel-Harry“ Burkart) eine einvernehmliche Klärung nahe. Die Verhandlung fand unter kuriosen Umständen statt: Wegen auffallend vieler Corona-Erkrankungen nach dem Deutschland-Tag der Jungen Union, von denen auch verfahrensbeteiligte Vorstandsmitglieder betroffen waren, hatte das Burkart-Lager vergeblich versucht, die Sitzung platzen zu lassen – im Antragstext war von einem „epidemischem Ausbruch“ die Rede. Das Gericht lehnte ab und teilte stattdessen mit: „Masken und Desinfektionsmittel stehen bereit.“ Das Schaal-Lager und das Gericht selbst machten davon regen Gebrauch. | |||
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