Ärger bei Fluthilfe | Kompromisse | Monströse Lüge
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Moritz Döbler

19. Oktober 2021

Liebe Frau Do,

noch in dieser Woche sollen die Koalitionsverhandlungen starten und rund sechs Wochen später abgeschlossen sein. Von einem neuen Denken, das die Ampel auszeichnen solle, redet selbst die FDP. Nach all den Groko-Jahren zeigt sich eine Sehnsucht nach Sinngebung im politischen Berlin. Ordentlich zu regieren, reicht nicht mehr.

Heute wichtig:

Impfung: Die Ständige Impfkommission hat ihre Richtlinien für  Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus aktualisiert. So wird nun zum Beispiel auch Patienten eine Auffrischung empfohlen, die im Sommer mit dem Vakzin von Johnson&Johnson immunisiert worden sind. Was es rund um die Auffrischung zu beachten gibt, hat Antje Höning zusammengetragen.

Fluthilfe: Bei den Hilfen für Flutopfer droht neuer Ärger. Das Land gewährt zum Beispiel besonders stark betroffenen Single-Haushalten bis zu 13.000 Euro. Weil viele der Betroffenen davon ausgingen, dass der Anspruch pauschal sei, reichten sie ihren Antrag ohne weitere Unterlagen und Belege ein. So war es aber nicht gedacht. Wie es jetzt weitergeht, berichtet Maximilian Plück.

„Squid Game“: Die südkoreanische Netflix-Serie ist sensationell erfolgreich, aber stellenweise auch sehr brutal. In Belgien sollen Schüler jetzt Szenen aus der Serie nachgespielt haben. Marei Vittinghoff hat mit einem Schulpsychologen über die Serie und ihre Auswirkungen gesprochen. Eine seiner zentralen Aussagen: „Beim Nachspielen müssen Schulen klare Grenzen setzen“.      

Noch mehr aktuelle Nachrichten gibt es zum Hören – von Montag bis Samstag jeden Morgen ab 5 Uhr in unserem „Aufwacher“-Podcast.

Meinung am Morgen:

Koalitionsverhandlungen: Eingangs war schon die Rede vom neuen Denken, das die Ampel für sich reklamiert. Sozial, ökologisch, liberal: Das soll nun alles nahtlos zusammenpassen. Die Kunst des Kompromisses, die Dorothee Krings in ihrer Analyse preist, wird eine große Rolle spielen.

Staatsspitze: Der neue Bundestag braucht einen neuen Bundestagspräsidenten, die nächste Bundesregierung führt ein neuer Bundeskanzler, und für den Bundespräsidenten steht in knapp vier Monaten eine Wahl an. Die komplette Staatsspitze sortiert sich neu. Aber das können doch nicht alles Männer sein, meint Kerstin Münstermann in der Kolumne „Berliner Republik“.  

China: In ihrem Leitartikel wirft Antje Höning westlichen Konzernen eine China-Trunkenheit vor, die dank der schlechteren Wirtschaftsdaten mit einem Kater enden könne. Nun sei die alte Regel zu beherzigen, dass man nie alle Eier in einen Korb legen solle.

So gesehen:

Colin Powell ist tot: gestorben an den Folgen einer Corona-Infektion, wie seine Familie mitteilte. Ich erinnere mich gut an seine Zeit als US-Außenminister. Bei seinem fatalen Auftritt vor den Vereinten Nationen vor knapp 19 Jahren war ich als Journalist in der Delegation seines deutschen Amtskollegen Joschka Fischer vor Ort dabei. Später stellte sich heraus: Die Massenvernichtungswaffen, über die er redete und die er in Schaubildern zeigte, waren frei erfunden. Die monströse Lüge diente dem Ziel, Saddam Hussein zu stürzen. Ich habe das damals zunächst nicht für möglich gehalten, sicher auch, weil mich die Biografie Powells beeindruckte. Unser Washington-Korrespondent Richard Gutjahr nimmt in einem Nachruf Abschied. Powell hat diese Rede später tief bedauert; mir hat sie (noch mehr) Skepsis gelehrt. Einen Start in den Tag ohne jede Skepsis wünsche ich Ihnen gleichwohl, weil das einfach mehr Spaß macht.

Herzlich,

Ihr

Moritz Döbler

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