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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 23.04.2021 | Freundlich bewölkte 12°C. | ||
+ Freigabe von Astrazeneca in Berlin überfordert Hausärzte + Giffey und Jarasch eröffnen den Wahlkampf + Schauspielstars verhöhnen Corona-Maßnahmen in missglückten Videos + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, was bringt uns heute weiter, macht uns morgens heiter, regt uns an und nicht bloß auf? Kunst kann das, auch wenn sie in der Pandemie die Pausetaste gedrückt hält. Berlin braucht die Kultur und ihre Menschen, die uns inspirieren, während sie selbst ums Überleben kämpfen müssen. Deshalb erscheint der Tagesspiegel heute mit einer kunstvoll eingepackten Sonderausgabe zur Kunst. Wir zeigen darin exklusive Werke von Yayoi Kusama; die 92-jährige Aktionskünstlerin aus Japan gilt als weltweite Pionierin der Gegenwartskunst. In der Ausgabe stellt die Redaktion besondere Werke der humorvollen Feministin, genialen Selbstvermarkterin und weltumspannenden Performerin aus und erzählt Geschichten vom Wagnis Kultur in der Pandemie (mein Essay dazu hier). Heute gibt’s das kleine Kunstwerk am Kiosk (Infos hier) oder im E-Paper. Wir wollen zeigen, was wir mit Schmerzen vermissen und auf was wir uns von Herzen freuen: auf Kunst und Kultur mitten in Berlin. Damit es morgen wieder heiter werden kann. | |||
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Astra für alle! Wie das Bier soll auch der Impfstoff in Berlin nicht schal werden; nun darf er von den Hausärztinnen und Hausärzten verimpft werden (Infos hier). „Unsere hocheffektiven Impfstoffe werden die Pandemie in diesem Ausmaß definitiv beenden“, sagte Impfstoff-Forscher Erik Sander von der Charité gestern beim Tagesspiegel-Talk (nachzusehen hier). Allerdings sind in der Praxis die Praxen schon jetzt völlig überrannt von Impfwilligen. Und alle anderen Wehwehchen wollen ja auch verarztet werden. 37 Abstriche, 58 weggedrückte Telefonnachrichten, 124 Patienten und bis zu 31 Spritzen am Tag bringen Ulrike Leimer-Lipke und ihr Team in ihrer Praxis in Lübars hinter sich. „Teilweise rufen die Leute nachts noch an“, erzählt die Allgemeinmedizinerin, die mit 59 Jahren plötzlich eine Schwerpunktstelle im Kampf gegen Corona leitet. Sie zeigt damit, was unser Gesundheitssystem außer Impfstoff noch so alles braucht, um selbst zu gesunden: mehr Menschen. | |||
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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey gibt sich als mögliche Mutter Courage einer neuen Berliner Koalition offenbar schnell lernfähig. Nach ihrem Frontalangriff auf die R2G-WG via „Morgenpost“-Interview (Einordnung dazu hier) übte sie sich am Donnerstagabend fast in rot-rot-grüner Demut. „In der Demokratie muss man den Kompromiss auch als was Gutes würdigen“, sagte sie bei einer Online-Debatte der Berliner Spitzenpolitik im Wissenschaftszentrum Berlin (nachzusehen hier). Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, bisher im Vorwahlkampf kompromisslos unauffällig, warb dafür, „sich gegenseitig was gönnen zu können“. Doch bevor sich die beiden Bürgermeisterin-Anwärterinnen fröhlich in die Arme fielen, fielen sie sich doch lieber ins Wort. Das Rededuell bei den Themen Wohnungs- und U-Bahn-Bau sowie Tempelhof-Randbebau gipfelte schließlich im richtigstellenden Zuruf Giffeys an Jarasch: „Ich habe Sie nicht als irre bezeichnet!“ So blieb es CDU-Spitzenmann Kai Wegner vorbehalten, die wärmsten Worte des Abends zu sprechen: „Das ganze Leben ist ein Kompromiss. Das fängt morgens beim Aufstehen an und der Frage: Wer geht als erstes ins Bad?“ Klingt nach einer Bewerbung für den Küchendienst. | |||
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In Malle werden die Doofen nicht alle. Mit dieser Abwandlung eines DDR-Schimpfspruchs (bezogen auf eine Stadt nordöstlich von Malle) tröstet sich wohl mancher über die Pauschalreisenden hinweg, die mitten in der Pandemie durch die Welt jetten, während man selbst seit Monaten nicht mal den eigenen Kiez verlassen hat. Andere wiederum haben aus Sorge um die Gesundheit ihre Reisen im vergangenen Sommer abgesagt, warten aber noch heute auf ihre Rückerstattung. Ein Checkpoint-Leser (seine Buchungsnummer ist der Redaktion bekannt) versucht sein Geld – bisher vergeblich – beim Anbieter „For You Travel“ zurückzubekommen: „Wir haben alles probiert, die melden sich nicht. Es geht niemand ans Telefon und auf E-Mails wird nicht reagiert.“ Ein Erlebnis, das sich mit vielen vernichtenden Online-Bewertungen für den Anbieter deckt. Der antwortet auf Nachfrage: „Uns ist ein solcher Fall nicht bekannt. Wenn Sie uns hierzu weitere Informationen zukommen lassen, prüfen wir dies gerne.“ Da hätte man aber vermutlich eine Menge zu tun. Anwältin Nicole Mutschke von der Düsseldorfer Kanzlei Mutschke sieht jedenfalls keinen Einzelfall. Sie berichtet dem Checkpoint: „Wir bearbeiten gerade 350 bis 400 Fälle, und es ist im Grunde immer die gleiche Problematik: Die Reisen wurden coronabedingt abgesagt, innerhalb von 14 Tagen muss eine Rückerstattung erfolgen. Bei ‚For You Travel‘ passierte das aber in keinem dieser Fälle. Dann ist es so, dass wir ‚For You Travel‘ kontaktieren, und es passiert immer noch nix. Und dann sind wir im Klageverfahren.“ Dieses gehe dann stets für die Nicht-Reisenden aus, allerdings erst nach Monaten. Das kann einen schon mal statt unter auf eine Palme bringen. | |||
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Unter den Teppich gekehrt wird zum Glück nicht der Prozess gegen eine mutmaßliche Bande von Teppichbetrügern. Vier Männern wird heute wegen Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges im Amtsgericht Mitte der Prozess gemacht. Laut Polizei und Generalstaatsanwaltschaft sollen sie „unter Nutzung eines komplexen Firmenkonstrukts von Teppichreinigungsfirmen im Rahmen von Hausbesuchen bei vornehmlich älteren Menschen“ diese zur Herausgabe wertvoller Teppiche überredet haben, welche sie später überteuert zum Rückkauf anboten. „In anderen Fällen sollen die Kundinnen und Kunden unter Vorlage gefälschter Wertgutachten zum Kauf neuer Teppiche überredet worden sein, die noch in der Wohnung in bar oder mit Schmuck bezahlt werden sollten.“ Auch Eva Schulze ist nach mehr als 90 Lebensjahren auf diese miese Betrugsmasche hereingefallen, vertraute sich dann aber ihrem Nachbarn an. Der begleitet sie nun als Beistand vor Gericht: SPD-Fraktionschef Raed Saleh. So klein ist Berlin. Und manchmal so fein. | |||
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Und dann wie jeden neuen Tag die Frage: Was macht das hier alles mit uns? Das Einschränkende; das Unnormale, das schleichend normal wird; das fehlende Sich-Sehen-Treffen-Umarmen? Klar, es macht uns ärmer. Aber es sollte uns nicht bitter machen, auch nicht bitter ironisch. 53 sehr bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler scheinen genau dieser Bitterkeit anheimgefallen zu sein – oder sie wollen die Gesellschaft im Ausnahmezustand unerbittlich karikieren und werden nun dafür vom Querdenker-Milieu gefeiert, was bitter genug wäre. In kurzen Videos verhöhnen sie unter dem Hashtag #allesdichtmachen die aktuellen Corona-Maßnahmen – kurzzeitig am Donnerstagabend abrufbar auf einer Internetseite, die nach ihrem Aufploppen dann kurz vor Mitternacht nicht mehr erreichbar war. Mal nachsehen, was da zu sehen war: „Dank Corona habe ich gelernt, zu schweigen“, sagt Nadja Uhl. „Ich will wieder mehr Angst haben“, sagt Volker Bruch. „Und so fordere ich unsere erhabene Regierung auf, endlich fair und konsequent zu beenden, was bislang total vermasselt wurde: Schließen Sie ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz“, sagt Ulrich Tukur. „Wie es früher war, darüber machen wir dann Filme. Die gucken wir dann. Zu Hause. Mit Maske. Alleine. Das wird toll“, sagt Meret Becker. Hoffentlich sind diese 53 kleinen Filme, in denen übrigens die Corona-Opfer nicht vorkommen, dann nicht dabei. | |||
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