Deutschland steckt fest, und zwar zwischen der täglichen Bekanntgabe neuer Corona-Zahlen, sich wiederholender Pandemie-Interviews und andauerndem Lockdown. Heute Morgen kam im Deutschlandfunk alles auf einmal, als eine sicherlich hochkompetente Virologin zur aktuellen Lage befragt wurde und sie angesichts der Inzidenzwerte eine möglichst lange Schließung von möglichst allem auf möglichst dem gesamten europäischen Kontinent empfahl. Die Bewegungslosigkeit ist das Ideal der Stunde, und diese Stunde dehnt sich zu Tagen, Wochen, Monaten. Die selbstauferlegte Starre steht dabei in erstaunlichem Widerspruch zur Aufbruchsstimmung, die sich allerorten zeigt: Die CDU wählt im nächsten Monat (trotz Corona) einen neuen Vorsitzenden, im Herbst endet nach 16 Jahren die Ära Merkel, die Vereinigten Staaten bekommen einen neuen Präsidenten. Alles scheint in Bewegung, aber seine eigene Wohnung soll man am besten nicht verlassen. Ein Blick auf die Neuerscheinungen der Verlage bestätigt den offensichtlichen Drang, Altes hinter sich zu lassen. Das unlängst erschienene Buch von Friedrich Merz trägt den Titel „Neue Zeit, neue Verantwortung“. Sahra Wagenknecht bringt im März „Mein Gegenprogramm – für Gemeinsinn und Zusammenhalt“ heraus. Cicero-Autor Daniel Stelter präsentiert im Februar mit „Ein Traum von einem Land“ seinen „Plan für ein prosperierendes Deutschland“. Alles soll anders werden, und zwar möglichst besser. Derweil bereiten die Politiker das Volk schon jetzt auf eine Verlängerung der Lockdown-Maßnahmen über den 11. Januar hinaus vor. Und bitten um Verständnis dafür, dass sich die Impfkampagne mindestens bis in die zweite Hälfte des nächsten Jahres hinziehen wird. Seltsame Zeiten. Ihr Alexander Maguier, Chefredakteur |