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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 07.04.2021 | Sonnig und bewölkt bei windigen 8°C. | ||
+ Berliner Singles sind jetzt richtig allein + Verwaltungen unterlaufen Test-Verordnung + „Lindner“ bedient auch Kunden ohne Maske + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, seit gestern Abend um 21 Uhr sind Singles in der Singlehauptstadt Berlin die einsamsten Menschen der Welt (wenn sie sich an die Corona-Verordnung halten) – nach einem einsamen Tag im Homeoffice dürfen sie von jetzt an jeweils bis 5 Uhr früh zuhause niemanden empfangen und auch niemand anderen besuchen, selbst wenn sie einander maskiert und mit Abstand bei offenen Fenstern begegnen. Jeder Haushalt muss ab sofort nachts für sich bleiben, ausgenommen sind nur „Ehe- oder Lebenspartner*innen“ – aber genau die haben Singles nicht, sonst wären sie ja keine. Erlaubt bleibt ein Nachtspaziergang draußen zu zweit „aus triftigem Grund“ – der aber (siehe oben) ab sofort gegeben ist. | |||
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Aber gilt die neue Verordnung überhaupt? Im Gesetz- und Verordnungsblatt war sie bis heute früh nicht veröffentlicht. Nächtliche Nachfrage bei Christian Gaebler, dem Chef der Senatskanzlei – seine Antwort: Es reicht „in dringenden Fällen“ die Verkündung Online auf der Senatswebsite – wenn es in der Verordnung selbst nicht anders geregelt ist (nochmal nachgeschaut: ist es nicht). | |||
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Wäre nicht alles so ernst, hätten wir gestern den „Welt-Popcorn-Tag“ feiern können. Die widersprüchlich erscheinenden Meldungen „Berlin schließt wegen Lieferengpass vorübergehend zwei Impfzentren“ und „Nicht verabreichte Impf-Dosen stapeln sich in Rekordzahl“ wären dafür aber kein Anlass gewesen – für beides gab es nachvollziehbare Gründe (ja, „Ostern“, man glaubt es kaum) und es gilt das Wort von Michael Müller: „Anfangsschwierigkeiten.“ Nur dauert dieser Anfang schon ziemlich lange, und ein Zauber wohnt ihm leider auch nicht inne, wie folgende Meldungen zeigen: | |||
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Alle Berliner Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten mindestens zweimal pro Woche einen kostenlosen Schnelltest anbieten – ok, aber wie sieht’s in den Behörden aus? Hier zwei Checkpoint-Stichproben: Das Innenministerium (Teil des Krisenstabs) teilt mit: „Die in Präsenz tätigen Beschäftigten der Bundesverwaltung erhalten von ihren jeweiligen Dienstherren das Angebot mindestens eines und bei entsprechender Verfügbarkeit von zwei kostenfreien Schnelltests oder Selbsttests pro Woche. Die dazu notwendigen Beschaffungsvorhaben haben begonnen, teilweise werden auch schon Tests angeboten.“ Hm, beim Bund nehmen Sie den Senat also offenbar nicht so ganz ernst: ein Test statt zwei, mehr nur bei „Verfügbarkeit“ (wer ist hier eigentlich zuständig? Mal den Krisenstab fragen…), und als Höhepunkt: „Vorhaben haben begonnen“ – beginnen die da, etwas vorzuhaben, oder haben die vor, was zu beginnen? Jedenfalls läuft’s nicht vorschriftsmäßig. Und wie sieht’s in der Berliner Verwaltung aus? Na, da fragen wir doch mal jemanden vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten: Das LaBO teilte seinen Leuten mit,dass „die Verpflichtung zur Beschaffung der Selbsttests nur gilt, wenn ausreichend Tests zur Verfügung stehen und deren Beschaffung zumutbar ist“. Eigentlich unzumutbar, oder? Aber dafür werden hier ja auch die Homeoffice-Vorschrift sowie das Masken- und Abstandsgebot ignoriert (entsprechende Berichte liegen dem Checkpoint vor). Und hier noch ein Kurzbericht aus der Zulassungsstelle, notiert von Philipp S. Holstein (Arzt und Berater): „Vier Mitarbeiter ohne Maske hinter auf Lücke gestellten Plexiglasscheiben. Kunden sitzen im Abstand von maximal 50 cm nebeneinander. Kein Fenster offen. Laden voll.“ | |||
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Seit sich die Gruppe „Ü60“ selbstständig unter der Nummer 90282200 um einen Astra-Impftermin kümmern kann/darf/soll/muss, steigt bei den Anrufern der Blutdruck – im Kleingedruckten fehlt der Hinweis „Stundenlanger Genuss der landeseigenen Warteschleifenmusik gefährdet Ihre Gesundheit“. Wir haben die Senatsverwaltung gefragt, wie viele Menschen die Anrufe entgegennehmen – die Antwort: „Derzeit sind über 700 Mitarbeitende an der Impfhotline beschäftigt.“ | |||
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Einen besonderen Service bietet die „Bio 7.0 Apotheke“ am Ku'damm – sie testet offenbar per Gedankenübertragung: Eine Kundin bekam jedenfalls eine Negativ-Bestätigung zugemailt („Ihr Sars-Cov-2 Schnelltest-Ergebnis ist da!“), obwohl sie ihren Termin wegen der langen Wartezeit gar nicht wahrgenommen hatte. Das Ergebnis habe „eine Genauigkeit von 98,41%“, teilte die Apotheke noch mit – und das ist für einen Test, der gar nicht stattgefunden hat, wahrhaftig ein rekordverdächtiger Wert. | |||
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„Wir haben eine Welt geschaffen, in der hoher Anspruch an Qualität, Geschmack und Kreativität sich mit allen Sinnen wahrnehmen lässt“, wirbt die Berliner Feinkost-Kette „Lindner“ (37 Filialen in Berlin, 8 in Hamburg, 1 in Potsdam) – und das gerne auch mal ohne Maske, jedenfalls im Geschäft am Bayerischen Platz. Hier werden Verweigerer ebenso bedient wie Verordnungstreue, obwohl sich empörte Kunden darüber beklagen. Dabei ist die Sache nach § 4 (2) 4 InfSchMV doch ganz klar geregelt: „Eine FFP-2-Maske ist in geschlossenen Räumen zu tragen von Kundinnen und Kunden in Einzelhandelsgeschäften aller Art.“ Na, dann schauen wir doch mal, was der „Lindner“-Kundenservice dazu schreibt – bitte sehr: „Vielen Dank für Ihre E-Mail. Wir freuen uns, dass wir Sie zu unseren Kunden zählen dürfen. Die Sicherheit unserer Kunden liegt uns sehr am Herzen und hat den höchsten Stellenwert für uns. Wenn Kunden ohne Maske den Laden betreten, müssen wir davon ausgehen, dass sie ein ordnungsgemäßes Befreiungsattest haben, da wir zur Kontrolle aus Gründen des Datenschutzes nicht berechtigt sind. Wir halten uns hier ganz klar an die Vorgaben der Gesetzgebung, und da wir Lebensmittel anbieten, dürfen wir eine Bedienung nicht untersagen. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben uns zu schreiben und herzliche Grüße.“ Und das geben wir jetzt mal weiter an die mitlesenden Datenschutzprofis und JuristInnen: „Muss“ Lindner davon ausgehen, dass ein Befreiungsattest vorliegt? „Darf“ Lindner eine Bedienung nicht untersagen? Hält sich Lindner „ganz klar an die Vorgaben“? Morgen mehr dazu aus der Checkpoint-Feinkostabteilung. | |||
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Was sind Ihre Ideen für's Tempelhofer Feld, hatten wir Sie hier gestern gefragt – und Sie haben (u.a.) geantwortet: „Bitte bebauen mit ‚Hinguckern‘ – aus dem Herzen eines Urberliners gesprochen.“ (Dirk Ross) „Die Stadt sollte diesen Entwicklungsraum paritätisch nutzen: Wohnen, Leben, Freizeitgestaltung.“ (G. Heyn) „Ich schlage einen offenen Ideenwettbewerb vor, der nicht begrenzt ist auf Architekten und Bauträger.“ (Erwin Jonitz) „Für das Tempelhofer Feld schlage ich eine große Fotovoltaik-Freiflächenanlage vor, mit Ladestationen für E-Autos drumherum.“ (Stefan Krostitz) „In die Mitte des Feldes einen Volkspalast bauen. Berlin braucht ein nicht kommerzielles Zentrum für Begegnungen, besonders für Eltern mit Kindern.“ (Gerd Conradt) „Im Rahmen einer großen Bundesgartenschau sollte das Gelände zu einer Parklandschaft gestaltet werden. Eine Randbebauung ist zwingend auszuschließen, weil das zu starken Windböen führt.“ (Gregor Mlodzik) „Mit einer Aufstockung der Flughafengebäude würde keine zusätzliche Fläche verbraucht und versiegelt.“ (Birgit Heller) „Ich bin ein großer Fan des Projektes ‚The Berg‘ mit 5000-Meter-Schneekuppe, Bergbahnen, Gemsen (wichtig!) und in der Stadt verteilten Hochhäusern, die zusammen mit dem Berg aus der Luft betrachtet eine gigantische Sonnenuhr bilden (hier zu sehen). Was Wohnbebauung angeht: Solange es in der Innenstadt riesige versiegelte Parkplätze gibt, braucht mir niemand zu erzählen, dass die Grün- und Freifläche bebaut werden muss. (Roland Hauschulz) Unter den Maileinsendungen hatten die Fans des freien, unbebauten Feldes eine 70-%-Mehrheit, bei der letzten Civey-Umfrage war es genau anders herum (CP v. 1.4.). Also fragen wir doch nochmal – was meinen Sie, die Leserinnen und Leser des Checkpoints: | |||
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