Editorial
Guten Tag Herr Do, das "Wildern in den Revieren der Autoversicherer" ist eine Kritik, die schon in den 1990er Jahren vorgetragen wurde von der damals unter "Mummert-Consulting" firmierenden Unternehmensberatung. Gemeint waren der Einstieg von groen Automobilherstellern in das Versicherungs-, aber auch in das Bankengeschft. Wortfhrer schon damals: Klaus-Jrgen Heitmann, der ab 1996 bei Mummert an verschiedenen Projekten fr die HUK-COBURG arbeitete. Zu Jahresbeginn 2003 holte ihn der seinerzeitige HUK-Vorstandschef Rolf-Peter Hoenen (war spter auch GDV-Prsident) nach Coburg und machte Heitmann mit 34 Jahren zum Generalbevollmchtigten fr die Kraftfahrtversicherung mit den Bereichen Betrieb, Schaden, Tarifwesen und Statistik. Eineinhalb Jahre spter rckte Heitmann in den Vorstand ein. Lngst ist er in Coburg der betriebswirtschaftlich wichtigste Mann im Haus: Er verantwortet das Autogeschft, die Hauptschlagader des heute grten deutschen Autoversicherers mit 10,7 Millionen versicherten Fahrzeugen. In dieser Sparte darf nichts schief gehen, sonst hat der rein in Deutschland agierende Versicherer nicht nur eine Grippe, sondern luft Gefahr, gar ins Koma zu fallen! Heitmann hat aus seiner Sicht zweifelsohne nicht den schlechtesten Job gemacht: Alleine ab Ende 2004 bis Ende 2015 hat er die Zahl der in Coburg unter Vertrag stehenden Kfz von seinerzeit 7,2 Millionen um nicht weniger als 3,5 Millionen weiter nach oben geschraubt - und den Erzrivalen Allianz (vor zwlf Jahren bei 8,8 Mio., heute bei 8,3 Mio. Kfz) deutlich auf den zweiten Platz verdrngt. Und was Viele heute nicht mehr erinnerlich haben: Die scharfe Kritik Heitmann's als HUK-COBURG-Vorstand an den Herstellern und Importeuren (brigens auch an Autoclubs wie dem ADAC) ist brigens ebenfalls nicht neu: Vor genau zehn Jahren bereits hat er die Genannten unmissverstndlich zu den Antagonisten der klassischen Versicherer erklrt. Zu denen also, die sich angemat hatten, ihren NW- und GW-Kunden selbst Kraftfahrtpolicen anzubieten - oder auch, das Kfz-Finanzierungsgeschft angestammter Kreditinstitute und Bankhuser ber eigene Autobanken nicht nur zu untergraben, sondern bedeutungslos gemacht zu haben. Und wieder fiel unberhrbar der Begriff der "Wilderei in fremden Revieren". Dass die HUK-COBURG jetzt den "Spie umdrehe", hat Pressesprecher Holger Brendel heute genau so auch besttigt. Wie in vielen anderen Bereichen und Branchen, habe auch in der Versicherungswirtschaft der Wettbewerbsdruck eine neue Dimension erreicht - einerseits durch die Captiveversicherer und Autobanken der Hersteller, andererseits durch den FAS-bedingten Rckgang von Unfallschden, der im Zeitalter des Autonomen Fahrens und des eCall, bei dem die Autoindustrie einen klaren Informations- und Lenkungsvorsprung besitzen wird, sogar das komplette Geschftsmodell klassischer Kraftfahrtversicherer in Frage stellen knnte. Erkannt hat die HUK-COBURG natrlich auch den Trend, bei dem junge Menschen vermehrt in Stdten auf ein eigenes Auto verzichten und stattdessen auf die Nutzung unterschiedlichster Sharing-Konzepte setzen. Die "Allmacht" von CHECK24, die inzwischen mehr Anfragen erhalten als die fnf grten Versicherer zusammen, ist ebenfalls ein Thema, das vor allem Klaus-Jrgen Heitmann so gar nicht passt. Das gemeinsam mit der WGV und HDI ab 2011 unterhaltene und ab 2014 alleine fortgefhrte Transparo-Modell hat die HUK nur kurze Zeit spter an das Vergleichsportal Verivox verkauft. Die Lsung mit Verivox versprach allerdings auch nicht das zu halten, was man sich in Coburg davon versprach. Also blieb es bei der Ursprungsstrategie: Mglichst gnstige Eigenkosten, um im Markt die gnstigsten Prmien offerieren und das Geschft ber eigene Gre und Werbeprsenz am Laufen halten zu knnen! Heute geht es der oberfrnkischen Versicherungsgruppe in der Kraftfahrt vordringlichst um "Kundenbindung". Der HUK-Autoservice war der erste aktive Gegenvorsto, die HUK-Autowelt mit dem Einstieg auch in den Gebrauchtwagenhandel ist jetzt der nchste. Den "Spie umdrehen" knnte man also getrost auch dergestalt deuten, dass die HUK-COBURG jetzt sukzessive mit dem "Wildern im Revier" der Automobilwirtschaft beginnt. Ich knnte mir gut vorstellen, dass Klaus-Jrgen Heitmann sptestens bei der nchsten Bilanzpressekonferenz das mit den Worten erklren wird, wonach man jetzt "quitt mit den Herstellern" sei. Holger Brendel zumindest bezeichnete es sichtbar gelassen und unaufgeregt heute mit den Worten: "Das ist freier Wettbewerb, dem wir uns stellen mssen und auch stellen. Uns hat schlielich in der Vergangenheit auch niemand gefragt, ob es uns passt, dass man in unsere Kernbereiche einbricht." Auch wenn heute seitens des ZDK bei meinen Kollegen in der AUTOHAUS online Redaktion (noch) keine Reaktion auf entsprechende Nachfrage kam, wird diese sicherlich nicht ausbleiben. Am Ende aber wird zhlen, ob es preisliche Verschiebungen im Markt gibt, die Markenhndler und Werksttten Schmerzen bereiten. Solange aber keine offensichtlichen Wettbewerbsverzerrungen beklagt werden knnen, ist das letztlich freier Markt und freier Wettbewerb im Sinne einer modernen Demokratie und Volkswirtschaft. Und wollen wir dabei nicht vergessen, dass seit Aufkommen des Internets viele Berufe und Berufsgruppen bzw. Ttigkeitsfelder gnzlich obsolet geworden sind. Digitalisierung und Automatisierung werden in den kommenden fnf bis zehn Jahren noch Vieles deutlich radikaler verndern, als man das aus den vergangenen fnf bis zehn Jahren kennt. Dass heute im Grunde jedes Unternehmen ber seine eigene Zukunft und Existenz nachdenkt und auch vor unpopulren Entscheidungen nicht mehr zurckschreckt, ist vllig normal und im Sinne der Beschftigten sogar unabdingbar. In den AUTOHAUS-Schadenforen der vergangenen beiden Jahre haben uns Entscheider und Top-Experten der Berufsverbnde, Versicherungswirtschaft, Kanzleien wie Osborne Clarke und Voigt sowie PricewaterhouseCoopers deutlich aufgezeigt, wie dramatisch sich die Situation fr die deutschen Kraftfahrtversicherer u.a. wegen des komplett vernetzten Kfz und der Datenmacht der Fahrzeughersteller bis 2030 verndern wird und sogar zu deren Geschftsaufgabe fhren kann. Dass sich in diesem Zukunftsszenario insbesondere die marktfhrenden Versicherer nicht freiwillig in ihr Schicksal ergeben wollen, ist von daher letztlich also nur verstndlich. Bleiben Sie also in Ihrem eigenen Betrieb erst einmal gelassen und berlegen Sie, wo Ihre betrieblichen Alternativen und neuen Chancen liegen knnten. Der Markt hat sich immer verndert, heute sind nur die Dimensionen grer geworden und Entscheidungen schneller zu treffen. Ihr
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