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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 08.01.2024 | Wolkenlos bei höchstens -4°C. | ||
+ Bauern blockieren die Stadt – Lokführer streiken ab Mittwoch + Ex-CDU-Bundesgeschäftsführer hält Wegners Rücktritt für „das Beste für Berlin“ + Berlins Generalstaatsanwältin will bei Ermittlungsverfahren auf KI setzen + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, ist Ihnen etwa kalt? Na, dann sind Sie sicher froh, dass Sie nicht in Oslo leben (da gibt’s ja auch keinen Checkpoint) – dort wurde gerade mit minus 31,1 Grad Celsius ein neuer Kälterekord gemessen. Weiter Richtung Nordosten flüchten, ist auch keine Option – in Schweden wurde ebenfalls ein Kälterekord gemeldet: minus 43,6 Grad. | |||
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Ein weiterer Grund, heute trotz der im Skandinavien-Vergleich überaus gemäßigten Höchsttemperatur (minus 4 Grad) im Bett zu bleiben, ist der Bauernaufstand: Falls Sie nicht selbst einen Trecker zur Verfügung haben, sollten Sie heute Autobahn- und Landstraßenzufahrten nach Berlin ebenso meiden wie Knotenpunkte, große Kreuzungen sowie die Innenstadt, also am besten: alles. | |||
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Und wenn Sie den Dienstag mit anderen Ausreden überstehen, können Sie von Mittwoch an den großen Lokführerstreik als Entschuldigung für jegliches Zuspät- oder Garnichtkommen nutzen – betroffen ist natürlich auch die S-Bahn. | |||
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Die BVG ist zwar nicht direkt vom Streik betroffen, aber wirkt zurzeit ja auch so schon gelinde gesagt überfordert. Oder etwa doch nicht? Unser Leser Lothar Szych aus dem schönen Münsterland war über Silvester zu Besuch in der Stadt – „und muss mal ein heftiges Lob für den ÖPNV in Berlin loswerden: Top! Im 10-Minuten-Takt Busse und Bahnen! Und die Krönung: freundliches und hilfsbereites Personal!“ Tja, im Vergleich zu Gegenden mit ÖPfNV (Öffentlichem Pferdekutschen-Nahverkehr) meckern wir hier doch auf recht hohem Ross. | |||
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Damit schnell weiter zum derzeit wirklich wichtigsten Thema der Stadt. Sie wissen schon: Es geht um die Liebe! Jedenfalls um die zwischen dem Regierenden Bürgermeister und seiner Bildungssenatorin. Und damit auch um die Frage, wann sie begann. „Im Herbst 2023“, heißt es in der offiziellen Erklärung, hätten beide „entschieden, eine Beziehung einzugehen“. Also so, wie das heutzutage üblich ist: Man hat nichts miteinander, trifft sich nur jeden Dienstag beruflich im Rathaus, er Chef, sie von ihm ernannt, und dann beschließt man eben eines Tages spontan zwischen zwei Amtsgeschäften bei einer Kanne Kamillentee eine „Beziehung“ einzugehen. Zwinker-Zwinker. Merke: Selten stürzt ein Politiker über eine Affäre. Aber oft über den Umgang damit. | |||
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Und jetzt? Bei unserer Checkpoint-Umfrage am Wochenende zur Frage, ob Kai Wegner und Katharina Günther-Wünsch trotz ihrer Beziehung im Amt bleiben sollten, sagten bei hoher Beteiligung 44% Prozent: „Klar! Wo die Liebe hinfällt...“ Dagegen meinten 49%: „Auf keinen Fall! Da gibt es einen Interessenkonflikt.“ | |||
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Letzteres meint auch der frühere CDU-Bundesgeschäftsführer Hans-Joachim Reck – das „Late-Night-Memo“ von „Table.Media“ zitiert ihn so: „Der Rücktritt von Herrn Wegner vom Amt des Regierenden Bürgermeisters wäre das Beste für Berlin, aber auch für die CDU.“ Wegner agiere weder integer noch moralisch vertretbar. „Er offenbart in Fragen der Compliance fachliche Inkompetenz und insgesamt große charakterliche Schwächen.“ | |||
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Und die SPD? Die weiß noch nicht so genau, was sie dazu sagen soll – bzw. was ihr mehr nützt: Ein Schrecken ohne Ende oder ein Ende mit Schrecken (die Bildungssenatorin genießt hohes Ansehen). Aber unter sozialdemokratischen Senatsmitgliedern ist der Ärger groß, noch nicht persönlich vom Regierenden Bürgermeister über die Lage informiert worden zu sein. Spätestens am Dienstag zur nächsten Senatssitzung wird „ein Konzept“ erwartet, wie es hier künftig zugehen soll. Wegner hatte erklären lassen, es sei „selbstverständlich, dass die Beteiligten im Zusammenhang mit ihrer Amtsführung Privates und Berufliches strikt trennen“. Aber was bedeutet das konkret? Und geht das überhaupt? Der Regierende Bürgermeister muss beispielsweise künftig zugleich die Urlaubstage seiner Bildungssenatorin und seiner Partnerin genehmigen. Eine Art vormodernes, doppeltes Abhängigkeitsverhältnis. | |||
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Weiterhin lässt Wegner behaupten, „dass eine derartige Konstellation keinen rechtlichen Bestimmungen widerspricht“. Tatsächlich ist ein solcher Fall für den Senat nicht konkret geregelt. Aber ein Paragraf im Senatorengesetz könnte dennoch heikel werden für den Regierenden Bürgermeister, genauer gesagt: § 21 (2). Dort heißt es: „Soweit die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Senats in den vorstehenden Vorschriften oder durch besonderes Gesetz nicht geregelt sind, finden die beamtenrechtlichen Grundsätze in dem Umfange sinngemäße Anwendung, als dies dem Wesen des Amtsverhältnisses (§ 1) entspricht.“ Und § 1 besagt: „Die Mitglieder des Senats (der Regierende Bürgermeister, die Bürgermeister und die Senatoren) stehen nach Maßgabe dieses Gesetzes in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Land Berlin.“ Unter beamtenrechtlichen Grundsätzen wäre eine solche Konstellation, wie es sie jetzt im Senat gibt, jedenfalls ausgeschlossen. | |||
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Diese Auffassung teilt auch der frühere Beamtenbundchef Joachim Jetschmann vom CDU-Ortsverband Alt-Wilmersdorf. Er steht für etliche Unionsfunktionäre, die sich nicht wohl fühlen mit der Situation. Manchen in der CDU allerdings kommt sie durchaus gelegen, denn noch immer gilt der politische Komperativ „Freund, Feind, Parteifreund“. Eher peinlich wirken deshalb die diversen Paargratulationen und Unbedenklichkeitsschreiben aus der CDU, von denen es heißt, nicht alle seien ganz freiwillig entstanden. Und was macht Kai Wegner? Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Bestätigung seiner neuen Beziehung eröffnete er die Show „Feuerwerk der Turnkunst“. Das Motto der Veranstaltung: „Heartbeat“. | |||
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Es scheint auch eine Gewinnerin der ganzen Aufregung zu geben – ihr Name: Manja Schreiner. Bis vor kurzem galt es als ausgemacht in der Union, dass die Verkehrssenatorin wegen mangelnder Leistung bald wird gehen müssen. Als Hebel sollte das Plagiatsverfahren an der Uni Rostock dienen. Doch unter den gegebenen Umständen (wie geht es weiter mit Wegner und Günther-Wünsch?) könnte ein Abgang Schreiners die CDU so oder so zusätzlich erschüttern. Zudem ist aus Rostock zu hören, das Verfahren könnte glimpflich enden. | |||
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Und damit zu anderen Themen des Tages: Sie erinnern sich an die Hakenkreuzaffäre im Jugendamt Pankow? Vor genau zwei Jahren hatte der Checkpoint darüber berichtet, dass eine Leitende Angestellte laut Aussagen von Mitarbeitenden ein Hakenkreuz-Tattoo auf dem Arm trägt. Vor einem Jahr dann teilte das Bezirksamt seine Erkenntnisse mit: Das tätowierte Symbol sei harmlos, weil die Haken nach links zeigten. Und wieder ein Jahr später, also heute, lädt das LKA nach Checkpoint-Informationen die Zeugen aus dem Bezirksamt zur Vernehmung vor. Einstweilen orientieren wir uns bei der Beurteilung des Falls weiter am Künstler Martin Kippenberger („Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz erkennen“) und am Dichter Ernst Jandl, der bereits 1966 in seinem Gedicht „lichtung“ visionär feststellte: manche meinen lechts und rinks kann man nicht velwechsern werch ein illtum Vorhersage: Das Verfahren wird noch so manchen Haken schlagen. | |||
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Fünf Kubikmeter Essensreste und Hausmüll wollte ein Veranstalter in Neukölln einfach auf die Straße kippen – er wurde vom Ordnungsamt erwischt. Aber das ist die Ausnahme (das Erwischen, nicht das Abkippen), wie ein Blick auf die Erstwochenbilanz des Jahres auf der offiziellen Website des Ordnungsamts zeigt: Dort sind berlinweit bereits 5800 Meldungen über diverse Vergehen eingegangen, die meisten davon: Müll (Erledigungsstatus von den allermeisten: „in Bearbeitung“). Die allererste Meldung des Jahres allerdings, eingegangen um 0:24 Uhr des ersten Tages, betrifft einen Späti in der Kolonnenstraße. Der Einsender schreibt dazu: „Hallo, guten Tag Hallo, der Spätkauf hat jeden Sonntag bis 1 Uhr nachts geöffnet, das reicht, es wird Marihuana geraucht, hier schreien junge Leute, jeden Tag das Gleiche, Leute unter 18 Jahren kaufen hier Alkohol, bitte lass es die Behörden wissen. Komm, wir haben von nun an einen Sonn-tag, Spätkauf, alle sind verboten, warum hat es geöffnet, ich frage mich, was das Besondere daran ist?“ Nun, wer sagt’s ihm? Meldungsspitzenreiter war im vergangenen Jahr übrigens nicht etwa Schöneberg, Kreuzberg oder Neukölln, sondern: Pankow. Aber ob hier tatsächlich am meisten gekifft und krakelt wird und mehr Müll auf der Straße liegt oder ob hier die Schwäbelbergisierung des Bezirks eine Rolle spielt (Stichwort Kehrwoche), müssen Sie leider selbst herausfinden. | |||
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Tja, was so alles auf der Straße rumsteht… Dazu passend auch diese Meldung: 175 zurückgelassene Fahrzeuge haben die Ordnungsämter seit der letzten Versteigerung inzwischen schon wieder eingesammelt, vom 2. Februar an kommen sie unter den Hammer – oder in die Schrottpresse. Sie können auswählen zwischen solchen Schätzchen wie einem Citroën DS7 von 1967, genannt „die Göttin“, einem Jaguar S-Type von 2006 und einem S-Klasse-Mercedes 500 von 2007. Jüngstes Modell ist ein „Felix“-Roller von 2022, auch ein eingezogener Audi A3 Sportback ist kaum älter als ein Jahr. Ältestes Modell ist ein Panhard PI 17 von 1960. Und falls das alles für Sie nichts ist: Mit dem Krankenfahrstuhl Erad in Rot kassieren Sie garantiert keine Knolle – jedenfalls nicht wegen Geschwindigkeitsüberschreitung (max. 25 km/h). | |||
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