seit Marketingabteilungen die Werbung für sich entdeckt haben, um „Haltung“ zu zeigen oder ein „Statement zu setzen“, wird der Bürger permanent mit „Haltung“, politischen Statements und sonstigem Bekenntniskitsch konfrontiert. Sehr vieles ist heute irgendwie auch politisch, respektive soll heute irgendwie auch politisch sein; der Smoothie genauso wie der Fahrradrucksack und sogar das Fahren mit der chronisch verspäteten Deutschen Bahn, weil man damit angeblich was „fürs Klima“ leistet. Das Prinzip ist immer dasselbe: Man konstruiert ein manichäisches Weltbild, tilgt die vielen Graubereiche, als wären diese nur Randnotizen, kapert Begriffe wie „Demokratie“, gibt sich weltoffen, obwohl man intellektuell wahnsinnig provinziell ist – und geht den Menschen mit dieser inflationären moralischen Selbstüberhöhung derart auf die Nerven, dass man bei vielen Leuten am Ende genau den gegenteiligen Effekt dessen erzielt, was man nach eigener Aussage eigentlich erreichen will: Man treibt sie den politischen Rändern zu. Die Bekenntnisrepublik Deutschland braucht daher dringend wieder mehr politikfreie Räume. Mein Kommentar. Bekenntniskitsch war auch während der Corona-Pandemie hoch im Kurs. Doch vielen Beteiligten reichte das nicht. Man forderte weitreichende Sanktionen für alle, die den beiden Regierungen nicht blind vertrauten, und diskriminierte einen erheblichen Teil der Bevölkerung, die sich nicht impfen lassen wollte. Unter anderem. Ganz vorne mit dabei: das RKI. In diesen Tagen sind die Protokolle der für die Corona-Pandemie zuständigen Arbeitsgruppe in eben diesem Robert-Koch-Institut veröffentlicht worden. Sie sagen viel aus – aber wirklich das, was sich viele Kritiker wünschen? Frank Lübberding hat sich Gedanken gemacht. Beim eingangs erwähnten Bekenntniskitsch ist auch die Deutsche Bahn immer gerne mit dabei. Darüber hinaus fallen ihr immer kreativere Sätze ein, mit denen sie die wartenden Fahrgäste am Gleis über Verzögerungen informiert. Eine Durchsage inspirierte unseren Gastautor Michael Klein, der sich als psychologischer Psychotherapeut seit 30 Jahren mit Geschlechterbeziehungen, Männerpsychologie und Gewaltprävention beschäftigt, nun gar dazu, über eine „Systemänderung zweiter Ordnung“ nachzudenken. Bekannt haben sich nun auch die Vereinigten Staaten – und zwar gegen Israel. Denn mit ihrem Verzicht auf ein Veto gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrats, die einen Waffenstillstand im Gazastreifen fordert, fallen die USA Israel in den Rücken. Eine Bodenoffensive in der Hamas-Hochburg Rafah könnte schließlich den Krieg beenden und die Terrororganisation entmachten. Mein Kollege Ingo Way kommentiert. Der Beschuss von internationalen Handelsschiffen im Roten Meer durch schiitische Gruppen, die weite Teile des Jemen kontrollieren, hat derweil gezeigt, wie abhängig der Welthandel von politischen Großwetterlagen ist. Das war schon in der Antike so. Ein historischer Überblick von Alfred Schlicht. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre. Bleiben Sie nonkonformistisch. Ihr Ben Krischke, Leitung Cicero Digital |