2020 sollte die von der EZB angekündigte Strategieüberprüfung das große Notenbank-Thema des Jahres werden. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte bereits angekündigt, die EZB wolle dabei jeden Stein umdrehen. Auch die Höhe des Inflationsziels wäre sicher überprüft worden. Mit Blick auf die Klimadebatte erwarteten die Beobachter zudem mit Spannung, ob die EZB Möglichkeiten sieht, ihre Geldpolitik „grün“ zu gestalten. Die Strategieüberprüfung ist durch die Corona-Krise vorerst in den Hintergrund getreten. Erst einmal bleibt die EZB im Krisenmodus, bis die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie eingedämmt sind. Wenn sie im Anschluss ihre Strategie auf den Prüfstand stellt, ist kaum damit zu rechnen, dass durch die Ergebnisse dieser Revision die Geldpolitik künftig deutlich restriktiver ausfallen wird. Wegen der Versäumnisse in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, die in Ländern wie Italien zu Wachstumsschwäche und in mehreren Ländern zu hohen Staatsschulden geführt haben, befindet sich die EZB in einer Zwangslage. Ohne die Hilfe der EZB geht es vielerorts nicht. Die Währungshüter haben in der Vergangenheit mehrfach gefordert, die Finanzpolitik müsse mehr tun, um die Wirtschaft anzukurbeln. Gemeint war damit insbesondere Deutschland. In der Corona-Krise schießt Deutschland nun finanzpolitisch aus allen Rohren. Auch die Zustimmung zum Plan der EU-Kommission, einen europäischen „Wiederaufbaufonds“ maßgeblich mitzufinanzieren, zählt zu diesen Maßnahmen. Ob das alles reicht, Europa auf einen höheren Wachstumspfad zu bringen oder ob damit nur der krisenbedingte Absturz abgefangen wird, muss sich zeigen. Bis dahin werden einige Jahre vergehen und so lange wird die EZB aus ihrer unterstützenden Rolle kaum herauskommen. Dr. Jörn Quitzau joern. quitzau@ berenberg. de
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