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Guten Morgen, willkommen in der Wochenmitte des Wonnenscheins! Vor der Sommersonnenwende am Wochenende mit der Fête de la musique auf mehr als 300 Bühnen wartet noch ein bisschen Arbeit auf die Stadt, um das Leben hier sommerstressfest zu machen. Für einen besseren Hitzeschutz soll Berlin nun ein Baumgesetz bekommen, welches die Neupflanzung von 300.000 schattenspendenden Bäumen garantiert. Eine entsprechende Gesetzesinitiative ist nach Auskunft der Initiatoren jetzt vom Senat erfolgreich rechtlich geprüft worden. Nun also kann die Koalition ein solches Gesetz einbringen (was die SPD gern machen will, die CDU eher nicht) – oder die Wählerinnen und Wähler befinden darüber bei einem dann wahrscheinlichen Volksentscheid im September 2026. Bisher säumen rund 430.000 Bäume die Straßen der Stadt. Doch laut Baumgesetz-Mitinitiator Heinrich Strößenreuther brauchen gerade verdichtete Kieze mit wenigen Grünflächen mehr „Kühlinseln“. Alle 500 Meter solle ein mindestens ein Hektar großer Park erreichbar sein. Strößenreuther träumt außerdem von „einer Million Schrebergärten direkt vor den Haustüren“ – womit er die Baumscheiben meint, die künftig Anwohnerinnen und Anwohnern nach fachgerechten Regeln bepflanzen dürfen, sollte das Gesetz beschlossen werden. Nur wo Schatten ist, ist der Berliner Sommer licht. | |||
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Viel Wasser ist Spree und Havel hinuntergeflossen, bis Berlins demokratische Parteien erfolgreich einen Damm gegen das ausufernde Zuständigkeitsversickerungssystem der Stadt errichtet haben. Am Dienstag nun verkündeten CDU, SPD, Grüne und Linke den gemeinsamen Durchbruch zur Verwaltungsreform, die endlich regeln soll, welche Senatsverwaltung und welcher Bezirk für was, wann und wie genau zuständig sein soll. Schon kommende Woche soll die Reform im Abgeordnetenhaus beschlossen werden, teilten die vier Fraktionen mit. Streitfälle soll demnach eine Einigungsstelle regeln, die der Senat überstimmen kann, falls er „erhebliche Gesamtinteressen Berlins unmittelbar beeinträchtigt“ sehen sollte. „Mit der Reform bekommen wir endlich klare Zuständigkeiten, eine echte gesamtstädtische Steuerung und starke Bezirke“, jubelte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Abend. Wegner würde mit dem neuen Landesorganisationsgesetz sein zentrales Wahlkampfversprechen einlösen; mehrere Vorgängerregierungen waren an dem Vorhaben gescheitert. Von „einem wirklich großen Schritt für Berlin“, spricht auch die „Stiftung Zukunft Berlin“. Vorstandsmitglied Christophe Knoch mahnt aber auf Checkpoint-Anfrage „die nächsten notwendigen Schritte“ an: „Das ist die Herkulesarbeit der präzisen Neufassung aller Aufgaben der Verwaltung. Und dann gilt es, ergänzend zur neuen Gesamtorganisation Berlins die Verfasstheit der Bezirke anzupassen.“ Der neue Damm gegen das Verwaltungschaos soll schließlich halten. | |||
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Der Wind wehte auch gestern über die Gräber von mindestens 55 getöteten Berlinerinnen und Berlinern, die am 17. Juni 1953 auf den Straßen der Stadt starben. Sowjetische Panzer walzten den Volksaufstand für Demokratie und gegen die DDR-Diktatur nieder, die von sich behauptete, sie sei der bessere deutsche Staat. Zu den Todesopfern gehört Werner Sendsitzky, der an diesem Tag eigentlich seinen 16. Geburtstag feiern will und mit anderen West-Berliner Jungs auf dem Dach eines Schrottplatzes in der Liesenstraße die Straßenkämpfe auf der Ost-Seite beobachtet. Volkspolizisten, die Menschen zurückdrängen, schießen in die Luft und treffen den unbeteiligten Jungen tödlich ins Herz. Auf dem Urnenfriedhof an der Seestraße in Wedding, wo Werner Sendsitzky und andere Opfer begraben liegen und ein Denkmal zu unverklärter Erinnerung mahnt, gedachten gestern Bundesregierung und Senat der mutigen Aufständischen. „Zum ersten Mal sind es die Ostberliner, die den Namen Berlins als einer der sichersten Stützen des Freiheitskampfes in alle Welt tragen“, schrieb am 18. Juni 1953 Tagesspiegel-Gründer Erik Reger in seinem Leitartikel (nachzulesen hier). Und ergänzte: „Als in der Blockadezeit Westberlin ein Beispiel gab, haben wir immer auch der Bevölkerung Ostberlins gedacht, von der wir wußten, daß sie auf unserer Seile stand und begeistert mit mehr als mit den Gedanken bei uns wäre.“ Wo im vereinten Berlin Spuren des Volksaufstandes verblasst sind oder wo man sie heute noch finden kann, lesen Sie in einer Spurensuche hier. | |||
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Das Gedächtnis der Stadt zeigt sich auch an vielen Straßennamen. Deshalb fordert die Freie Universität schon lange, eine Straße oder einen Platz nach Nora Schimming zu benennen. Die afrikanische Bürgerrechtlerin, später erste Botschafterin Namibias in Deutschland, hatte an der Uni studiert. Der Vorschlag, den Nettelbeckplatz in Wedding nach ihr zu benennen (Joachim Nettelbeck war zur deutschen Kolonialzeit am Sklavenhandel beteiligt), wurde zugunsten eines anderen Namens verworfen: Der Platz soll ab Herbst den Namen von Martha Ndumbe tragen – die einstige Berlinerin mit kamerunischen Wurzeln wurde im vergangenen Jahrhundert rassistisch diskriminiert und von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager deportiert, wo sie verstarb. Eine Initiative aus der Uni heraus favorisierte für Nora Schimming-Chase, die sich in Berlin für die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit eingesetzt hatte, schließlich die Iltisstraße, die am Campus in Steglitz-Zehlendorf entlangführt und weiterhin den Namen eines deutschen Kanonenboots trägt, das einst den kolonialen Machtinteressen des Deutschen Reiches diente. Das aber lehnte die Bezirksverordnetenversammlung vor einem Jahr mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD ab. Nun gibt es überraschend einen neuen Antrag der örtlichen CDU: Die kleine Promenade entlang des Dahlemer U-Bahn-Grabens zwischen Ihnestraße und Clayallee, die bisher keinen Namen trägt, solle künftig Nora-Schimming-Promenade heißen. „Die Benennung wäre ein starkes Zeichen für Erinnerungskultur, internationale Verbundenheit und das Eintreten für Menschenrechte“, heißt es im Antrag, der dem Checkpoint vorliegt. Die Iltisstraße allerdings würde weiterhin nach einem Kanonenboot heißen, das genau diese Werte einst bekämpft hat. | |||
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Welche Werte werden in Berlins Schulen vermittelt? Lehrer Oziel Inácio-Stech ist an der Carl-Bolle-Grundschule in Moabit von Schülern schwulenfeindlich gemobbt worden; sein Fall bewegt inzwischen das ganze Land. Besonders pikant für die Verwaltung bis hinauf zu Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU): Niemand seiner Vorgesetzten wollte ihm helfen. Er wurde sogar vom Opfer zum Täter gemacht durch die offenbar haltlose Anschuldigung einer Kollegin, er als schwuler Mann habe sich ihm anvertrauten Schülern auf unangemessene Weise genähert. Nun haben meine Kolleginnen Saara von Alten und Margarethe Gallersdörfer Einblick in Akten zum Fall genommen und fördern dabei erneut verstörende Details zutage. Der Konrektor der Schule hat demnach Inácio-Stech am 17. September 2024 über die Internetwache der Polizei wegen Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht angezeigt. Eine Lehrerin hatte zuvor als Zeugin unter anderem erzählt, die Schüler hätten gesagt, „dass er Frauen hasse und sie alle töten möchte“, dass er Kinder „zum Essen gezwungen“ habe und dass sie sich unwohl gefühlt hatte, weil der Lehrer „sehr nah“ bei ihnen saß. Die Polizei hat daraufhin eine Schülerin befragt. Diese sagte, grob zusammengefasst, dass die Vorwürfe alle nicht stimmen würden und sie sich nicht unwohl gefühlt habe. Sie sagte ebenso, dass Schulpersonal ihr gesagt habe, dass Inácio-Stech „kein guter Lehrer“ sei und dieser „weg soll“. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin das Ermittlungsverfahren eingestellt. Offiziell entlastet von den Vorwürfen wurde Inácio-Stech von der Schulleitung oder der Bildungsverwaltung bis heute nicht. Nachdem der Lehrer Einblick in die Polizeiakte hatte, schrieb sein Anwalt den viel diskutierten Hilfebrief an die Senatorin. Diese las ihn nicht. Was ansonsten in den Ermittlungsakten zum Fall steht und welche Widersprüche es in dem Fall weiterhin gibt, lesen Sie im großen Report hier. | |||
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