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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 07.12.2022 | Bedeckt, windig und immer mal wieder Regen möglich, bei max. 4°C. | ||
+ Beton-Berlin sterben die Amphibien weg + Digitalisierung der Berliner Uni-Bibliotheken stockt + Museum Karlshorst hilft Museen in der Ukraine + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, wann wird’s mal wieder richtig Sonne? Heute schon mal nicht, sorry, morgen auch nicht. „Freitag vielleicht“, tröstet Friedrich Föst von der Berliner „Wettermanufaktur“. So richtig klar sieht Berlin zur Adventszeit kaum, berichtet der Meteorologe am Checkpoint-Telefon: „Wir sind eingesuppt von nasskalter Nordseeluft, die immer wieder neue Wolken zieht.“ Insgesamt bleibt der Dezember kalt, immerhin ein paar Schneeschauer sind drin – doch nicht etwa auch an Weihnachten? Föst weissagt dazu: „Es gibt durchaus Hoffnung auf eine ausnahmsweise weiße Weihnacht, aber das steht noch in den Sternen.“ Also: irgendwo hinter Regenwolke sieben. | |||
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Was ist denn das für eine Art? Diese Frage wird uns noch oft begegnen; pro Tag sterben weltweit 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Unsere Erde gerät nicht nur klimatisch aus der Balance, was die schlimmste Art von allen – wir Menschen – ab heute auf der Weltnaturkonferenz in Montreal zu ändern sich selbst versprechen will. Was davon zu halten ist? Fragen wir mal Ansgar Poloczek vom Naturschutzbund. Seine erschütternde Analyse: „In Berlin erleben wir einen Zusammenbruch der Amphibien.“ So gebe es in Mahlsdorf eine jährliche Zählung der am Körnerteich lebenden Erdkröten. Wurden hier vor 15 Jahren noch 1000 Tiere pro Saison gesichtet, waren es in diesem Jahr ganze 22. „Die Trockenheit macht Kröten zu schaffen, ebenso das Fehlen von Brachen und ausreichend Insekten.“ Berlin hat bald auch im Tierreich keine Kröten mehr – und sowieso zu wenig Kleinvieh, das keinen Mist macht. Selbst die Berliner Pflanze stirbt nicht nur bei den Menschen aus. So sprießen etwa Küchenschelle und Strand-Grasnelke bescheiden auf sandigen Rasenflächen am Stadtrand, doch nicht mal die lässt die wachsende Stadt am Wegesrand stehen. „Wir betonieren uns regelrecht zu“, beklagt Poloczek am Checkpoint-Telefon. Dabei halten genügsame Blumen mit ihren Wurzeln den erodierenden Boden zusammen und bieten Blüten für Insekten – und die wiederum helfen Berlin, die letzten Kröten zusammenzuhalten. Bevor wir Menschen noch ganz andere schlucken müssen. | |||
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Wenigstens bleiben wir das Land der Richter und Denker. Die gute Nachricht dazu müssen wir uns nicht mal ausdenken: Tausende Menschen im Berliner Umland wollen Schöffin oder Schöffe bei Gerichten werden. „Bei uns gehen täglich Anfragen von interessierten Bürgern ein“, berichtet Brandenburgs Justizsprecher Christof Peter (via dpa). Insgesamt sollen es auf dem Lande des Landes bald 3000 Ehrenamtliche richten. Ja, wir schöffen das. | |||
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Berlin dagegen stirbt bald aus (oder wenigstens der Hype darum). Zumindest wird die Stadt langsam, aber sicher vergesslich. Blättern wir etwa in den großen Bibliotheken nach mit der Frage: Wie viele gedruckte Zeugnisse unserer selbst sind bereits digitalisiert? Die analog übermittelte Antwort des Senats auf die Anfrage des FDP-Abgeordneten Roman-Francesco Rogat, die dem Checkpoint vorliegt: Es gibt immerhin 1,8 Millionen digitale Buchtitel in Berlins Universitätsbibliotheken. Von den 15,1 Millionen analogen Büchern wurden aber bislang bloß 0,06 Prozent digitalisiert. „Diese Zahlen sind ein Armutszeugnis für Berlin als Forschungsstandort“, findet Rogat auf Nachfrage. „Die Verantwortung hierfür liegt nicht bei den Universitäten, sondern an der organisierten Verantwortungslosigkeit des Berliner Senats.“ Aber hey, im vergangenen Jahr wurden zumindest 924 alte Bücher digitalisiert. In diesem Tempo haben wir in nur 15.000 Jahren den gesamten heutigen Bestand in die Zukunft gebeamt. Schade, dass wir dann schon Vergangenheit sind. | |||
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Unsere Gegenwart ist geprägt vom neuen Krieg in Europa – und von viel Hilfsbereitschaft und Solidarität in Berlin. Der letzte Krieg in Deutschland ging am 8. Mai 1945 zu Ende, als Vertreter der Wehrmacht im Beisein der vier Alliierten in Karlshorst die bedingungslose Kapitulation und damit das Ende des Zweiten Weltkriegs besiegelten. Nun kümmert sich das Museum Karlshorst, das seinen alten Namen Deutsch-Russisches Museum wegen des aktuellen Angriffskriegs abgelegt hat, um die Rettung von kampfgeschädigten Museumsschätzen aus der Ukraine. Schon 48 Museen, Archiven und Instituten konnte geholfen werden, ihre Fotos und Dokumente digital zu sichern, bombardierte Lagerräume zu reparieren oder Generatoren und Luftentfeuchter für von Stromausfällen betroffene Depots zu beschaffen. „Die Dankbarkeit ist unendlich groß“, erzählt Ekaterina Malygina vom Projekt „After Silence“. Gut, wenn wir über den Krieg nebenan nicht still hinweggehen. | |||
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So, jetzt baden wir noch an fürs neue Jahr. Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf hat eine neue Internetseite für das lang ersehnte Freibad im trocken gelegten Osten aufgelegt. Allerdings plumpst man hier erst mal in parteiische Gewässer: Auf dem gleichen Server ist auch ein Werbe-Textchen der örtlichen SPD für ihren Bezirksbürgermeister Gordon Lemm hinterlegt. „Ich bin sicher: Das Freibad kommt“, verkündet Lemm hier und wirbt für Franziska Giffey als Regierende Bademeisterin. Hauptsache, da geht nicht schon vorher jemand baden. | |||
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