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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 10.10.2022 | Sonniger Wochenstart bei bis zu 17°C. | ||
+ Wie viel Strom verbraucht das „Festival of Lights“? + Berlins Parlament darf trotz Wahlwiederholung Gesetze beschließen + Senat klärt Lehrer-Verbeamtung + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, von Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker stammt der Spruch „Die deutsche Frage ist offen, solange das Brandenburger Tor zu ist.“ Das war 1987. Heute, 35 Jahre später, müssen wir das etwas anpassen – und zwar so: Die deutsche Energiepolitik liegt im Dunkeln, solange das Brandenburger Tor beleuchtet ist. Ok, worum geht’s? Richtig! Um das „Festival of Lights“, denn beim Lichtkunstfestival wird diesmal laut Veranstalter-Website „deutlich mehr Strom eingespart als verbraucht“. Hm, woran erinnert uns das gleich noch … ach ja, an eine Parole von Walter Ulbricht natürlich: „Überholen, ohne einzuholen“. Das muss man auch erst mal schaffen. Und wie soll das gehen? Hier die Rechnung der „Festival of Lights“-Veranstalter (die unseren Unterlagen zufolge noch nie an einem Kurs „Mathe mit dem Checkpoint“ teilgenommen haben): „Ein durchschnittlicher Fernseher hat eine Leistung von 100 Watt. Vier Stunden Fernsehen verbrauchen damit 0,4 Kilowattstunden. Wenn also nur 25.000 Haushalte einen Abend lang aufs Fernsehen verzichten und stattdessen das Festival of Lights besuchen, ist der Stromverbrauch des gesamten Festivals für alle zehn Abende bereits mehr als ausgeglichen.“ Tja, es sei denn, die 25.000 Haushalte fahren die 30 Festivalorte mit 100.000 E-Rollern ab – oder dieseln stundenlang mit ihrem alten Daimler an den bunten Bildern vorbei. Oder lassen den Fernseher, das Wohnzimmerlicht und den Elektroheizer laufen, während sie mal kurz … Na gut, aber das ist ja noch nicht alles. Denn wiederum nach eigenen Angaben ist es den Veranstaltern gelungen, den Stromverbrauch des Festivals um 75% zu reduzieren. Boah … aber wenn das so einfach ist, warum hat dann der Senat seinerseits die Beleuchtung aller öffentlichen Gebäude gekappt? Müsste der Regierenden Bürgermeisterin denn da nicht ein Licht aufgehen? Ok, kommt vielleicht noch. Einstweilen sendet sie beste Wünsche an die „rührigen Organisatoren“ und „für ein gutes Gelingen der Lichtshow“, die sie bereits im Mai für (immerhin) „teils atemberaubend“ hielt. Kommen wir zurück zu den 75% und fragen uns mal: wovon eigentlich? „Im Vergleich zu den Vorjahren“, sagen die Veranstalter und kommen für dieses Jahr je nach Quelle auf entweder 6700 Kilowattstunden (offizielle Website „Festival of Lights“) oder 8250 Kilowattstunden (offizielle Auskunft von Festivalgründerin Birgit Zander). Im Jahr 2018 waren es übrigens ca. 880 Kilowattstunden pro Veranstaltungsnacht (können Sie ja x 10 ausrechnen). Und bereits 2013 hatten die Macher verkündet, dass sie „mit LEDs und Ökostrom“ einen geringen Stromverbrauch erreicht hätten, während 2022 angeblich „modernste Technik“ und „ausschließlich grüner Strom“ für einen geringen Stromverbrauch zum Einsatz kommen. Na ja. Ziehen wir dem Thema jetzt hier mal für heute den Stecker – ich fand’s gestern Abend jedenfalls schön, die Show am Brandenburger Tor (gestaltet von drei ukrainischen Videostudios) war ziemlich beeindruckend. Das überflüssige schlechte Gewissen habe ich mir anschließend mit dem kalten Waschlappen von Winfried Kretschmann abgeschrubbt. (Das offizielle Programm und alle Energie-FAQs dazu gibt’s hier). | |||
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Mal angenommen, die Wahl von 2021 wird für komplett ungültig erklärt – mit welcher Legitimation handeln dann eigentlich seitdem das (19.) Abgeordnetenhaus und der Senat? Das Verfassungsgericht hat dazu festgestellt, dass auch in diesem Fall alle bisherigen Entscheidungen wirksam bleiben – und auch neue Gesetze dürften „zur Sicherstellung der Kontinuität staatlichen Handelns“ beschlossen werden (wichtige Fragen zur Wahlwiederholung hat Julius Betschka am Wochenende im Tagesspiegel beantwortet). Der frühere FDP-Abgeordnete und Ex-Freie-Wähler-Kandidat Marcel Luthe forderte jetzt dennoch den damaligen Parlamentspräsidenten Ralf Wieland schriftlich auf, für den 17.11. eine Sitzung des alten (18.) Abgeordnetenhauses einzuberufen. Es kommentiert Karl Marx: „Die Geschichte wiederholt sich immer zweimal – das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce.“ | |||
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Fast als Farce wäre auch die Wiederverbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern in die Geschichte Berlins eingegangen – doch im Rahmen der „Sicherstellung der Kontinuität staatlichen Handelns“(siehe oben) hat der Senat jetzt doch noch eine Lösung gefunden. Wie die aussieht, weiß unsere Bildungsexpertin Susanne Vieth-Entus. Ihren Bericht finden Sie hier. | |||
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Sie erinnern sich an Michael Müller? Richtig, der war mal Regierender Bürgermeister und davor Bausenator, und vor genau zehn Jahren hat er für Straßen- und Grabungsarbeiten „die Einrichtung einer zentralen Koordination auf Landesebene“ versprochen. Wie das heute so aussieht, hat uns unser Leser Martin Gertich beschrieben: „In der Sesenheimer Straße (Charlottenburg) wurden in den Monaten Mai bis August Wasserrohre verlegt.Dazu rissen Bauarbeiter die Bürgersteige zwischen Bismarckstr. und Schillerstraße beidseitig auf. Nach Abschluss der Arbeiten wurde neu gepflastert, auch neue Fahrradhalter sind hier jetzt einbetoniert. Seit drei Tagen aber wird das Pflaster auf der Ostseite der Straße schon wieder aufgerissen – diesmal ist Vattenfall dran.“ Kein Wunder, dass die Leute hier irgendwann den Kanal voll haben (dafür müssen dann aber bitte nicht extra wieder die Gehwege aufgerissen werden). | |||
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„Nirgendwo in der europäischen Museumswelt gibt es etwas Vergleichbares wie die Rieckhallen“, schreibt der Berliner Kunstförder-Doyen Peter Raue im Tagesspiegel – doch deren Erhaltung ist wegen eines Immobiliendeals bedroht, der Mietvertrag wurde gerade mal bis zum 31.12.2022 verlängert. Nur ein schneller Grundstückstausch könnte das Kulturgut retten, doch das Geschäft wird durch Pläne für einen Verwaltungsbau blockiert. Im Vermögensauschuss zeichnet sich zwar eine Mehrheit mit Unterstützung der CDU für den Tausch ab, doch im Senat wird gezögert (oder gefährlich hoch gepokert). Jetzt soll in einem Spitzengespräch bei Kulturstaatsministerin Claudia Roth eine Lösung gefunden werden – oder ein Ersatzgrundstück für den Investor. | |||
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Dass unser beliebtes Behördenpingpong auch als Solo gespielt werden kann, beweist eindrucksvoll Cha-Wi-Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). Als im Frühjahr die CDU-Abgeordnete Stefanie Bung den Senat schriftlich nach beschädigten Denkmälern fragte, holte Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert dafür Auskünfte der Bezirke ein. Aus Charlottenburg-Wilmersdorf kam die Antwort „Fehlanzeige“. Als im Sommer die CDU-Bezirksverordnete Konstanze Zucker direkt bei Schruoffeneger nachfragte, erklärte dieser nach zwei Monaten Bedenkzeit, Beschädigungen seien ihm nicht bekannt – und verwies im Übrigen auf die Senatsantwort an Stefanie Bung, die ja allerdings auf der Auskunft des Bezirks beruhte („Fehlanzeige“). Das war denn selbst Schruoffenegers eigener Fraktion zu doof: Sie forderte ihren Stadtrat jetzt auf, ein Beschädigungsregister zu erstellen. Es kommentiert unser Gastautor Franz Kafka: „Richtiges Auffassen einer Sache und Missverstehen der gleichen Sache schließen einander nicht vollständig aus.“ (Q: Drs. 19/11642, 0087/6, „Die Erklärer“, 9. Kapitel, S. 381) | |||
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