Liebe Frau Do, heute ist es wieder so weit, Bund und Länder beraten über die Corona-Lage. Wenn es so kommt, wie es sich abzuzeichnen schien, werden Angela Merkel, Markus Söder und Michael Müller danach weitere Verschärfungen des Lockdowns verkünden. Falls Sie Letzteren nicht auf dem Zettel haben: Der Regierende Bürgermeister Berlins amtiert als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, Jan Drebes stellt Ihnen den SPD-Politiker vor. Dabei sinken die Zahlen gerade, in Düsseldorf liegt der Inzidenzwert nur noch knapp über der Marke von 50. Armin Laschet hatte bei uns vor knapp zwei Wochen in einem Interview darauf verwiesen, „dass man erst ab dem 17. Januar wieder ein realistisches Bild bekommt“. Die Preisfrage ist nun, ob die aktuellen, besseren Werte dieses realistische Bild tatsächlich zeichnen. Die politische Debatte vor den Beratungen beschreiben Kirsten Bialdiga, Jan Drebes, Antje Höning und Maximilian Plück. Ein totaler Lockdown bringe jetzt wenig, argumentiert Martin Kessler in seinem Leitartikel. „Mit klugen Verschärfungen im Einzelnen, einer scharfen Durchsetzung der beschlossenen Maßnahmen im Allgemeinen und einem erneuten Appell an den Gemeinsinn und die Disziplin“ lasse sich mehr erreichen. Die Maskenpflicht in Bus und Bahn gehört schon lange zu unserem Alltag. Dennoch werden täglich in ganz NRW Verstöße festgestellt: von Corona-Leugnern und Masken-Muffeln, aber auch von Menschen, die den Mund-Nasen-Schutz schlicht vergessen haben. In unserem Podcast „Aufwacher“ sprechen wir über exklusive Zahlen der Bundespolizei und den Umgang mit den Verstößen. Ob die Maskenpflicht bald auf die besseren, aber auch teureren FFP2-Modelle erweitert wird, ist ein Thema der Beratungen heute. Außerdem ist eine nächtliche Ausgangssperre im Gespräch. Ein Grund, der eine Debatte über strengere Maßnahmen nötig macht, ist die Gefahr, die von Virusmutationen ausgeht. Unser Medizinexperte Wolfram Goertz stellt Ihnen die unterschiedlichen neuen Varianten vor: britisch, südafrikanisch, brasilianisch, japanisch. Wer über Verschärfungen diskutiert, sollte auch gezielte Lockerungen erwägen. Das findet jedenfalls Julia Stoschek, die in Düsseldorf und Berlin ihre privaten Sammlungen zeitgenössischer Kunst – vor allem Videoarbeiten – ausstellt. „Mein Wunsch an die Politiker in Bund und Ländern ist, Museen und Ausstellungshäuser ab einer gewissen Größe zu öffnen, weil diese Institutionen die Möglichkeit haben, den Besucherzugang zu regulieren und die Abstandregel zu wahren“, sagt Julia Stoschek in einem Interview, das Lothar Schröder und ich geführt haben. „Gerade jetzt ist Kunst für die Menschen wahnsinnig wichtig und insofern ausdrücklich systemrelevant.“ Weil sich diese Argumentation wahrscheinlich heute bei den Corona-Beratungen nicht durchsetzt, haben wir Ihnen eine Videoarbeit aus der Stoschek-Sammlung mitgebracht: „Grounding“ aus dem Jahr 2018 von Klara Lidén. Das sechsminütige Werk spielt in New York, es hat Slapstick-Elemente und wirkt trotzdem beklemmend. Nehmen Sie sich einen ruhigen Moment dafür, gut wären auch ein großer Bildschirm und gute Lautsprecher. Und falls Sie das Interview mit Julia Stoschek nicht lesen wollen, sondern lieber Passagen daraus und meine Eindrücke hören möchten, greifen Sie bitte zu unserem Podcast „Aufwacher“. Von New York nach Washington: Morgen ist es endlich so weit, der neue US-Präsident wird vereidigt. Der scheidende Amtsinhaber Donald Trump hinterlässt ein zutiefst gespaltenes Land. Abraham Lincoln, der erste republikanische Präsident, der vor 160 Jahren vereidigt wurde, gilt dagegen als einer der großen Versöhner in der amerikanischen Geschichte, der die Sklaverei beendet hat. Was Joe Biden von ihm lernen kann, beschreibt Frank Vollmer in einer packenden historischen Analyse. Am Karfreitag 1865 schoss ein fanatischer Südstaatensympathisant Lincoln in einem Theater von hinten aus nächster Nähe in den Kopf. Es war das erste Attentat, dem ein US-Präsident zum Opfer fiel. Donald Trump hat den Fanatismus gefährlich angeheizt – wir können nur hoffen, dass die Sicherheitskräfte die Feierlichkeiten morgen im Griff haben. Lincoln, ein Bauernsohn aus Kentucky, hatte übrigens nur sporadisch die Schule besuchen können, aber er las alles, was ihm in die Finger kam, und er war ein großer Redner, der Dinge auf den Punkt bringen konnte. „Ein Mensch ist so glücklich, wie er beschließt zu sein“, lautet ein Ausspruch von ihm. Starten Sie also am besten mit einem Beschluss in den neuen Tag. Viel Glück, bis morgen! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |