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BfN Pressemitteilung
Bonn/Berlin, 20. Juni 2017: Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) stellt
heute erstmals einen umfassenden Agrar-Report zur biologischen Vielfalt
vor. Das BfN zeigt in seiner Analyse, dass sich die Situation der
biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft deutlich verschlechtert hat.
"Diese Entwicklung muss für uns alle alarmierend sein", erklärt
BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel. "Wir brauchen deshalb dringend eine
Kehrtwende in der Agrarpolitik."
Für seinen Agrar-Report hat das Bundesamt für Naturschutz die Ergebnisse
aus verschiedenen Forschungsvorhaben zur Entwicklung der Natur in der
Agrarlandschaft zusammengeführt. "Praktisch alle Tier- und
Pflanzengruppen in der Agrarlandschaft sind von einem eklatanten Schwund
betroffen. Besonders deutlich wird dies beispielsweise bei den Vögeln und
den Insekten. Die Problematik setzt sich aber leider auch bei der
Situation der Lebensraumvielfalt fort", sagt die BfN-Präsidentin. Die
aktuelle Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands sowie das
Monitoring von Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert verdeutlichen
dies eindringlich.
Auch das für den Naturschutz besonders wichtige Grünland, die Wiesen und
Weiden, steht unter Druck. "Zwar scheint der Flächenverlust gestoppt,
aber wir müssen eine weiter anhaltende deutliche qualitative
Verschlechterung des Grünlands feststellen, die infolge der zunehmend
intensiven Bewirtschaftung ungebremst voranschreitet", erläutert Prof.
Jessel. "Alarmierend ist, dass dadurch mittlerweile verbreitet auch
blütenreiche Mähwiesen mittlerer Bewirtschaftungsintensitäten massiv
unter Druck geraten." Etwa 40 Prozent der in Deutschland gefährdeten
Arten der Farn- und Blütenpflanzen haben ihr Hauptvorkommen im Grünland.
Hier ist eine Entwicklung vorgezeichnet, die bei früher typischen
Ackerwildkräutern wie Acker-Rittersporn und Sommer-Adonisröschen oder
anderen, heute nur noch selten zu findenden und extrem gefährdeten Arten
schon weit fortgeschritten ist: Im Inneren von Ackerflächen ist ihre
Anzahl bereits um mehr als 70 Prozent gesunken.
Aber nicht nur die Nahrungsgrundlage und der Lebensraum vieler Insekten
und Agrarvögel geht verloren. Auch wichtige Ãkosystemleistungen können
immer weniger erbracht werden. Betroffen davon ist nicht nur die
Landwirtschaft, die beispielsweise auf die Bestäubung angewiesen ist. In
der breiten Bevölkerung wird der Verlust von Ãkosystemleistungen spürbar,
wenn beispielsweise die Wasserqualität schlechter wird. Eine nicht
standortgerechte oder nicht naturverträgliche Landbewirtschaftung
verursacht damit auch erhebliche volkswirtschaftliche Kosten.
Mit dem Agrar-Report belegt das Bundesamt für Naturschutz deutlich, dass
sowohl die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union als auch
die nationale Umsetzung hinsichtlich der Erhaltung der Biodiversität
versagt haben. Sie leisten keinen substanziellen Beitrag, dem anhaltenden
Verlust biologischer Vielfalt in den Agrarlandschaften entgegen zu
wirken.
Konkret kritisiert das BfN beispielsweise die Vorschriften für die so
genannten ökologischen Vorrangflächen als völlig unzureichend. Sie sind
das zentrale Element des "Greening", das in der EU-Agrarpolitik mit der
letzten Reform eingeführt und mit erheblichen öffentlichen Mitteln
versehen wurde. "Allerdings wird die Erfüllung der Anforderungen für den
überwiegenden Teil dieser Flächen durch den Anbau von Zwischenfrüchten
und Leguminosen realisiert, die keinen Mehrwert für die biologische
Vielfalt erbringen", erklärt Prof. Jessel. "Gemessen an den eingesetzten
Finanzmitteln - jährlich werden etwa 1,5 Milliarden Euro als
Greening-Prämie für Landwirte in Deutschland vorgesehen - müssen die
Vorrangflächen wie auch das Greening als solches daher als weitgehend
wirkungslose und gleichzeitig zu teure Fehlentwicklung bezeichnet
werden."
Hinzu kommt eine groÃe Lücke zwischen dem Bedarf und den in der Realität
zur Verfügung stehenden EU-Finanzmitteln zum Schutz der biologischen
Vielfalt. Selbst auch nur elementare Aufgaben bei der Umsetzung der
rechtlich zwingend vorgegebenen EU-Naturschutzrichtlinien lassen sich
damit nicht erfüllen. "Dies alles zeigt die Notwendigkeit einer
grundlegenden und schnellstmöglichen Kehrtwende in der GAP, die nur bei
wirksamer Berücksichtigung von Naturschutzforderungen zukunftsfähig und
gesellschaftlich legitimiert sein wird", erklärt die BfN-Präsidentin.
Anforderungen an eine zukunftsfähige GAP:
- Konsequente Ausrichtung von Zahlungen an die Landwirtschaft am
Gemeinwohlprinzip nach dem Grundsatz "Ãffentliches Geld für öffentliche
Leistungen". Finanzielle Mittel in ausreichender Höhe sind hierfür
bereitzustellen.
- Schaffung von Anreizen für eine naturverträgliche, standortangepasste
und damit nachhaltige Bewirtschaftung einschlieÃlich der Sicherung von
ökologischen Leistungen bei drastischer Reduzierung des administrativen
Aufwands und Vereinfachung der Kontrollregelungen.
- Sicherstellung eines MindestmaÃes an Biodiversität auch in
Intensivregionen - unter anderem durch konsequente Einhaltung eines zu
optimierenden ordnungsrechtlichen Rahmens. Der Agrar-Report des
Bundesamtes für Naturschutz steht unter folgendem Link zum Download
bereit: http://www.bfn.de/0405_hintergrundinfo.html
Diese Pressemitteilung finden Sie auch unter:
http://www.bfn.de/0401_pm.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=6101
Hrsg: Bundesamt für Naturschutz
Referat Presse/Ãffentlichkeitsarbeit
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