Daniel Pipes

Bibi, Danke für deine Arbeit

von Daniel Pipes
Washington Times
10. Juni 2021

http://de.danielpipes.org/20463/bibi-danke-fuer-deine-arbeit

Englischer Originaltext: Bibi, Thank You for Your Service
Übersetzung: H. Eiteneier

Dem Beispiel von Premierminister Benjamin "Bibi" Netanyahu folgend schmähen viele seiner Anhänger die drei konservativen israelischen Parteichefs, die seine Führung zugunsten dessen ablehnten, was die Regierung der Veränderung genannt wird. Obwohl ich ein langjähriger Bewunderer des Premierministers bin (er und ich trafen uns erstmals 1983), lobe ich Naftali Bennett, Avigdor Liberman und Gideon Sa'ar für ihr prinzipienfestes Handeln. Sie verdienen Beifall, nicht Beschimpfungen.

Avigdor Liberman, Gideon Sa'ar und Naftali Bennett verdienen Beifall, nicht Beschimpfungen

Diese Beleidigungen bilden Teil einer Kampagne das Trio und die Mitglieder ihrer Parteien dazu zu bringen ihre Meinung zu ändern. Netanyahu wettert gegen das, was er fälschlich als "gefährliche linke Regierung" bezeichnet. Sein Verbündeter Itamar Ben Gvir verurteilte die "entstehende linksextremistische Regierung". Ein weiterer Verbündeter Netanyahus, Aryeh Deri, sagte voraus, Bennett werde "alles zerstören und ruinieren, was wir Jahre lang gepflegt haben". Ein weiterer, May Golan, ging weiter und verglich Bennett und Sa'ar mit "Selbstmordbombern". Demonstranten verbrannten öffentlich Bennetts Bild und nannten ihn einen "Verräter". Mit einer höchst ungewöhnlichen Ermahnung warnte der Leiter des israelischen Innengeheimdienstes Shin Bet, dass zunehmende Aufstachelung politische Gewalt auslösen könne.

Diese Kampagne Druck auszuüben könnte funktionieren, weil das Veränderungslager über gerade einmal 61 Parlamentsmitglieder gegenüber 59 im Lager Netanyahus verfügt; ein einziger Parlamentarier, der von ihm wegewechselt, würde die Bildung einer Regierung scheitern lassen und die gefürchtete fünfte Wahl innerhalb von nur etwas mehr als zwei Jahren erforderlich machen.

Bislang ist die Kampagne jedoch fehlgeschlagen, dank prinzipienfester Politiker. Sa'ar, langjähriges Mitglied von Netanyahus Partei, veranschaulicht ihr Vorgehen. Netanyahu bot ihm vor kurzem an Premierminister zu werden, wenn er nur sein Wahlversprechen nicht einhält keine Koalition mit ihm zu bilden. Aber Sa'ar widerstand der Versuchung sofort und setzte stattdessen auf den weit bescheideneren Posten des Justizministers in der Regierung der Veränderung. Wenn das nicht aus Prinzip geschah, dann weiß ich nicht, was Prinzipien sind.

Daher hoffe ich, dass die Druck-Kampagne fehlschlägt. Ja, Netanyahu war ein ausgezeichneter Führungspolitiker; aber mehr als fünfzehn Jahre als Premierminister hinterlassen ihn begraben unter Gerichtsprozessen, die seine Prioritäten verzerren und früheren Verbündeten, die seiner Führung misstrauen und sie ablehnen. Darüber hinaus ist die Druck-Kampagne unethisch und gefährlich. Aus diesen (und einer ganzen Menge anderen) Gründen ist Netanyahu selbst zum Fokus des nationalen Streits geworden. Israels derzeitiges Drama hat fast einen politischen Inhalt – weder den Iran noch die Annexion der Westbank, die Palästinenser, die Wirtschaft oder die Pandemie – sondern konzentriert sich stattdessen auf seinen Charakter.

Benjamin Netanyahu (hier mit Trump bzw. mit Putin) ist das beherrschende Thema der israelischen Politik

Nur wenn Netanyahu das Premierminister-Amt verlässt können konservative und Zentrumsparteien zusammenkommen und als Einheit regieren. Wäre Netanyahu weg, könnte die jetzige schlecht konzipierte, sogar freakige Koalition mit 61 Abgeordneten aus dem gesamten politischen Spektrum (rechts, mitte, links und islamistisch) durch einem weit sinnvollere Rechts-Mittel-Block aus 81 Abgeordneten, also mehr als zwei Dritteln der 120 Parlamentssitze, ersetzt werden. Das würde Israel erlauben endlich die Regierung zu bekommen, die dieses zunehmend konservative Land verdient und eine, die ausdrücklich die zwei langfristigen und grundsätzlichsten internen Themen angehen kann: die wachsende hareidische (ultraorthodoxe) und die muslimische Bevölkerung des Landes zu integrieren.

Die hareidische Gemeinschaft hat sich erfolgreich zum Schutzbefohlenen der Regierung gemacht, dei von Zuteilungen abhängig ist, während sie Militärdienst umgeht und in vielen Fällen den Staat nicht anerkennt. Diese Kombination generiert wenig überraschend beträchtlichen Unmut bei den Steuern zahlenden und Militärdienst leistenden Landsleuten. Liberman – der für die Aufsicht über die Staatsfinanzen vorgesehen ist – hat die Integration der Hareidis zu seiner Top-Priorität gemacht und versprochen seine Position dazu zu nutzen "alles zu tun, um ihnen Bildung zukommen zu lassen sowie sie in die Lage zu versetzen einen Beruf zu erlernen und auf eigenen Füßen zu stehen". Er ist ideal aufgestellt diese Aufgabe zu auszuführen.

Israels hareidische und muslimische Bevölkerung stellen eine Gefahr dar.

Israels Muslime sind noch problematischer, wie die Krawalle des letzten Monats lebhaft in Erinnerung gerufen haben. Wie ich vor fast einem Jahrzehnt feststellte, bleibt das ultimative Problem, dass die meisten von ihnen "nachdrücklich illoyale Bürger des jüdischen Staates bleiben wollen (statt loyaler Bürger eines Palästinenserstaats zu werden)." Einerseits schätzen sie die vielen Vorteile des Lebens in Israel, vom Lebensstandard über die Rechtstaatlichkeit bis zum Versicherungsschutz, andererseits behalten sie eine weit verbreitete und tief sitzende Feinschaft gegen die Einbindung in das zionistische Vorhaben bei. Dieser Widerspruch ist viel zu lange beiseitegelassen worden und benötigt eine ehrliche, anhaltende Betrachtung mit einem Auge für kreative Lösungen; kommunale Autonomie-Angebote nach Art des Nahen Ostens bieten einen möglichen Ansatz.

Solange Benjamin Netanyahu Premierminister bleibt, bleibt Israels Politik in einer Sackgasse, statisch und festgefahren. Daher ist es Zeit Netanyahu für seine bemerkenswerte Arbeit zu danken und, da seine Ära zu Ende geht, nach vorne zu blicken und Israel zu neuen Höhen zu bringen.

Daniel Pipes (www.DanielPipes.org @DanielPipes) ist Präsident des Middle East Forum
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