Liebe Frau Do, zusammen mit den Präsidenten aus Polen und dem Baltikum wollte Frank-Walter Steinmeier in die Ukraine reisen, um dem Land die geschlossene Solidarität der EU zu versichern. Doch der deutsche Bundespräsident ist in der Ukraine nicht willkommen. Anscheinend nimmt man ihm seine russlandfreundliche Politik früherer Jahre übel oder will generell ein Zeichen setzen gegen die aus ukrainischer Sicht zu zögerliche Unterstützung aus Deutschland. In Kiew werde ein Besuch des deutschen Kanzlers erwartet, keine symbolische Visite des Präsidenten, war ebenfalls zu hören. Vielleicht ist der Krieg auch längst an einem Punkt angekommen, da es keine Zwischentöne mehr gibt. Angesichts des menschlichen Leids in der Ukraine und des Grauens, das dem Osten des Landes wohl bevorsteht, ist das nachvollziehbar. Klug ist es nicht. Die Ausladung Steinmeiers sei ein Affront, der am Ende dem russischen Herrscher Wladimir Putin in die Hände spiele, schreibt mein Kollege Gregor Mayntz in seinem Kommentar. Heute wichtig: Ukraine I: Wegen der Kriegsgräuel in der Ukraine hat US-Präsident Joe Biden dem russischen Staatschef Wladimir Putin Völkermord vorgeworfen. Die Beweise dafür häuften sich, sagte Biden in der Nacht. Weitere Entwicklungen finden Sie in unserem Newsblog. Ukraine II: Der Bundespräsident ist nicht erwünscht, der Kanzler hat bisher noch keinen Besuch angekündigt – somit sind Anton Hofreiter (Grüne), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Michael Roth (SPD) die bisher ranghöchsten deutschen Politiker, die die Ukraine seit Kriegsbeginn besuchten. Die drei Ampelpolitiker fordern von der Bundesregierung nun die Lieferung schwerer Waffen an die Regierung in Kiew sowie ein Ölembargo gegen Russland. New York: Dramatische Szenen in der New Yorker U-Bahn: Bei einem Vorfall mit Schüssen und Rauchschwaden sind am Dienstag mitten in der morgendlichen Rushhour im New Yorker Stadtteil Brooklyn mindestens 23 Menschen verletzt worden. Noch ist unklar, welches Motiv hinter dem Angriff steckt. Meinung am Morgen: Verantwortung: Der Rücktritt von Bundesfamilienministerin Anne Spiegel von den Grünen wirft generelle Fragen nach der Rolle von Pflichtbewusstsein und Verantwortung in der Gesellschaft auf. Seine Pflichten zu vernachlässigen, habe oft mit einem falsch verstandenen Freiheitsbegriff zu tun, schreibt Julia Rathcke in ihrem Kommentar. Mali: Im Sommer muss der Deutsche Bundestag über die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Mali entscheiden. Was bei dieser Abwägung zu beachten ist, beleuchtet Holger Möhle in seinem Kommentar. Unter anderem geht es um die russische Söldnertruppe „Wagner“, die in Mali aktiv ist, und um die Frage, wie Putin einen Rückzug deutscher Truppen aus dem westafrikanischen Land für seine Zwecke nutzen würde. Ukraine III: Es gibt Berichte über den Einsatz von Chemiewaffen in der fast völlig eroberten ukrainischen Stadt Mariupol. Wie plausibel diese Berichte sind, wägt Gregor Mayntz in seiner Analyse ab. Die Chemiewaffen-Analyse der Nato beruhe auf dem Wissen um beträchtliche Bestände der Russischen Föderation und ihre Neigung, Gift sogar zur Bekämpfung politischer Gegner einzusetzen, schreibt er und überlegt zudem, wie der Westen in der Vergangenheit auf das Überschreiten von roten Linien der Kriegsführung reagiert hat. So gesehen: Nun sind also kurz nacheinander zwei Politikerinnen zurückgetreten und haben für ihre politischen Fehler auch familiäre Gründe genannt. Das mache Politik menschlicher, könnte man sagen. Doch muss man wohl auch festhalten, dass Frauen viele Jahre darum gekämpft haben, in anspruchsvollen Jobs nicht ständig danach gefragt zu werden, wer denn jetzt ihre Kinder versorgt und wie die zurechtkommen ohne Mutti. Väter in hohen Positionen werden das nämlich auch nicht gefragt. Die Trennung von professioneller Rolle etwa als Politikerin und sozialer Rolle etwa als Mutter ist ein Erfolg der Frauenbewegung, denn sie befreit Frauen aus früheren Zwängen. Doch diesem Erfolg haben die zurückgetretenen Ministerinnen Ursula Heinen-Esser und Anne Spiegel durch ihre Selbstverteidigungsreden geschadet, denn in der Krise haben sie nicht professionell Verantwortung übernommen, sondern ihre Kinder und Familien vorgeschoben – und damit das Bild der überforderten Mutter bedient, das so lange gegen berufstätige Frauen ins Feld geführt wurde. Was die beiden privat meistern mussten und wie sehr es sie belastet hat, darüber verbietet sich jedes Urteil. In der Bewertung ihrer politischen Leistung sollte es keine Rolle spielen. Und in der ihrer Fehlleistungen auch nicht. Kommen Sie gut in den Tag! Herzlich, Ihre Dorothee Krings Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |