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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 24.11.2020 | Teils bewölkt bei max. 8°C. | ||
+ Kommentar zum Böllerverbot + Schule mit Corona: 59 Minuten ohne Ansteckung + Tagesspiegel startet mit neuer Beilage + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, wir starten mit einem Rrrrummmmms in den Tag: An Silvester darf wohl doch geknallt werden. Die Ministerpräsidenten haben sich am späten Montagabend gegen das von Berlin vorgeschlagene generelle Verkaufsverbot von Böllern und Raketen entschieden. Stattdessen soll auf Eigenverantwortung gesetzt werden, darauf hatten vor allem die CDU-regierten Länder gedrängt. Feuerwerke auf großen Plätzen sollen verboten werden können, Menschenansammlungen sind ohnehin untersagt. Nur das Kanzlerinnenamt muss noch zustimmen. Damit ist’s wohl aus mit dem rot-grünen Traum, den deutschen Knallfröschen in diesem Jahr Vernunft einzuimpfen. Schließlich sind Böller umweltschädlich, verstören Tiere, zerstören schlimmstenfalls Gliedmaßen. Kurz: Sie sind ähnlich überflüssig wie überschnelle Autos, Alkohol und Zigaretten. Und diese Pandemie schien ein guter Anlass, die Gesellschaft endlich ein Stück weiter in Richtung Ratio zu rücken. Nein, die Freiheit von Dieter und Deniz wird nicht am Raketenregal im Supermarkt verteidigt. Aber es drängte sich doch der Eindruck auf, dass die Zeit der Entbehrungen genutzt werden sollte, den Menschen dieses – ohnehin vielen lästige – Hobby auszutreiben. Die Begründung dafür wirkt moralisch unanfechtbar: Wer böllert, gefährdet die coronabedingt knappen Behandlungsressourcen. Ärgerlich nur, dass überhaupt keine Zahlen vorliegen, wie viele „Bölleropfer“ an Silvester auf den Intensivstationen landen, weil sie so niedrig sind. Fünf Prozent der gesamten Eingänge auf Rettungsstellen in Berlin werden zum Jahreswechsel durch Feuerwerkskörper verletzt, 95 Prozent haben nichts damit zu tun. Intensivmedizinisch behandelt werden vor allem Verkehrsunfallopfer. In den Rettungsstellen nüchtern am Neujahrstag Schnapsleichen aus. Ein generelles Alkohol- und Fahrverbot an Silvester fordert deshalb kaum jemand. Das klänge wohl doch zu sehr nach Prohibition. Ein Verkaufsverbot von Böllern und Raketen wäre in diesem Jahr aber vor allem eines gewesen: eine blitzende, donnernde Politik-Show. | |||
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Was außerdem im Beschlusspapier steht: Neben der Abkehr vom Böllerverbot haben sich die Länder am Montag auf diese vier wichtigen Punkte geeinigt: + Die Kontaktbeschränkungen sollen bis 20. Dezember verlängert und verschärft werden. + Es dürfen sich nur noch maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen (Ausnahme sind Kinder unter 14 Jahren). Eine Perspektive bis in den Januar hinein wird angestrebt. + Ausnahme Weihnachtszeit: In der Zeit zwischen dem 23. Dezember und dem 1. Januar dürfen sich bis zu zehn Personen treffen, es gilt keine Haushaltsbegrenzung. + In dem Papier wird empfohlen, die Weihnachtsferien auf den 19. Dezember vorzuziehen, verpflichtend soll diese Regel für die Länder nicht sein. Anders als in den Vorwochen hat das Kanzleramt keinen eigenen Vorschlag an die Presse durchgestochen und so versucht, den Lockdown-Rhythmus zu diktieren. Die Chefs der Senats- und Staatskanzleien der Länder beraten den abgestimmten Vorschlag heute um 13 Uhr mit dem Kanzleramt. Am Mittwoch tagen dann Ministerpräsidenten und Kanzlerin. | |||
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Die herausragende und mutmachende Nachricht des Tages: Gesundheitsminister Jens Spahn hat am Montag angekündigt, dass in Deutschland womöglich schon ab Mitte Dezember die ersten Impfungen beginnen könnten. „Es gibt Anlass zum Optimismus, dass es noch in diesem Jahr eine Zulassung für einen Impfstoff in Europa geben wird. Und dann können wir mit den Impfungen sofort loslegen“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nach den Biotech-Unternehmen Biontech und Moderna hat am Montag auch der Pharmakonzern AstraZeneca positive Zwischenergebnisse einer Studie gemeldet. Der Impfstoff sei zu 70 Prozent wirksam. Im Gegensatz zu den anderen beiden Impfstoffen soll er aber leichter ausliefer- und lagerbar sein. Spahn erklärte, er sei zuversichtlich, dass vor Ende 2021 zwei Drittel der Deutschen geimpft seien. Pieks. Ahhhhhhh. | |||
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Corona kurios in Reinickendorf: Am Humboldt-Gymnasium in Tegel (1150 Schüler) wird jetzt der Unterricht auf maximal 59 Minuten verkürzt. Keine Minute länger. In einer Rundmail, die dem Checkpoint vorliegt, hieß es: „Ab dem kommenden Montag, den 23.11.2020, werden alle Unterrichtsstunden, die bisher 60 oder 75 oder 90 Minuten dauerten, im Umfang von 59 Minuten durchgeführt. Mit dieser Maßnahme können wir nach aktuellem Stand sicherstellen, dass nicht automatisch alle Lehrkräfte, die in einer Lerngruppe mit einem positiven Corona-Befund unterrichtet haben, in Quarantäne gehen müssen. Wir hoffen damit den weiteren Ausfall von Präsenzunterricht abzumildern.“ Moment. Weil die Unterrichtseinheiten künftig 59 Minuten dauern statt 60 Minuten muss eine Lehrkraft nicht in Quarantäne? Weil Sie dann ein Aerosolpartikel weniger eingeatmet hat? Direktor Jörg Kayser bestätigt die neue Regelung. „Das stimmt, weil wir eine Schule sind, die ein besonderes Stundenmodell hat. Das heißt, im Normalfall haben wir 60 und 75 Minuten Unterricht“, sagt Kayser am Checkpoint-Telefon. „Wenn der Unterricht länger als 60 Minuten dauert und es einen positiven Befund in einer Lerngruppe gibt und dann alle in Quarantäne müssen, ist das für uns eine zu bedrohliche Situation.“ Ihr Ziel sei es, die Gesundheit und das Unterrichtsangebot zu erhalten. „Da das Gesundheitsamt inzwischen hochbelastet ist, versuchen wir in dem Handlungsspielraum, den wir haben, selbst zu agieren – immer in Absprache mit der Schulaufsicht“, sagt Kayser. Zuerst hätte er eine Regelung mit 45 Minuten pro Unterrichtsstunde geplant, doch das hätte zu viel Unterrichtsausfall bedeutet. Prioritäten. Inwiefern nun das Ansteckungsrisiko bei 59 Minuten geringer sein soll als bei 60 Minuten, ist zwar immer noch nicht klar. Allerdings ist das Humboldt-Gymnasium ohnehin ein Spezialfall: Lehrer und Schüler in Tegel lassen sich einmal die Woche bezahlt durch eine Biotech-Firma durchtesten. Die Testbeteiligung bei den Lehrern liege bei 100 Prozent, von den Schülern machten etwa 70 Prozent mit. „Dadurch haben wir einen sehr genauen Überblick, können immer reagieren und sind sehr gut aufgestellt“, sagt Kayser. Den Schulbetrieb sollen die vielen Tests aber lieber nicht gefährden. | |||
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Taxi, Taxi, Taxi! Nach unserem Spaziergang entlang der Agnes-von-Zahn-Harnack-Straße im Checkpoint von gestern, haben uns zahlreiche Hinweise zur Rechtslage in verkehrsberuhigten Straßen erreicht. Das Bezirksamt Mitte hatte geschrieben, an der Straße gebe es keinen Gehweg, weil eine „einheitliche Fläche für alle Verkehrsteilnehmer“ vorliegt. Deshalb könne auch das Parken von Taxis auf einem Gehweg nicht vom Ordnungsamt geahndet werden. Logisch. Ein Blick in die Straßenverkehrsordnung sagt: Tatsächlich ist laut Paragraph 12 StVO das Parken im verkehrsberuhigten Bereich nur auf extra markierten Flächen erlaubt. Wer sein Auto verbotswidrig außerhalb der gekennzeichneten Flächen abstellt, muss laut Bußgeldkatalog 2020 mindestens 10 Euro zahlen, bei Behinderung anderer werden es 15 Euro und wer länger als drei Stunden steht, zahlt 20 Euro. Wir wollten vom Bezirksamt Mitte wissen, ob die Rechtslage im Bezirk anders interpretiert wird. Leider: Keine Antwort bis Dienstschluss. Wir spazieren morgen nochmal vorbei. | |||
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Ost-Ost-Ost-Berlin: Heute startet ein neues Herzensprojekt. Jeden Dienstag liegt dem Tagesspiegel ab jetzt die „Leute“-Beilage für den Osten der Stadt bei – von Pankow bis Köpenick, von Mitte bis Marzahn. Auf zehn zusätzlichen Seiten lesen Sie über die Menschen in den Häusern nebenan, was sie schaffen, wo sie anpacken, woran sie verzweifeln. Zum Start mit Straßensängern in Prenzlauer Berg, dem Stadtstreicher aus Köpenick, der ehemaligen Hausbesetzerin in Hellersdorf und Kultursenator Klaus Lederer, der über das Theater an der Parkaue in Lichtenberg schreibt. Im Osten viel Neues. Ab jetzt im Tagesspiegel – am Kiosk, voll analog, und im E-Paper, voll digitalisiert. Vier Wochen gratis testen. Wir wünschen großen Spaß! | |||
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