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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 18.11.2021 | 8°C bei vernieselter Nässe. | ||
+ Auffrischungsimpfungen sind in Berlin jetzt schon nach fünf Monaten möglich + RKI-Chef Wieler: „Wir werden ein schlimmes Weihnachtsfest erleben“ + Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt wird auch 2021 nicht stattfinden + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, misst man den Gemütszustand einer Gesellschaft anhand der Zahl der Ausrufezeichen, die in Leserbriefen und Whatsapp-Familiengruppen verwendet werden, geht es uns im Schnitt gerade eher sehr schlecht. Die Murmeltierhaftigkeit dieser Tage mit rasant eskalierenden Inzidenzen, dem dritten Herbst von Friedrich Merz, der Wiedergeburt von „Wetten, dass..?“ und „TV Total“ kann einen an vielem zweifeln (und verzweifeln) lassen. Manches mehr, das andere weniger, natürlich. Hört das jemals auf? Das fragte sich Murmeltiertagsexperte Bill Murray im Film. Ein Psychologe vertröstete ihn auf den nächsten Tag. Nun ja. Die gute Nachricht: Sowas Beknacktes wie den Murmeltiertag gibt’s gar nicht. Und auch dieses Jahr – es geht voran. Und vorbei. Genau wie diese Pandemie. Wir versuchen, Sie bis dahin bestmöglich informiert, kritisch und so häufig wie möglich – trotz alldem – mit einem Grinsen durch den Tag zu bringen. Schauen Sie mal, drei Murmeltiere (klick)! Bleiben Sie up to date: In unseren Corona-Blogs halten wir Sie über alle Entwicklungen in Berlin und in Deutschland live auf dem Laufenden – mit exklusiven Nachrichten und allem, was Sie wissen müssen. Wenn sich etwas ändert, sind Sie dabei. | |||
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Auffrischung gefällig? Der Berliner Senat hat am Mittwoch die empfohlene Zeit zwischen Zweit- und Boosterimpfung auf fünf Monate verkürzt – das hatte Gesundheitsminister Jens Spahn am Dienstag angeregt, in Israel ist es längst Praxis. Die Regel gilt ab heute. Ein Blick in die Berliner Krankenhäuser zeigt die Notwendigkeit: Die Zahl der Impfdurchbrüche steigt. Im Oktober waren schon 28 Prozent der hospitalisierten Patienten geimpft. Nein, liebe Querdenkerinnen und Impf-Skeptiker: Das spricht nicht gegen die Impfung. Es zeigt, dass ihre Wirksamkeit nach einer Zeit nachlässt – bei einigen Impfstoffen schon nach drei, vier Monaten. Wie sehr, das hängt auch vom Patienten ab (die Analyse des Kollegen Jan Kixmüller lesen Abonnenten hier). Das Krankenhaus Havelhöhe impft deshalb sogar noch früher. Wie das geht und warum ihm das wichtig ist, hat der Chef des Impfzentrums meinem Kollegen Henning Onken erklärt (Tplus). | |||
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Die Termine für eine Auffrischungsimpfung werden schon jetzt teilweise knapp. Diese vier Wege führen zum dritten Piks: + In einem landeseigenen Impfzentrum können Sie sich fünf Monate nach Erhalt der Zweitimpfung boostern lassen. In Lichtenberg wird ein neues Impfzentrum errichtet, es wird mehr Termine geben. Sie können jetzt für einen späteren Termin buchen. Sie brauchen nicht warten, bis der Stichtag kommt. + Fragen Sie bei Ihrem Hausarzt nach einer Auffrischungsimpfung – viele Ärzte impfen schon früher als zurzeit empfohlen, wenn es Gründe dafür gibt. + Buchen Sie einen Termin bei einem Arzt über die Plattform Doctolib. Dort bieten sehr viele Praxen Termine an. Die KV Berlin hat einen Übersichtsseite erstellt, welche Ärzte „fremde Patienten“ impfen. Fünf Monate sind eine Empfehlung, kein Gesetz. Ein Anruf oder eine E-Mail klärt, ob Ärzte gegebenenfalls auch früher drittimpfen. + Das Krankenhaus Havelhöhe impft schon nach vier Monaten. Die Termine sind zurzeit ausgebucht, es sollen aber rasch neue dazu kommen. Wunderbar: Ab Wannsee kann man die Fähre dorthin nehmen. Spritzentour! | |||
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Ausgehen, miteinander essen, voneinander lernen, miteinander umzugehen: Wir haben unsere 2G-Restaurant-Karte aktualisiert. Dort können Sie sehen, welche Restaurant, Cafés und Bars in Berlin die Corona-Regeln auch wirklich kontrollieren. Mittlerweile finden Sie dort mehr als 500 Orte, an denen Sie sicher miteinander umgehen können, während Sie eine Carbonara weghauen, einen heißen Chai schlürfen oder das dritte Hefeweizen kippen. Danke an Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass Sie mithelfen. Jetzt können Sie uns noch einfacher Orte schicken – und zwar mit diesem Formular (klick). Neue Läden erscheinen nach einer Prüfung auf der Karte. Sichere(re) Sache. | |||
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In meiner Heimatstadt Magdeburg eröffnet am kommenden Montag der Weihnachtsmarkt. Der Veranstalter verkündete gestern Abend via Twitter: „Mit Glühwein. Ohne 3G, ohne 2G (bis auf einige Innenbereiche), ohne Einlasskontrollen. ABER: Mit Maskenpflicht überall dort, wo keine 1,5 Meter Abstand gehalten werden können.“ Kurz zuvor hatte der sonst zurückhaltende Lothar Wieler, Chef des RKI, eine Brandrede bei einer Expertenanhörung des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) gehalten. Die wichtigsten Zitate von Wieler (hier im Video): + Zur Lage auf den Intensivstationen: „Wir laufen momentan in eine ernste Notlage. Wir werden wirklich ein sehr schlimmes Weihnachtsfest haben, wenn wir jetzt nicht gegensteuern.“ + Weitere Maßnahmen: „Clubs und Bars sind Hotspots, aus meiner Sicht müssen die geschlossen werden. Großveranstaltungen müssen abgesagt werden.“ + Dazu, vulnerable Gruppen zu schützen: „Es ist naiv, zu glauben, dass bei hohen Inzidenzen diese Menschen geschützt werden können. Das geht nicht! [...] Ich bitte sie, diese naiven Gedanken zu vergessen, wir müssen die Inzidenzen senken.“ + Zum Einfluss der Experten auf die Corona-Politik: „Das ist eine klare Sprache, aber ich kann es nach 21 Monaten schlichtweg nicht mehr ertragen, dass es vielleicht wieder nicht erkannt wird, was ich und viele andere Kolleginnen und Kollegen sagen.“ + „Deutschland läuft sehenden Auges auf eine Notlage zu. Jetzt ist deshalb eine nationale Kraftanstrengung notwendig.“ Die Vorstellung, wie man sich auf dem Weihnachtsmarkt glühweinbeschwipst die Aerosole in die Knubbelnasen haucht, lässt den Finger nun doch über der Ausrufenzeichentaste zittern. „Mit Glühwein. Ohne 3G, ohne 2G“, aber als Aufforderung, lieber nicht hinzugehen. | |||
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Doch warum in die Ferne schweifen? Am kommenden Wochenende spielt Corona-Super-Vorbildclub Union Berlin vor voller Hütte gegen Hertha BSC. Stadtderby. Immerhin: Es gilt 2G. Wird der digitale Impfpass wirklich kontrolliert? Werden Ausweise zum Abgleich gefordert? Von den Club-Ultras? Man darf zweifeln. Bei unserer Umfrage (CP von gestern) waren 84 Prozent der Abstimmenden der Meinung, dass das Risiko dieses Spiels zu hoch ist. Mehr als 3000 Menschen haben mitgemacht. Kollege Claus Vetter kommentiert: „Volles Haus, volles Risiko, voll daneben.“ | |||
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Ach, eine neue Koalition wird in Berlin auch verhandelt. Wahrscheinlich sitzen die Verhandler noch immer auf dem EUREF-Campus in Schöneberg. Thema: Mobilität. Zwei Beamer strahlen Absatz für Absatz des Textes an die Wand, Komma für Komma wird durchgesprochen. Bei einer Pressekonferenz am Abend konnten die Unterhändler nur so viel sagen: Verkehr wurde noch gar nicht verhandelt, erstmal war der Klimaschutz dran. Vereinbart wurde: Klimaneutralität „so schnell wie möglich“ (aber ohne Datum), mehr Solarpower für Berlin und Kohleausstieg spätestens 2029 (nicht erst 2030). Außerdem soll es eine Art Klimaschutz-Kabinett geben, das Thema Querschnittsaufgabe der gesamten Regierung werden. Franziska Giffey war wichtig: Auch Sauberkeit ist Naturschutz – deshalb soll die BSR künftig noch mehr Parks reinigen, häufiger Sperrmüll abholen. Die Rede dazu war flammend, einzuwenden ist dagegen wenig. Den Gesichtsausdrücken nach zu urteilen, ist „das Müllthema“ Bettina Jarasch und Klaus Lederer aber eher geht so wichtig. Eigentlich soll sonst aber alles tutti paletti sein: Zeitplan gut, Laune gut, Koalition gut. | |||
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Der Linkspartei hatte von der rot-grün-roten Eintracht anscheinend niemand rechtzeitig berichtet. Mist aber auch. 44 Delegierte haben einen Antrag auf einen Sonderparteitag gestellt – weil die Genossen mit den Vereinbarungen im Sondierungspapier hadern. Sie fürchten einen „Roll Back“ in der Stadtentwicklungspolitik: mehr Beton, keine Enteignungen. Womöglich kommt das Manöver Parteichefin Katina Schubert und Spitzenkandidat Klaus Lederer gar nicht so ungelegen: Stärkt es doch die Verhandlungsposition der kleinsten Regierungspartei – schließlich steht auch noch eine Urabstimmung über den Koalitionsvertrag an. Das Problem der Linken: Auch die FDP hält sich bereit – und gegen eine sozialliberale Partnerschaft hätte zumindest Franziska Giffey wenig einzuwenden. Die Linke wird sich entscheiden müssen: Zwischen der Kunst des Möglichen und Siechtum in Schönheit. | |||
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Und noch ein – sehr wichtiges – Bruchstück aus den Verhandlungen: Stand jetzt könnte das Bildungsressort wieder an die SPD gehen. Die Grünen würden das Ressort wohl nur nehmen, wenn sie vier Senatsverwaltungen bekommen – sie zieren sich vor dem „Verlierer-Ressort“. Die bisher einzige grüne Bildungssenatorin Berlins, Sybille Volkholz, hat dafür wenig Verständnis: „Die Verantwortlichen sollten vielleicht weniger auf ihre persönliche Karriere blicken als darauf, was die Berliner Schule braucht, und das ist doch wohl eine neue Bildungspolitik“, sagte Volkholz. Sie verweist auf Baden-Württembergs grünen Ministerpräsidenten Kretschmann. Der habe mal sinngemäß gesagt: Erst Land, dann Partei, dann Person. Nur hören Berliner Grüne selten auf Wahlsieger. Wir versuchen es mit Robin Hood: „Im Sherwood Forest gehen Gespenster um, Sir.“ | |||
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