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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 06.12.2021 | Stark bewölkt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. | ||
+ Berliner SPD fordert Boykott von Fußball-WM in Katar + Woolworth in Zehlendorf „verzichtet“ auf 2G-Kontrolle + Berlins Müllhauptstadt bleibt Neukölln + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, wir beginnen heute mit der Sequenzierung der Berliner SPD, die für uns der Sozialdemokratiegenetiker Dr. c.p. Raed Saleh vornimmt – bitte schön: „Bildung ist unsere DNA“. Hm, da ist ja seltsam… Wie sollen wir denn das verstehen? Na, da schauen wir doch mal ins „Klexikon“, das ist eine Art Wikipedia für Kinder, die können auch komplizierte Dinge einfach erklären. Moment… hier: „Die DNA ist ein langer, sehr dünner Faden.“ Aha! Das macht die Sache schon klarer – damit ist bestimmt der Geduldsfaden von Eltern und Lehrkräften gemeint, denn nach einem Vierteljahrhundert sozialdemokratischer Schulpolitik ist der zum Zerreißen gespannt: die Schulen marode, die Digitalisierung verpennt, die Pädagogen vertrieben, die Spaltung vertieft. Bei allen Vergleichstests in Deutsch und Mathe landen die Berliner Schülerinnen und Schüler seit Jahren auf den schlechtesten Plätzen. In der neunten Klasse erreicht ein Drittel von ihnen nicht mal die Mindeststandards. Jeder fünfte Schüler hat am Ende so wenig gelernt, dass er oder sie wegen völlig unzureichender Fähigkeiten beim Rechnen, Lesen und Schreiben nicht berufsbildungsfähig ist. Und mehr als zehn von hundert Jugendlichen verlassen die Sekundarschule ganz ohne Abschluss. Das ist also die DNA der Berliner Bildungspolitik: A wie Ausfall (statt Adenin), G wie Grundschulversagen (statt Guanin), C wie Curriculum-Chaos (statt Cytosin) und T wie Turnhallendacheinsturz (statt Thymin). Beim Landesparteitag der SPD (91,5 % Zustimmung zur neuen Koalition) sagte Saleh, der Bildungserfolg dürfe nicht davon abhängen, wo ein Kind in Berlin aufwächst: „Jeder dieser kleinen Menschen muss eine Chance haben.“ Ja, klar, was denn sonst? Wenn die kleinen Menschen im „Klexikon“ nachschauen, erfahren sie, dass sie sich die DNA auch wie eine Strickleiter vorstellen können. Es ist höchste Zeit, sie in Berlin endlich herunterzulassen. | |||
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„Doha, Dubai wir kommen“, jubilierte „Berlin Partner“-Chef Stefan Franzke noch vor ein paar Tagen über seine Initiative, Berliner Unternehmen Geschäfte mit dem Sklaventreiberstaat Katar zu erleichtern. Eine kritische Bemerkung im Checkpoint zum Doppeltrip konterte sein Sprecher Lukas Breitenbach mit einer Einladung: Falls wir uns „auch mal informierenmöchten“, könnten wir uns gerne melden – „bis dahin: Fröhlich-naive Grüße.“ Die reichen wir gerne an die SPD weiter – denn die ist offenbar auch gemeint: Beim Landesparteitag forderten gestern 80 Prozent der Delegierten einen Boykott der Fußball-WM in Katar. Aus der Begründung: „Die WM in Katar kostet Menschenleben, unterstützt ein System, das Menschenrechte systematisch missachtetund Terrororganisationen fördert“ – aber „das finanzielle Geschäft darf nie höhergestellt werden als Menschenrechte.“ Zuständig für „Berlin Partner“ ist übrigens die Wirtschaftsverwaltung, und die wird demnächst von der SPD geführt. Mal sehen, ob die künftige Senatorin die Delegation von Stefan Franzke, die vom 8. bis zum 12. Februar „in die Metropole am Arabischen Golf reisen und den Wirtschaftsstandort mit seinen Eigenheiten kennenlernen“ will, dann begleitet. Ganz zufrieden scheint Rot-Grün-Rot mit der Gesellschaft jedenfalls nicht zu sein – im Koalitionsvertrag wird für 2022 eine externe Evaluation angekündigt, „um Anpassungen vorzunehmen.“ | |||
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So, bevor es weitergeht, spielen wir kurz eine neue Runde Koalitionsvertrags-Memory, frei nach dem Motto: „Was 2016 richtig war, kann durchaus auch 2021 richtig sein.“ 2016: „Die Speicherung von Personendaten beim Verfassungsschutz wird auf ihre rechtliche Zulässigkeit überprüft.“ 2021: „Die Art und Weise der Speicherung von Personendaten beim Verfassungsschutz werden wir (…) durch die/den Berliner Datenschutzbeauftragte*n überprüfen lassen.“ Es kommentiert Friedrich Schiller: „Drum ewig prüfe, wer sich bindet.“ Das Nächste, bitte: 2016: „Die Koalition (…) wird prüfen, inwieweit die Verkehrssicherheit dadurch erhöht werden kann, dass Lkw nur noch mit entsprechender Sicherheitsausrüstung zum Schutz von Radfahrer*innen und Fußgänger*innen in Berlin fahren.“ 2021: „Die Koalition (…) setzt sich auf Bundesebene für die Einführung von Verkehrssicherheitszonen ein, um die Einfahrt von LKW ohne Abbiegeassistenzsystem unterbinden zu können und prüft, ob im Vorgriff die Einführung an Unfallhäufungsstellen realisiert werden kann.“ In den vergangenen fünf Jahren wurden mehr als 50 Radfahrerinnen und Radfahrer in Berlin bei Unfällen getötet. 2016: „Die Koalition wird auf den Ausbau der barrierefreien Angebote des öffentlich-rechtlichen wie privaten Rundfunks hinwirken.“ 2021: „Die barrierefreie, internetunabhängige und resiliente Empfangbarkeit der Rundfunkanbieter wird verbessert.“ | |||
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Na gut, es kann ja immer alles noch etwas besser werden, und manches muss auch besser werden – zum Beispiel Berlins Beitrag zum Klimaschutz. So ändern sich dann die Zeiten: Früher ging es vor allem den Grünen darum, den berühmten „Berliner Sumpf“ trockenzulegen (für die Generation Z: Korruption wurde in Berlin lange als Naturereignis betrachtet), heute will die Koalition „die Berliner Regenwasseragentur stärken und die wassersensible Stadtentwicklung im Sinne einer Schwammstadt vorantreiben“. Unser neues Wappenzeichen: der SpongeBob. Apropos Agentur – neben der Regenwasseragentur gibt es im Koalitionsvertrag noch eine Ankaufsagentur, eine Energieagentur, eine Energiewendeagentur, eine Jugendberufsagentur, eine Zero-Waste-Agentur, eine Serviceagentur, eine Digitalagentur, eine Flächenagentur und jede Menge Freiwilligenagenturen. Wozu brauchen wir da noch einen Senat? Den Begriff „Schwammstadt“ hat übrigens nicht die Koalition erfunden, sondern das Berliner Landschaftsarchitektenbüro „bgmr“ – unter der Registernummer 302015217206 ist der Begriff als „Wortmarke“ seit dem 24.03.2016 ohne Widerspruch beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen. Da sollte doch zumindest ein guter Auftrag drin sein. | |||
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Nanu… wird TXL etwa heimlich für die Politprominenz weiterbetreiben? Oder will die S-Bahn nur mal wieder Betriebsstörungsbingo spielen? Auf der Website des Bahnunternehmens, das der Senat beim großen Stadtmonopoly gerne kaufen möchte, steht jedenfalls aktuell folgende Warnung: „Sobald hochrangiger Staatsbesuch vom Flughafen Tegel in Richtung Stadtmitte fährt, wird für den nötigen Polizeieinsatz aus Sicherheitsgründen der Verkehr auf der Ringlinie von Beusselstraße bis Westend für eine halbe Stunde auf der S- und Fernbahn eingestellt.“ Aber vielleicht werden die hohen Herrschaften ja auch demnächst über Reinickendorf mit dem Fallschirm abgeworfen (entdeckt von Checkpoint-Leser Bernhard Lütkemöller). | |||
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