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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 23.05.2022 | Meist bewölkt und abends Schauer bei bis zu 23°C. | ||
+ 13. Brandanschlag seit Oktober in der Neuköllner Hufeisensiedlung + Koalition verliert die Geduld mit der Schulsenatorin + 16 Forderungen der CDU für die nächste Berlin-Wahl + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, und herzlich Willkommen zum ersten Checkpoint dieser neuen Woche. Co-Autorin der heutigen Ausgabe ist Lotte Buschenhagen. Bevor wir zu den Nachrichten aus Berlin kommen (bei denen es u.a. Neues zum Wahlchaos, den Bürgerämtern, der Bahn und der Verbreitung der Pocken gibt), hier zunächst wieder der Blick auf die Ereignisse der vergangenen Stunden beim Krieg in der Ukraine: +++ Der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Børge Brende, fordert zum Wiederaufbau der Ukraine einen „Marshall-Plan“. +++ Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie andere tödliche Konflikte ist die Zahl der durch Gewalt vertriebenen Menschen weltweit erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen auf mehr als 100 Millionen angestiegen. Das teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Montag in Genf mit. +++ Bundesjustizminister Marco Buschmann hat sich besorgt über die Kriegsgefangenen von Mariupol geäußert. „Die massiven Verstöße Russlands gegen das Völkerrecht sind völlig inakzeptabel – sie erfüllen uns aber auch mit großer Sorge mit Blick auf die Bevölkerung der Ukraine und die nun in Gefangenschaft geratenen Soldaten“, sagte der FDP-Politiker der „Rheinischen Post“. | |||
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Die Behauptung, dass „jede Stimme zählt“ (mit der auch zum 26.9.21 die Leute in die Wahllokale gelockt wurden, u.a. vom Bundestagspräsidenten), kann guten Gewissens nur noch mit „*“ und der Anmerkung „Gilt nicht in Berlin“ verbreitet werden. Blättern wir mal weiter in den 67 Aktenordnern, wo die 20.000 Seiten mit den Wahlberichten abgeheftet sind, und halten irgendwo den Finger rein… sssssssss-stopp: „Besondere Vorfälle während der Stimmabgabe, Lokal 512“ (Musikschule Friedrichshain). Und was lesen wir da (handschriftlich angefertigt, unterzeichnet von der stv. Schriftführerin)? „Zu Beginn der Stimmabgabe standen für die Zweitstimmen der Abgeordnetenhauswahl nur ungültige, da für den Bereich Charlottenburg-Wilmersdorf bestimmte Wahlzettel zur Verfügung. Der Fehler wurde gegen 8.15 vom Wahlvorstand dem Bezirkswahlamt gemeldet. Von dort kam zunächst die Weisung, mit der Wahl mit den falschen Wahlzetteln fortzufahren. Etwa 2 Stunden später bekamen wir die Information, dass die „Charlottenburg-Wilmersdorf“-Wahlzettel als ungültig zu behandeln sind. Bis dahin hatten 82 Personen diese Wahlzettel genutzt.“ Jede Stimme zählt? Nicht in Berlin! Hier weist sogar ein Bezirkswahlamt einen Wahlvorstand an, ahnungslosen Wahlwilligen ganz bewusst falsche Wahlzettel auszuhändigen – und sie anschließend für ungültig zu erklären. Das ist nicht nur dreist und hinterhältig, nein: Hier wurden Wählerinnen und Wähler vorsätzlich um ihr Wahlrecht betrogen, um das Versagen der Wahlleitung zu vertuschen. | |||
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Im Checkpoint-Podcast „Berliner & Pfannkuchen“ sagte der früherer Abgeordnete Marcel Luthe, der Einspruch gegen die Wahl eingelegt hatte, dem aber die Berichte aus den 2.257 Wahllokalen monatelang vorenthalten worden waren: „Nachdem ich jetzt einen ersten Blick auf diese Unterlagen hatte, ist mir vollkommen klar, warum niemand wollte, dass sie öffentlich bekannt werden. Es zeigt sich ausgesprochen deutlich, dass diese Wahlen auch eine strafrechtliche Aufarbeitung dringend erforderlich machen, denn wer so lapidar mit Wahlen in einer Demokratie umgeht, der gefährdet diese Demokratie“. Luthe hat wegen des Vorgangs am Sonnabend Strafanzeige erstattet (AZ 220521-1021-i00053) – er sieht u.a. einen Verstoß gegen § 108a StGB (Wählertäuschung): (1) „Wer durch Täuschung bewirkt, dass jemand bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen nicht oder ungültig wählt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ (2) „Der Versuch ist strafbar.“ | |||
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Der SPD-Abgeordnete Christian Hochgrebe, dem in Charlottenburg die Kandidatin der Grünen im Vergleich zur Wahl 2017 ziemlich auf die Pelle rückte (+ 7,3 Prozentpunkte), gibt sich dagegen gelassen – ihm ist vor allem „die aktuelle Berichterstattung (…) etwas zu aufgeregt, ohne dass es hierzu einen aktuellen Anlass gäbe.“ Motto: Gehen Sie weiter, ich will hier nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – im Japanischen auch als „mizaru, kikazaru, iwazaru“ bekannt. | |||
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Da geht es CDU-Generalsekretär Stefan Evers ganz anders – er sieht hin, hört sich um – und sagt dem Checkpoint: „Das war wirklich ein historisches Versagen. Im Ahrtal wurden die Wahlen nach der Flutkatastrophe reibungslos organisiert. Bei uns wurden die Wahlen zur Katastrophe. Das kann und wird nicht ohne Konsequenzen bleiben.” Und während die Expertenkommission des Senats noch über Konsequenzen brütet, präsentiert die CDU am heutigen Montag 16 Vorschläge für einen besseren Wahlablauf. Der Checkpoint hat schon mal reingeschaut (ausführlich auf tagesspiegel.de) – die Partei fordert vom Senat: + Einen erfahrenen Wahleiter und eine professionelle Geschäftsstelle, + die Beschaffung von Papierreserven für eine Wahlwiederholung, + die Vorbereitung einer Informationskampagne, + Pop-Up-(Brief-)Wahllokale, + einen 100-Euro-Bonus für Wahlhelferinnen und -helfer plus „Wahlhelden-Card“, + bessere Schulung der freiwilligen Helfer, + zentraler Transport ausreichender Wahlzettel, + bessere Ausstattungskontrolle, + Bürgeramtsoffensive für Wahl mit gültigem Ausweis, + mehr Wahlkabinen für ein 15-Minuten-Versprechen, + Ausschluss von Großevents am Wahltag, + dauerhafte Expertenkommission, + Räume für die Auszählung von Briefwahlunterlagen frühzeitig buchen, + Wahlverwaltung digitalisieren, + ausreichende finanzielle und personelle Mittel für Wahlen bereitstellen, + bessere Wahlbeobachtung mit Hilfe der OSZE. Und wenn Sie jetzt sagen: „Hä, das wird alles noch nicht gemacht, das ist doch eigentlich selbstverständlich!“, dann sagen wir: Herzlich willkommen in Berlin, wo der SPD-Innenexperte Bausenator wird und die SPD-Bauexpertin Innensenatorin – und mit letzterer machen wir jetzt weiter: | |||
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„Innensenatorin Spranger hat eine ‚14-Tage-Arbeitsgruppe‘ ins Leben gerufen…“, schreibt die „Morgenpost“ mit Blick auf die Bürgeramtstermine (die es nicht gibt). Und wenn Sie jetzt sagen: „Hä, das kommt mir doch bekannt vor!“, dann haben Sie sich die Checkpoint-Treuenadel verdient: Seit Gründung unseres kleinen Newsletters berichten wir hier über Ankündigungen und Arbeitsgruppen zum 14-Tage-Ziel (das eine gesetzliche Pflicht zur Grundlage hat). Hier nur ein, zwei, drei, vier Beispiele: 2016: „Expertengruppe soll das Ämter-Chaos beenden.“ 2017: „Der Senat berichtet über den Stand der Umsetzung des Leitprojektes ‚Leistungsfähiges Bürgeramt‘.“ 2018: „Gesamtstädtisches Qualitätsmanagement: Politisches Steuerungsgremium angekündigt.“ 2019: „Lenkungskreis Bürgerdienste gebildet.“ Über die Jahre kam einiger Bürgeramtsstoff zusammen, der für unsere neue Rubrik „Behördle“ (demnächst mehr dazu) geeignet wäre: „Managementcockpit“, „Digitales Informationssystem“, „Prozesslandkarte“, „weitere Weichen gestellt“, „zentrales Werkzeug“, „steuerndes Controlling“ u.v.a.m. Das Ergebnis: Terminbuchung ist bis heute Geduldsspiel und Glücksache. Der oben zitierte Spranger-Satz zur Bildung einer weiteren „14-Tage-Arbeitsgruppe“ geht übrigens so weiter: „…die bis März 2023 verbindliche Konzepte und Entscheidungen treffen soll, auch über die neuen Standorte, um das gesteckte Ziel zu erreichen.“ Das Thema ist ja auch verhältnismäßig neu, in BER-Dimensionen gerechnet. Und dann wird ja auch bald schon wieder gewählt (so oder so). | |||
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Unser Gastreporter beim Behördenpingpong in der Schulbezirksliga ist heute Ex-Bildungsstaatssekretär Mark Rackles – hier sein atemloser Bericht über ein episches Spiel, das es verdient hat, in die Schulkochbücher Berlins einzugehen: „Land Berlin stellt alte Lehrküche und Geräte in einer Schule unter Denkmalschutz. Schule soll vollständig neu saniert und erweitert werden (Schulbauoffensive Berlin); Bildungsverwaltung: ‚Küche entspricht nicht schulfachlichen Anforderungen‘ (richtig, ist ja alt); Finanzverwaltung: ‚Schulbauoffensive zahlt nur den schulfachlichen Bedarf‘; Projektträger: Dann bauen wir halt um die Küche herum; Architekten: Aber wenn es doch eine Küche ist und als Denkmal gesichert, warum nutzt man es nicht als zweite Lehrküche (Synergie!); Finanzen: Dann gibt‘s kein Geld für die (moderne) Küche; Bezirk / Bedarfsträger: Ok, dann lassen wir‘s halt als musealen nicht-schulischen Raum einfach stehen; Bildungsverwaltung: Geht gar nicht, ist ja Teil der Schule. Jeder Raum muss in schulfachlicher Nutzung nachgewiesen werden, erfordert ausführliche Begründung der Wirtschaftlichkeit und Gründe für Nicht-Nutzbarkeit, ist ja immerhin eine Küche; Bezirk: Aber … (gibt auf).“ Der Vorschlag von Rackles, um das endlose Hin und Her zu beenden: „Bei der denkmalgerechten Sanierung von Schulen werden die durch den Denkmalschutz ausgelösten Mehrkosten grundsätzlich vom Land übernommen (ich höre schon den Einwand: Denkmalamt ist zwar Land Berlin, aber eine andere Stelle, das kann man so nicht pauschal zurechnen …).“ Mit anderen Worten: Es wird ein Rückspiel geben (mindestens eins), bei dem wieder jeder jeden in die Pfanne haut. (Q: Facebook) | |||
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