Bundespräsident im Interview | Jetzt spricht Woelki | SPD-Land wackelt
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Stimme
des Westens

Moritz Döbler

06. Februar 2021

Liebe Frau Do,

unsere Berliner Redaktionsleiterin Kerstin Münstermann und ich haben den Bundespräsidenten für ein ausführliches Interview an seinem Amtssitz im Schloss Bellevue in Berlin getroffen. Es ging, natürlich, zu weiten Teilen um die Pandemie und ihre Folgen für die Menschen und den Staat. Frank-Walter Steinmeier fordert mehr politische Einigkeit: „Unser Feind ist das vermaledeite Virus!“ Der Feind sitze nicht in Brüssel oder Berlin, in Staatskanzleien oder Pharmakonzernen, für ein Schwarzer-Peter-Spiel oder vorzeitigen Wahlkampf gebe es keinen Raum. „Gelingt uns der Kampf gegen das Virus, gewinnen alle. Verlieren wir ihn, verlieren alle.“ In dem Interview verrät das Staatsoberhaupt außerdem, wann es ein öffentliches Gedenken für die Corona-Toten geben soll, wie er über Russland denkt und was er nach dem Ende des Lockdowns als erstes machen will.

Ein Interview ist auch der Kern unserer heutigen Berichterstattung zum Fall Woelki. Der Kölner Erzbischof äußert sich selbstUnser Kulturchef Lothar Schröder stellte ihm Fragen, die Rainer Maria Kardinal Woelki schriftlich beantwortete. Es ist der seltene Fall eines schriftlichen Interviews – wir machen das ungern, weil sich so kein Gespräch entwickeln kann. Aber hier ging es nur so oder gar nicht. Das Erzbistum erlebt in der Debatte um Missbrauchsskandale die schwerste Krise seiner Geschichte. Woelki hält ein Missbrauchgutachten unter Verschluss. Die Kritik wird immer lauter, der Kardinal schließt einen Rücktritt nicht mehr aus. „Die Übernahme von Verantwortung, die ich von allen anderen verlange, werde ich auch mir abverlangen“, sagt er im Interview. Reaktionen ließen nicht lange auf sich wartenLothar Schröder, Julia Rathcke und Max Plück haben sie zusammengefasst. Die Autoren erklären die Hintergründe auch im „Aufwacher“. Wie immer samstags nehmen wir uns in unserem Nachrichtenpodcast ein wenig mehr Zeit, um wichtige Themen zu besprechen. Hören können Sie die Episode hier oder in jeder Podcast-App.

Nun hat der Bundespräsident sich zwar gegen einen vorzeitigen Wahlkampf ausgesprochen. Aber natürlich gibt es kaum jemanden in der Politik, der nicht einen Gedanken an die Bundestagswahl in knapp acht Monaten verschwendet. Bedeutsam auf dem Weg dahin sind die noch anstehenden Landtagswahlen, unter anderem in gut einem Monat in Rheinland-Pfalz. Dort führt die SPD die Regierung, Ministerpräsidentin Malu Dreyer regiert in einer Ampel-Koalition. Doch die SPD könnte auch dieses Land verlieren, wie die neuen Zahlen des „Politbarometers“ zeigen, die Martin Kessler aufbereitet hat.

Auch für Steinmeier haben Kitas und Schulen Priorität bei einer Lockerung des Lockdowns, wie er uns sagte. Die Schulen haben nicht nur bei uns geschlossen, sondern in vielen Ländern der Erde, denn die Pandemie ist global. In Ägypten bringt eine Zwölfjährige Kindern und Jugendlichen in den Gassen ihres Heimatdorfs Mathe, Englisch und Religion bei. Karim El-Gawhary erzählt ihre Geschichte.

Am Wochenende soll das Wetter ja ungemütlich werden. Football-Fans dürften dennoch guter Stimmung sein, denn in der Nacht zu Montag bestreiten Tampa Bay und Kansas City das NFL-Finale. Die Tipps unserer Sportredaktion finden Sie hier, unser Newsblog bringt Sie auch durch die spannende  Finalnacht. Wer es lieber ruhiger angehen will, findet vielleicht mal wieder Zeit für einen Spaziergang. Schließlich gibt es kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung. Philipp Holstein beschreibt in seinem kleinen Essay unter Berufung auf Dichter und Denker, warum das nicht nur ein schönes, sondern geradezu glamouröses Freizeitvergnügen ist. Obendrein habe es für ihn persönlich eine wichtige soziale Funktion als „Flucht aus dem Kontakt-Overkill der Kleinfamilie im Lockdown“. Der wunderbare Text endet mit einem Zitat von Robert Walser: „Bald trat ich wieder ins helle Freie hinaus und ins Leben.“ Ich wünsche Ihnen ein Wochenende in dieser Geisteshaltung: dass Sie also ins helle Freie hinaustreten – und sei es nur gedanklich.

Herzlich

Ihr

Moritz Döbler

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