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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 03.04.2023 | bewölkt mit etwas Sonne, -1 bis 5°C. | ||
+ CDU und SPD bei Ressortverteilung einig – Giffey scheitert mit Wunschposten Innensenatorin + Zum Start des SPD-Mitgliedervotums sammeln sich Befürworter von Schwarz-Rot + Diese Namen sollte der Nettelbeckplatz nicht kriegen – Ideen sind gefragt + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, das Härteste spart man sich fürs Finale auf: Am Ende von Koalitionsgesprächen steht deshalb die „Nacht der langen Messer“ – hier wird die Ressortverteilung festgelegt, Posten verteilt. Für manch einen entscheiden sich in diesen Stunden Karrierewege. So verlor 2021 der heutige Grünen-Fraktionsvorsitzende Werner Graf kurz vorm Ziel den sicher geglaubten Senatsposten (& ist heute mit der dafür verantwortlichen Bettina Jarasch Oppositionsführer). CDU und SPD lieben es dagegen offenbar undramatisch. Nicht einmal 90 Minuten saßen die beiden Parteien gestern Abend im Berliner Abgeordnetenhaus zusammen, um letzte Hindernisse und die Ressortverteilung zu klären. CDU-Generalsekretär Stefan Evers (zu dessen Zukunft später mehr) ließ um 19.40 Uhr via Twitter ganz bildlich weißen Rauch aufsteigen. Danach ging man noch in eine Bar, Prost. Um 11 Uhr wird der Koalitionsvertrag heute am Rahel-Hirsch-Zentrum der Charité vorgestellt: 130 Seiten lang ist das Werk, über dem Text steht „Das Beste für Berlin – ein Aufbruch für die Stadt, eine Koalition für die Erneuerung, ein Regierungsprogramm für alle“. Zuvor ist womöglich Zeit für die Verhandler, mal wieder eine Nacht auszuschlafen. Ich habe mir für Sie die Nacht für ein Checkpoint-Koalitionsverhandlungsspezial um die Ohren gehauen. Damit Sie als Erste wissen, was heute (für die nächsten Jahre) wichtig wird. | |||
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Tja, nach fast einem Vierteljahrhundert wird die CDU – die Zustimmung der SPD-Mitglieder vorausgesetzt – wieder das Berliner Rathaus besetzen. Das war der Partei offenbar einiges wert: Trotz zehn Prozentpunkten Vorsprung vor der SPD besetzen beide Parteien gleich viele Senatsposten. Kai Wegner räumt mit dem Irrtum seiner Vorgängerin auf, aus der Senatskanzlei heraus nur steuern zu wollen, aber keine eigenen Themen zu besetzen. Die Verwaltungsmodernisierung (bisher im Innenressort) holt sich Wegner ins Rote Rathaus, ebenso die Themen Bund und Europa (bisher im Kulturressort). So sieht die weitere Ressort-Verteilung zwischen CDU und SPD aus: CDU: + Finanzen + Umwelt, Mobilität & Klimaschutz + Justiz & Verbraucherschutz + Bildung, Jugend & Familie + Kultur SPD: + Stadtentwicklung + Inneres & Sport + Wirtschaft, Energie & Betriebe + Gesundheit & Wissenschaft + Arbeit, Soziales & Antidiskriminierung | |||
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Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Ein Runde geht noch! Uuuund rückwärts! Auf ins Personalkarussell! Mit Namen hält sich die Koalition in spe bisher bedeckt. Ganz sicher ist man sich offenbar nicht, ob die SPD-Basis dem gemeinsamen Programm wirklich zustimmt. Einige Personalien dürfen – neben Wegner als Regierungschef – trotzdem als gesichert gelten: Der CDU-Generalsekretär und bisherige parlamentarische Geschäftsführer Stefan Evers soll nach Checkpoint-Informationen Finanzsenator werden. Katharina Günther-Wünsch (CDU) wird wie angekündigt das Bildungsressort übernehmen. Der Musikmanager Joe Chialo ist als Kultursenator im Gespräch, ebenso die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Manja Schreiner als Verkehrssenatorin. Bei der SPD ist bisher eine Frau auf ihrem Posten gesetzt: Iris Spranger. Sie wird wohl Innensenatorin bleiben – und das, obwohl auch Berlins bisherige Regierungschefin Franziska Giffey parteiintern Interesse am Amt angemeldet hatte. Aber die Zeiten, in denen sich Giffey das Amt aussuchen kann, sind in der Berliner SPD vorbei. Entschieden ist bisher wohl nichts, aber viele in der Partei rechnen damit, dass Giffey das um Denkmalschutz gestärkte Stadtentwicklungsressort übernehmen wird. Schließlich hat man im Wirtschaftsressort zwei starke Kandidaten: Senator Stephan Schwarz (parteilos) und seinen Staatssekretär Michael Biel. Für den Wechsel zu Biel spräche, dass der mitgliederstarke Kreisverband Tempelhof-Schöneberg eingebunden würde. Eine Runde geht noch! Eine Runde Rückwäääärts! | |||
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Was steht auf 130 Seiten Koalitionsvertrag? Was ist das angeblich: Beste für Berlin? Einige der Knackpunkte, die es am Wochenende noch in den Koalitionsvertrag schafften: + Rückkauf der Gasag und Fernwärme: Die CDU hat akzeptiert, den bisherigen Weg des rot-grün-roten Senats einer Mehrheitsbeteiligung gemeinsam mit Privaten fortzusetzen. + Die bis zu 10 Milliarden Euro für das Sondervermögen Klimaschutz werden ausschließlich in den drei Bereichen Mobilität (Elektrifizierung von Fahrzeugflotten), Sanierung (nur im Bestand) und Ausbau Erneuerbarer Energien (Solar, Erdwärme) investiert. Der Rückkauf der Energienetze wird nicht mit diesen Mitteln finanziert. + Für mehr als 4 Milliarden Euro sollen rund 15.000 Wohnungen vom Land Berlin angekauft werden. + A100: CDU und SPD konnten sich nicht auf eine gemeinsame Position einigen und werden sich nicht aktiv für eine prioritäre Verlängerung der Stadtautobahn einsetzen und nicht dagegen. Die Entscheidung liegt beim Bund. + Die Koalition will sich zwar für Berlin als Olympiastandort einsetzen, wenn sich Deutschland bewirbt, die Jahreszahl 2036 (100 Jahre nach der Berlin Olympiade der Nationalsozialisten) als Ziel ist aber aus dem Koalitionsvertrag gestrichen worden. + Die israelische Metropole Tel Aviv soll Partnerstadt von Berlin werden. Das hatte am Sonntag zuerst die „BZ“ berichtet. | |||
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Wovon hängt nun ab, ob Kai Wegner als guter Regierender Bürgermeister in Erinnerung bleibt oder als kurzzeitiger Profiteur einer Protestwahl in die Geschichte eingeht? Sicher nicht von Details im Koalitionsvertrag, sondern drei zentralen Themen: Verwaltung (inkl. Sauberkeit), Wohnungsbau und Verkehrswende. Überraschen darf die Koalition bei Letzterem. Stichwort: „Only Nixon…“ Mein Leitartikel heute im Tagesspiegel. | |||
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Checkpoint-Leser kennen die Reihenfolge: Freund, Feind, Parteifreund. Fast 20.000 SPD-Parteifreunde dürfen nun bis zum 23. April über den Koalitionsvertrag abstimmen. Schon heute soll das fertige Papier an die Mitglieder geschickt werden, die Antwortbögen sollen neutral und ohne Empfehlung der Parteispitze gestaltet sein. Jetzt sammeln sich aber namhafte Befürworter der Koalition mit der CDU, darunter Staatssekretärinnen wie Nicola Böcker-Giannini, Ex-Senatoren, auch Bundestagsabgeordnete. Dem Kollegen Alexander Fröhlich liegt das Schreiben „Besser mit uns. Aus Verantwortung für Berlin“ exklusiv vor. „Als SPD übernehmen wir Verantwortung und ducken uns nicht weg“, schreiben die Unterzeichner darin. „Der Weg in die Opposition ist keine Option.“ Und: „Die Schwarz-Rote Koalition ist ein Bündnis auf Zeit in einer besonderen Lage.“ Der Brief gleicht im Weiteren einer Abrechnung mit der Koalition mit Grünen und Linken, der „vertrauensvolles Miteinander“ und „gemeinsame Vision“ gefehlt hätten. Warum so viele in der SPD gerade so zufrieden mit der CDU sind? Lesen Sie hier in unserer Analyse. | |||
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Weniger gut gefallen dürfte den Genossen, was der Alterspräsident des Abgeordnetenhauses alle paar Tage auf seinem Facebook-Kanal von sich gibt. Das CDU-Urgestein Kurt Wansner schreibt dort etwa: „Unsere Bundesaußenministerin, Frau Baerbock, war ja im Irak und hat sicherlich dort mit der derzeitigen Regierung besprochen, ab wann wir die irakischen Migranten wieder in ihre Heimat zurückschicken können, um ihr Land nach dem furchtbaren Krieg wieder aufzubauen. Das gleiche müssen wir auch mit der türkischen Regierung besprechen, wann auch sie ihre Bürger in ihr Land zurückholen. Die finanzielle Belastung für die Millionen Migranten kann sich die Bevölkerung in Deutschland nicht mehr leisten.“ Ob Wansner damit die türkischstämmigen Nachbarn in seinem Kreuzberger Wahlkreis meinte, schrieb er nicht. Vor einigen Wochen sprach er dann von einem „Wahnsinnsweg von Deutschland in der Ausländerfrage“ und schon Ende Februar riet der CDU-Mann der in Stuttgart geborenen Antidiskriminierungsbeauftragten, Ferda Ataman, „Deutschland doch einfach zu verlassen“, wenn es ihr „hier nicht gefällt“. Liberale Großstadtpartei hört sich jedenfalls ganz anders an. Aber auch das ist die Berliner CDU. | |||
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