Newsletter 12/2023
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
 
das Bundesverfassungsgericht hat ein historisches Urteil gefällt. Im Kern geht es um (Achtung!) 
aufrichtige Haushaltsführung. Laut schallt der Ruf aus Karlsruhe gen Bundestag und Bundesregierung: Schluss mit dem Verstecken, Umschichten und Umdeklarieren von Schulden. Schluss mit Schattenhaushalten, notlagenbegründeten Sondervermögen oder sonstigen Buchungstricks zum Einhalten der Schuldenbremse. Gut so.
 
Erfinderisch waren Haushälter schon immer. Der römische Kaiser Vespasian ließ eine Steuer auf öffentliche Toiletten erheben. Geld stinkt nicht, hieß seine sprichwörtlich gewordene Begründung.
 
Nun stank es dem Verfassungsgericht dann aber doch gewaltig. Es erklärte eine Umwidmung von Krediten über 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig. Corona-Mittel sollten für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Jetzt stehen die Milliarden für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) nicht mehr zur Verfügung. Und wohl nicht nur die. 
 
29 Sondervermögen des Bundes sind bekannt, das älteste von 1953, das Treuhandvermögen für den Bergarbeiterwohnungsbau. Für die meisten dürfte das Risiko, dass sie nicht rechtskonform sind, gering sein. Doch nicht für alle.
 
Problematisch sind Sondervermögen, die mit einer Notlage begründet sind. Und das betrifft ausgerechnet den finanzstarken Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Der WSF 2022, immerhin bis zu 200 Milliarden Euro zum Abfedern der Corona-Pandemie, besser bekannt als „Doppel-Wumms" von Kanzler Olaf Scholz, läuft Gefahr, unter das Karlsruher Urteil zu fallen.
 
Derartige Kredite müssen nämlich in dem Jahr auf die Schuldenbremse angerechnet werden, in dem sie aufgenommen und ausgegeben werden. Für 2023 könnte das bedeuten, dass im Haushalt weitere mehr als 30 Milliarden Euro fehlen, die der Staat aus dem WSF bereits für günstigere Energie- und Strompreise verfrühstückt hat. Dumm gelaufen.
 
Ehrlich währt eben am längsten. Das gilt auch für alle anderen Tricks, die zahlreiche Bundesregierungen seit Jahrzehnten fantasiereich erfinden, um Unangenehmes kunstvoll verpackt nachfolgenden Generationen als faule Eier vor die Tür zu legen. Man denke nur an strahlenden Abfall aus Atomkraftwerken, die Rente, die Bildung, Bad Banks, die Geheimschutzstelle des Bundestages oder all die Taschenspielerschummeleien und Schönfärbereien rund um den Klimaschutz. Es bleibt viel zu tun für Karlsruhe.
 
Bleiben Sie uns gewogen.
 
Ihr
Dr. Jörg Köpke
Ohrfeige aus Karlsruhe: Justitia ist mit den Tricks der Politik nicht einverstanden.
 
Aktuelle EU-Vorhaben im Fokus des cep
Binnenmarkt
Unionsbürgerschaft: Kommission legt Paket vor

Die Kommission will am 6. Dezember ein Paket für Unionsbürger vorlegen. Das Paket wird aus drei Teilen bestehen. Der erste Teil ist der Bericht über die Unionsbürgerschaft 2023. Jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates besitzt, ist automatisch auch Unionsbürger. Damit verbunden sind zahlreiche Rechte, etwa das Recht auf Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, das Recht, sich in der EU frei zu bewegen sowie das Recht auf konsularischen Schutz. Der Bericht enthält eine Bestandsaufnahme der Anwendung dieser Rechte und stellt fest, wo Fortschritte erzielt wurden und wo Umsetzungslücken bestehen. Der zweite Teil des Pakts besteht aus einer Überprüfung der EU-Regeln zum konsularischen Schutz. Der dritte Teil des Pakets enthält überarbeitete Leitlinien zur Freizügigkeit.
 
Gesundheit
Maßnahme gegen Engpässe: Kommission legt Liste kritischer Arzneimittel vor

Ende des Monats will die Kommission eine Liste mit 100 bis 350 sogenannten kritischen Arzneimitteln vorlegen. Dies ist Teil einer Reihe von Maßnahmen, die die Kommission angekündigt hat, um Arzneimittelengpässe zu vermeiden [siehe COM(2023) 672]. Als kritisch werden Arzneimittel bezeichnet, für die es keine geeigneten Alternativen gibt und bei denen große Gefahren für Patienten bestehen, wenn sie nicht zur Verfügung stehen. Bis April 2024 sollen deren Lieferketten analysiert und jeweils konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Engpässen vorgeschlagen werden. Außerdem wird die Kommission bis Ende dieses Monats eine Studie über ein mögliches EU-Gesetz zu kritischen Arzneimitteln [siehe hierzu auch cepInput 12/2023] in Auftrag geben, um eine sogenannte Folgenabschätzung (Impact Assessment), einen ersten formalen Schritt hin zu einem möglichen Kommissionsvorschlag, vorzubereiten.
 
Trilog-Einigungen
Die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament verhandeln regelmäßig im sogenannten Trilog über EU-Gesetzesvorhaben, um eine gemeinsame Position zu finden. Wir haben für Sie die wichtigsten Trilog-Einigungen seit dem Newsletter im vergangenen Monat zusammenstellt:
Umwelt
Trilog-Einigung zum Umweltstrafrecht

Am 16. November 2023 wurde eine vorläufige politische Einigung über die Revision der Umweltstrafrechtsrichtlinie [2008/99/EG] erzielt. Für juristische Personen wird es alternativ zu den umsatzbezogenen Sanktionen Mindesthöchststrafen von 40 Mio. Euro für schwere und 24 Mio. Euro für andere Umweltstraftaten geben. Außerdem wirkt es straf­verschärfend, wenn eine vorsätzlich begangene Straftat zur Zerstörung oder zu großflächigem und erheblichem Schaden führt. Im Kern geht es um einen irreversiblen oder dauerhaften Schaden eines Ökosystems von erheblicher Größe beziehungsweise ökologischem Wert, eines Lebensraums in einem geschützten Gebiet oder der Luft-, Boden- oder Wasserqualität.

Trilog-Einigung zur Abfallverbringung

Am 17. November 2023 wurde eine vorläufige politische Einigung über die Verordnung über die Verbringung von Abfällen [(EG) Nr. 1013/2006] erzielt. Dabei wurde ein Verbot der Ausfuhr von ungefährlichen Kunststoffabfällen in Nicht-OECD-Länder beschlossen. Ein Nicht-OECD-Land, das strenge Abfallbewirt­schaftungsstandards erfüllt, kann frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung eine Aufhebung des Verbots beantragen. Außerdem müssen Abfälle, die zur Verwertung in Länder außerhalb der EU ausgeführt werden, dort auf umweltverträgliche Weise behandelt werden.

Trilog-Einigung zu Industrieemissionen

Am 29. November 2023 wurde eine vorläufige politische Einigung über die Richtlinie zu Industrieemissionen [2010/75/EU; s. cepAnalyse 18/2022] erzielt. Sie soll Umwelt und Gesundheit umfassend schützen, indem bei großen Industrieanlagen sowie Tierhaltungsbetrieben für Hühner und Schweine der Schadstoffausstoß in Luft, Wasser und Böden sowie das Abfallaufkommen reduziert wird. Künftig soll die Richtlinie auch für den Abbau von Eisen, Kupfer, Gold, Nickel und Platin gelten. Zudem werden „Umweltleistungsgrenzwerte“ eingeführt, die von den Behörden in den Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen festzulegen sind.
 
Energie
Trilog-Einigung zu Methanemissionen im Energiesektor

Am 15. November 2023 wurde eine vorläufige politische Einigung über die Verringerung von Methanemissionen im Energiesektor erzielt. Mit der neuen Verordnung werden für die Sektoren Öl, Gas und Kohle neue Verpflichtungen eingeführt, Methanemissionen zu messen, zu melden und zu überprüfen. Außerdem müssen Maßnahmen zur Minderung dieser Emissionen getroffen werden, darunter Maßnahmen zur Erkennung und Reparatur von Methanlecks sowie zur Begrenzung des Ablassens und Abfackelns.

Trilog-Einigung zum Gas-Binnenmarkt

Am 28. November 2023 wurde eine vorläufige politische Einigung über eine neue Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie Wasserstoff (H2) erzielt. Damit soll es künftig bei H2 eine Aufteilung zwischen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) und Verteilernetzbetreibern (VNB) geben. Eine gesellschaftsrechtliche Entflechtung des Betriebs von Erdgas- und H2-Netzen ist dabei lediglich für ÜNB vorgeschrieben. Somit können Eigentümer von Verteilnetzen wie etwa Stadtwerke ein eigenes H2-Vertriebssystem aufbauen und müssen dazu nur für eine buchhalterische Entflechtung sorgen. Insgesamt soll „schwer zu dekarbonisierenden Sektoren“ ein Vorrang bei der H2-Versorgung gewährt werden.
 
Gesundheit
Trilog-Einigung zum Schutz von Arbeitnehmern vor Blei und Diisocyanate

Am 14. November wurde eine vorläufige politische Einigung über eine Richtlinie über Grenzwerte für Blei und Diisocyanate erzielt. Durch Mindeststandards für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sollen diejenigen geschützt werden, die diesen schädlichen Stoffen beruflich ausgesetzt sind. Derzeit gibt es Vorschriften zur Begrenzung der Exposition gegenüber Blei, aber keine Grenzwerte für Diisocyanate. Diese werden nun erstmals festgesetzt. Diisocyanate sind eine Gruppe von Chemikalien, die in der Industrie breite Verwendung finden, insbesondere bei der Herstellung von Polyurethanen und als Härtemittel in Industriefarben, Klebstoffen, Lacken und Harzen. Die Einigung sieht unter anderem auch bestimmte Übergangszeiträume vor, so etwa bis Ende 2028 für neue Blei-Grenzwerte, damit Produktionsverfahren angepasst und erforderliche Präventions- und Schutzmaßnahmen eingeführt werden können.
 
Finanzmärkte
Trilog-Einigung zu Sofortzahlungen: Überweisungen binnen zehn Sekunden und rund um die Uhr

Am 7. November 2023 haben sich der Rat und das Europäische Parlament auf einen Rechtsrahmen für Echtzeitüberweisungen geeinigt. Die Kommission hatte hierfür bereits im Oktober 2022 einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung für den Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) vorgelegt [COM(2022) 546; s. cepAnalyse 4/2023].
Die Vorschriften zielen darauf ab, den Zahlungsverkehr in der EU attraktiver und moderner zu gestalten. Alle Zahlungsdienstleiter in der EU, die insbesondere wie Banken Standardüberweisungen in Euro anbieten, werden verpflichtet, das Versenden und den Empfang von Überweisungen in Euro rund um die Uhr in Echtzeit (Sofortzahlungen) zu ermöglichen. Dabei dürfen die Gebühren für den Echtzeitservice nicht höher sein als etwaige Gebühren für herkömmliche Euro-Überweisungen. Ferner müssen die Zahlungsdienstleiter bestimmte Pflichten zur Betrugs- und Geldwäscheprävention erfüllen. Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute sollen zudem Zugang zu Zahlungssystemen bekommen, so dass sie, nach einem Übergangszeitraum, ebenfalls den Versand beziehungsweise den Empfang von Sofortzahlungen anbieten müssen. Die Verhandler haben sich im Trilog auch darauf verständigt, dass die Mitgliedstaaten, deren Landeswährung nicht der Euro ist, mehr Zeit für die Umsetzung der Vorschriften erhalten als solche, die der Eurozone angehören.
Die nun erzielte politische Einigung im Trilog muss noch formell vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Die finalen Gesetzestexte werden voraussichtlich Anfang 2024 beschlossen.
 
Informationstechnologien
Trilog-Einigung zur digitalen Brieftasche

Am 8. November 2023 haben sich der Rat und das Europäische Parlament vorläufig auf eine Überarbeitung der Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt [eIDAS-Verordnung, (EU) Nr. 910/2014] geeinigt. Bereits im Juni 2021 hatte die Kommission die Überarbeitung der Richtlinie angestoßen [COM(2022) 204, s. cepAnalyse 25/2021].
Zentrales Element der überarbeiteten Verordnung ist die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, ihren Bürgern und Unternehmen eine digitale Geldbörse, eine so genannte EU-Brieftasche für digitale Identitäten (European Digital Identity Wallets) ausstellen zu müssen. Nutzer der neuen digitalen Brieftaschen sollen sich mit dieser künftig einfacher europaweit gegenüber öffentlichen Einrichtungen und privaten Dienstleistern ausweisen können. Zur Authentifizierung ihrer Nutzer und zur Anmeldung zu ihren Diensten werden sehr große Online-Plattformen verpflichtet, die digitalen Brieftaschen zu akzeptieren. Dies gilt auch für weitere Diensteanbieter, bei denen eine Nutzerauthentifizierung gesetzlich vorgeschrieben ist. Durch die Speicherung der nationalen digitalen Identitäten in einer solchen digitalen Brieftasche sollen Nutzer auch unter anderem direkt Bankkonten eröffnen, Zahlungen initiieren (künftig wohl auch mit einem möglichen digitalen Euro) oder Nachweise aufbewahren können, wie etwa Führerscheine, Arztrezepte, Zeugnisse oder Reisetickets, jeweils in digitaler Form.
Die nun erzielte vorläufige Einigung im Trilog muss noch formell vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Bis die neuen digitalen Brieftaschen zur Verfügung stehen, vergehen noch einige Jahre. Zunächst muss die Kommission die technischen Spezifikationen für die digitalen Brieftaschen mittels Durchführungsrechtsakten festlegen. Anschließend haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre lang Zeit für die Bereitstellung der Brieftaschen.

Trilog-Einigung zu einem sogenannten interoperablen Europa

Am 13. November 2023 haben sich der Rat und das Europäische Parlament vorläufig auf eine Verordnung über Maßnahmen für ein hohes Maß an Interoperabilität des öffentlichen Sektors in der Union (Gesetz für ein interoperables Europa) geeinigt. Bereits im November 2022 hatte die Kommission einen Vorschlag zur Etablierung der Verordnung vorgelegt [COM(2022) 720]. Die neue Verordnung enthält Maßnahmen, mit denen die grenzüberschreitende Interoperabilität von Netz- und Informationssystemen gefördert werden soll, welche die öffentlichen Sektoren der Mitgliedstaaten verwenden, um digitale öffentliche Dienste zu erbringen. Sie soll insbesondere einen Rahmen für eine effizientere Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltungen bei der Erbringung nahtloser öffentlicher Dienste zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen. Die vorläufige Einigung muss noch formell vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden.
 
Cyberresilienz: Stärkung der Cybersicherheit von Hard- und Softwareprodukten

Am 30. November 2023 haben sich der Rat und das Europäische Parlament vorläufig auf die Etablierung einer Verordnung über horizontale Cybersicherheitsanforderungen für Produkte mit digitalen Elementen („Cyberresilienzgesetz“) geeinigt. Bereits im September 2022 hatte die Kommission ihren Vorschlag dazu Gesetz vorgelegt [COM(2022) 454, s. cepAnalyse 1/2023].
Mit dem Gesetz sollen erstmalig EU-weit einheitliche Cybersicherheitsvorschriften für Hersteller, Importeure und Händler von Hard- und Softwareprodukten mit digitalen Elementen – z.B. Kühlschränke, Fernsehgeräte, Webcams, Smartcards, Betriebssysteme –, etabliert werden. Es schafft insbesondere Cybersicherheitsanforderungen an die Konzeption, Entwicklung, Herstellung und das Inverkehrbringen der Produkte. Ferner macht es Vorgaben zum Umgang und zur Behebung von Schwachstellen und verpflichtet Produkthersteller zur Bereitstellung von Sicherheitsupdates. Zudem verpflichtet es die Hersteller zur Meldung von aktiv ausgenutzten Schwachstellen oder von Sicherheitsvorfällen, die ihre Produkte betreffen. Ferner soll die Transparenz über die Sicherheitseigenschaften der Produkte gestärkt werden.
Die nun erzielte vorläufige Einigung im Trilog muss nun noch auf technischer Ebene finalisiert werden, bevor sie formell vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden kann. Nach dem Inkrafttreten des Cyberresilienzgesetz, sollen die neuen Vorgaben nach drei Jahren Anwendung finden.
 
Rohstoffe
Trilog-Einigung zu kritischen Rohstoffen

Am 13. November wurde eine vorläufige politische Einigung zum Gesetz über kritische Rohstoffe (Critical Raw Materials Act) erzielt. Beschlossen wurde unter anderem, die von der Kommission vorgeschlagene Liste mit strategischen Rohstoffen, um Aluminium zu ergänzen, womit sie insgesamt 17 verschiedene Rohstoffe umfasst. Zudem wurde das Ziel für die bis zum Jahr 2030 aufzubauenden EU-Recycling-Kapazitäten für kritische Rohstoffe auf 25% des EU-Rohstoffverbrauchs erhöht. Die Verwertung von Rohstoffen in Abfällen soll zugleich deutlich verbessert werden. Außerdem können auch Projekte, die als Substitute für strategische Rohstoffe dienende innovative Materialien herstellen, als strategische Projekte anerkannt werden. Für die Länge der Genehmigungsverfahren bei strategischen Projekten gilt eine Maximalgrenze von 27 Monaten bei Bergbauprojekten und 15 Monaten bei Projekten im Bereich Rohstoffverarbeitung und -recycling.
 
Konsultationen
Die EU-Kommission bittet Entscheidungsträger und Interessierte in der Zivilgesellschaft um Stellungnahmen zu europäischen Politikvorhaben. Wir haben für Sie die wichtigsten Konsultationen zusammengestellt:
Verbraucher
Außergerichtliche Streitbeilegung auf Digitalen Märkten

Die alternative Streitbeilegung (ADR) soll Rechtsschutz für Verbraucher gewährleisten, ohne dass sie dafür vor Gericht ziehen müssen. Die Kommission will die entsprechenden Vorschriften anpassen, da Digitale Märkte schnelle und einfache Rechtsschutzmechanismen erfordern. Am 17. Oktober hat sie dafür einen Richtlinien-Vorschlag veröffentlicht, der darauf abzielt, die Nutzung von ADR bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten zu verbessern und ADR-Verfahren durch reduzierte Meldepflichten zu vereinfachen [siehe COM(2023) 649]. Interessenträger können nun ihre Meinung zum Kommissionsvorschlag abgeben.

Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 21. Dezember 2023.
Zur Konsultation
 
Termine
5. Dezember 2023
Brüssel

Treffen des Rates der EU (Telekommunikation). Es geht u.a. um die Festlegung einer allgemeinen Ausrichtung zum Vorschlag der Kommission für eine EU-Verordnung über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Gigabit-Netzen („Gigabit Infrastructure Act“) sowie die Vorlage eines Fortschrittsberichts zum Kommissionsvorschlag für ein Cybersolidaritätsgesetzes („Cyber Solidarity Act“).
 
5. Dezember 2023
Luxemburg

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) fällt in der Rechtssache C-807/21 (Deutsche Wohnen) ein wegweisendes Urteil zur Verhängung von Geldbußen bei DSGVO-Verstößen. Der Richterspruch könnte die deutsche Bußgeldpraxis gegen Unternehmen maßgeblich beeinflussen. Im Kern geht es um die Frage, welches von zwei gegensätzlichen Haftungskonzepten bei DSGVO-Verstößen durch Unternehmen gilt. In Deutschland können Geldbußen gegen Unternehmen bislang wegen des sogenannten Rechtsträgerprinzips in § 30 OWiG nur verhängt werden, wenn der DSGVO-Verstoß zuvor einer (natürlichen) Leitungsperson und damit dem Unternehmen zugerechnet werden konnte. Dies kann auch der Fall sein, wenn die Leitungsperson untergeordnete Mitarbeiter nicht genügend beaufsichtigt hat. Gegner dieser Ansicht gehen davon aus, dass die deutsche Regelung nicht anwendbar ist, weil die vorrangige DSGVO an das sogenannte Funktionsträgerprinzip anknüpft. Bußgelder gegen Unternehmen könnten daher, wie im EU-Kartellrecht, schon dann verhängt werden, wenn feststeht, dass mindestens ein Mitarbeiter einen Verstoß gegen die DSGVO begangen hat, ohne dass dieser Mitarbeiter näher bestimmt werden oder eine Leitungsperson sein muss. Nach Auffassung des EU-Generalanwalts ist ein DSGVO-Verstoß einem Unternehmen auch dann zuzurechnen und mit einer Buße zu versehen, wenn ein Mitarbeiter im weiteren Sinn den Verstoß begeht, ohne dass es sich um eine Leitungsperson handelt. Schließt sich der EuGH erwartungsgemäß dieser Auffassung an, könnte sich die Zahl der Bußgelder gegen deutsche Unternehmen künftig deutlich erhöhen, weil Bußgeldbescheide leichter verhängt werden können. Zuvor muss dann aber noch das KG Berlin in der Sache entscheiden.
In einer zweiten Vorlagefrage geht es darum, ob die Verhängung einer Geldbuße voraussetzt, dass der DSGVO-Verstoß schuldhaft begangen wurde, oder ob Unternehmen insoweit verschuldensunabhängig haften. Der EU-Generalanwalt hat eine verschuldensunabhängige Haftung (strict liability) von Unternehmen abgelehnt.
 
7. Dezember 2023
Brüssel

Treffen der Euro-Gruppe. Es geht u.a. die Bewertung der Haushaltsplanentwürfe der Euro-Staaten sowie um die Haushaltslage und die Aussichten im Euroraum.
 
7. Dezember 2023
Luxemburg

Der EuGH entscheidet in der Rechtssache C-634/21 über die Zulässigkeit des Scorings durch private Wirtschaftsauskunfteien wie die SCHUFA. Die DSGVO schützt natürliche Personen in Art. 22 vor rechtlich nachteiligen Entscheidungen, die ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung ihrer Daten beruhen. Dazu gehören das sogenannte Profiling und als Unterform das Scoring, bei dem Daten einer Person zur Bewertung persönlicher Aspekte genutzt werden, um ihr etwa ihre Kreditwürdigkeit vorherzusagen. Nach Ansicht des EU-Generalanwalts, dem der EuGH oft folgt, bereitet die automatische Erstellung von Score-Werten durch private Wirtschaftsauskunfteien nicht lediglich die endgültige Entscheidung etwa einer Bank über die Kreditvergabe vor, sondern ist wegen der tragenden Rolle dieses Werts für die Bankentscheidung bereits selbst als automatisierte Einzelentscheidung anzusehen.
Darüber hinaus fällt der EuGH am 7. Dezember in dem verbundenen Verfahren (Rs. C-26/22 und C-64/22) ein weiteres Urteil zu privaten Wirtschaftsauskunfteien. Diesmal geht es um die Frage, inwieweit die SCHUFA und Co. Daten aus öffentlichen Registern wie die Information über eine Restschuldbefreiung anlasslos für einen längeren Zeitraum in privaten Paralleldatenbanken speichern dürfen, um diese Information ihren Kunden zur Verfügung zu stellen. Der EU-Generalanwalt hält dies für unzulässig. Außerdem muss der EuGH klären, ob nationale Gerichte Entscheidungen der nationalen Datenschutzbehörden inhaltlich voll überprüfen dürfen. Diese Frage bejaht der EU-Generalanwalt.
 
7.-8. Dezember 2023
Peking

Gipfeltreffen EU-China.
 
7.-8. Dezember 2023
Brüssel

Treffen des Rates für Wettbewerbsfähigkeit.
 
8. Dezember 2023
Brüssel

Treffen des Rats für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin). Es geht u.a. um die Vorlage eines Fortschrittsberichts über die legislativen Schritte zur möglichen Einführung eines digitalen Euro. Ferner soll ggf. eine allgemeine Ausrichtung zur vorgeschlagenen Reform des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung angenommen werden.
 
11-14 Dezember 2023
Straßburg

Sitzung des Europäischen Parlaments. Es geht unter anderem um den Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (EHDS) (s. cepAnalyse 13/2022), die Gebühren der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und eine Strategie für den Schutz der mentalen Gesundheit. 
 
13. Dezember 2023
Brüssel

Gipfeltreffen EU-Westbalkan.
 
13.-15. Dezember 2023
Brüssel

Europäischer Rat.
 
14.-15. Dezember 2023
Brüssel

Treffen des Europäischer Rats.

21. Dezember 2023
Luxemburg

Der EuGH entscheidet über die Auslegung der DSGVO in einem Fall, in dem Gesundheitsdaten eines Beschäftigten zur Beurteilung seiner Arbeitsfähigkeit verarbeitet wurden (Rs. C-667/21 – Krankenversicherung Nordrhein). Das deutsche Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte dem Gerichtshof verschiedene Fragen zum Verhältnis der allgemeinen Anforderungen der DSGVO zu den speziellen Regelungen für die Verarbeitung sensibler Daten in Art. 9 DSGVO und zur Berechnung von Schadensersatz vorgelegt. Konkret geht es unter anderem darum, wann für die Verarbeitung sensibler Daten zusätzlich eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO vorliegen muss, ob Unternehmen nach der DSGVO verschuldensunabhängig auf Schadensersatz haften und ob ein Mitverschulden des Betroffenen den Schadensersatzanspruch mindert. Die Einschätzung des EuGH zu diesen wichtigen Fragen ist über das Urteil im konkreten Fall hinaus von Bedeutung.
Fast drei Jahrzehnte nach dem Bosman-Urteil fällt der EuGH am 21. Dezember ein weiteres wichtiges Urteil zum Sportrecht: Er entscheidet in der Rechtssache C-333/21, ob die FIFA und die UEFA die European Super League (ESL), einen neuen jährlichen europaweiten Vereinswettbewerb, verbieten dürfen. Die Klägerin, eine spanische Gesellschaft, deren Aktionäre namhafte europäische Fußballvereine sind, will die ESL parallel oder alternativ zu den von der FIFA und UEFA organisierten Wettbewerben einführen. Laut ihrer Statuten besitzen die FIFA und die UEFA das Monopol für die Durchführung internationaler Profifußballwettbewerbe in Europa und machen die Zulassung neuer Wettbewerbe von ihrer Genehmigung abhängig. Beide Verbände hatten sich zudem 2021 öffentlich geweigert, die ESL zuzulassen und gewarnt, alle Spieler und Vereine, die an diesem Wettbewerb teilnehmen, von bestimmten großen europäischen und weltweiten Wettbewerben auszuschließen. Der EuGH muss nun klären, ob die FIFA und die UEFA durch die Genehmigungsvorbehalte in ihren Statuten sowie durch die Androhung von Turnierausschlüssen und anderen Sanktionen (1) gegen das EU-Wettbewerbsrecht und (2) gegen die EU-Grundfreiheiten verstoßen. Konkret geht es darum, ob die FIFA und die UEFA eine marktbeherrschende Stellung i.S.v. Art. 102 AEUV missbrauchen, gegen das Kartellverbot des Art. 101 AEUV verstoßen oder die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Dienst- und Niederlassungsfreiheit oder den freien Kapital- und Zahlungsverkehr in unzulässiger Weise beschränken. Der EU-Generalanwalt, dem der EuGH oft folgt, hatte bereits im vergangenen Dezember alle Fragen verneint, da die Einschränkungen durch legitime Ziele der FIFA und der UEFA gerechtfertigt seien. Das Urteil des EuGH wird die Zukunft des europäischen Fußballs maßgeblich beeinflussen.
 
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Klimaneutrale Industrieproduktion in Deutschland ist möglich, ohne die industrielle Basis zu verlieren und auch ohne Emissionen ins Ausland zu verlagern. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Centrum für Europäische Politik am Fallbeispiel der Stahlindustrie erstellt hat.

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Die Bepreisung von CO2-Emissionen gilt unter Ökonomen als Schlüssel zur Dekarbonisierung des Verkehrs- und Gebäudesektors. Um soziale Härten abzumildern, fordert das Centrum für Europäische Politik (cep) ein einkommensunabhängiges Pauschal-Klimageld – ab 2027 mitfinanziert aus Einnahmen der EU. Das Karlsruher Urteil zum Klimatransformationsfonds (KTF) mache dies notwendiger denn je.

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Die internationale Webseite „Common Ground of Europe” geht auf eine Initiative des Centres for European Policy Network (cep) zurück. Auf commongroundeurope.eu sammelt das cep vor allem englischsprachige Beiträge, Artikel und Interviews von Entscheidungsträgern und Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Wir laden Sie herzlich dazu ein, durch unser Schaufenster nach Europa zu blicken. Im Folgenden finden Sie Beispiele aus dem vergangenen Monat.
Digitale Brücken: Wie KI die europäische Integration vorantreibt

Durch den Einsatz digitaler Technologien, wie KI-basierter Simultanübersetzung, könnte die gesamte Gesellschaft der Europäischen Union in einen gemeinsamen Erfahrungsraum umgewandelt werden.

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Berliner Ordnungsruf: Auf dem falschen Weg

Der Berliner Ordnungsruf oder Nachdenken über Politik in Zeiten fragiler Ordnungen.

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Zum Schluss
Das cep-Team wünscht Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute für das kommende Jahr 2024.
 
Ihr
Dr. Jörg Köpke
 
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