Newsletter 3/2024
Liebe Leserinnen und Leser,

wenn sich Ereignisse und Entwicklungen schneller vollziehen, als die Politik in der Lage ist, auf sie zu reagieren, entsteht eine immer größer werdende Handlungslücke. Die Folge: Politik läuft nur noch hinterher und verliert allmählich die Kontrolle. Genau das ist in der EU passiert, und zwar in vielen Bereichen gleichzeitig: Die Ukraine wartet auf Nachschub, während die EU nicht in der Lage war, innerhalb von zwei Jahren ausreichend Munition zu produzieren. In den USA schickt sich Donald Trump an, ins Weiße Haus zurückzukehren, während die EU es versäumte, innerhalb von vier Jahren Handelsabkommen abzuschließen, um ihre geoökonomische Resilienz zu erhöhen. Künstliche Intelligenz hat im Jahr 2023 einen Quantensprung gemacht, während die EU eine umfassende Regulierung der Risiken zustande gebracht hat, aber keine Strategie, die EU zu einer führenden KI-Macht zu machen.

Wer nicht langfristig genug denkt und schnell genug handelt, bleibt in der Gegenwart gefangen. Oder umgekehrt formuliert: Nur wer langfristig genug denkt, bringt den Mut für größere Veränderungen auf. Schon die Spieltheorie zeigt, dass Spieler, die mehr Geduld haben, weil sie zukünftige Auszahlungen stärker gewichten als heutige, einen strategischen Vorteil gegenüber den ungeduldigen haben. Die fehlende Strategiefähigkeit der EU hat sie erkennbar Souveränität gekostet. Kurzfristig lässt sich daran kaum etwas ändern. Die EU hat ein Geschwindigkeitsproblem. Sie kann wieder schneller werden, wenn sie klare Prioritäten setzt und endlich ihr zähes Mikromanagement beendet.  

Ihr
Prof. Dr. Henning Vöpel
Fünf vor zwölf? „Die EU hat ein Geschwindigkeitsproblem".
 
Aktuelle EU-Vorhaben im Fokus des cep
Binnenmarkt und Wettbewerb
Verteidigungspolitik: Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie

Am 5. März stellt die Kommission ihre Europäische Strategie für die Verteidigungsindustrie sowie eine Verordnung über das Europäische Verteidigungsinvestitionsprogramm vor. Die beiden Initiativen sollten ursprünglich bereits am 27. Februar vorgestellt werden. Mit ihnen möchte die Kommission die europäische Rüstungsindustrie stärken. Ziel ist es, dass die Mitgliedstaaten neue Rüstungsgüter erwerben können. Die Verordnung, die auch Kriegswirtschaftsgesetz genannt wird, soll hierzu gemeinsame Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte fördern, die für die Sicherheit der Mitgliedstaaten von großem gemeinsamen Interesse sind. Zudem soll sie Unternehmen in die Lage versetzen, Rüstungsgüter bei Bedarf schnell liefern zu können.
 
Klima
Klimawandel: Bewältigung von Klimarisiken

Die Kommission will am 12. März eine Bewertung der EU-weiten Klimarisiken veröffentlichen. Der Klimawandel hängt von Emissionen von Treibhausgasen (THG) ab, die sich zeitverzögert auswirken. Selbst wenn der THG-Ausstoß sofort komplett gestoppt würde, wären die negativen Auswirkungen des Klimawandels nicht mehr vollständig vermeidbar. Basierend auf der EU-Anpassungsstrategie 2021 [COM(2021) 82, s. cepAnalyse 16/2021] soll die EU-Klimarisikobewertung die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, fundierte Entscheidungen über Risiken und Abwägungsfragen bei der Risikominderung von Klimaauswirkungen zu treffen.
 
Technologie
Biotechnologien: Initiative zur Standortstärkung

Die Kommission will am 20. März 2024 eine Initiative zur Förderung von Biotechnologien und biobasierter Industrieproduktion in der EU vorlegen. Biotechnologien sind von hoher strategischer Bedeutung für die Ziele des EU Green Deals und den Erhalt der globalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Die Kommission möchte im Rahmen der Initiative einen Maßnahmenkatalog vorschlagen, um die Innovationskraft Europas in diesem Bereich zu stärken und die Standortbedingungen zu verbessern. Neben einer verstärkten Förderung von Forschung und Entwicklung wird dies voraussichtlich auch Instrumente zur Überwindung von Hemmnissen bei der Kommerzialisierung und dem Markthochlauf von innovativen Produkten beinhalten. Hierzu zählen insbesondere ein Mangel an Risikokapital, eine zunehmende Knappheit qualifizierter Arbeitskräfte sowie die hohe regulatorische Komplexität (s. cepInput 5/2024).
 
Trilog-Einigungen
Die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament verhandeln regelmäßig im sogenannten Trilog über EU-Gesetzesvorhaben, um eine gemeinsame Position zu finden. Wir haben für Sie die wichtigsten Trilog-Einigungen seit dem Newsletter im vergangenen Monat zusammengestellt:
Wirtschafts- und Fiskalpolitik
Trilog-Einigung zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Am 1. Februar 2024 wurde eine vorläufige politische Einigung über die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts erzielt. Die Einigung entspricht in weiten Teilen der Position des Rates [s. cepAdhoc 8/2023]. Sie sieht vor, dass die Defizit- und Schuldenstandgrenzen von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bzw. 60 Prozent des BIP weiterhin gelten. Doch statt festen Regeln zum Schuldenabbau wird zukünftig ein vierjähriger Schuldenabbaupfad zwischen den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission ausgehandelt. Der Schuldenabbaupfad muss so ausgestaltet sein, dass Mitgliedstaaten mit einem Schuldenstand von über 90 Prozent des BIP ihren Schuldenstand jährlich um mindestens einen Prozentpunkt verringern. Für Mitgliedsstaaten mit einem Schuldenstand zwischen 90 und 60 Prozent des BIP reicht eine jährliche Reduktion von mindestens 0,5 Prozentpunkten. Dass der Schuldenabbaupfad eingehalten wird, soll nur noch anhand der Veränderung der Nettoausgaben der Mitgliedstaaten überwacht werden. Denn diese Größe kann von den Mitgliedstaaten leicht gesteuert werden. Die Trilog-Einigung hat nun dazu geführt, dass Kofinanzierungsbeiträge der Mitgliedstaaten zu EU-Programmen bei der Veränderung der Nettoausgaben nicht berücksichtigt werden. Dies ermöglicht den Mitgliedstaaten höhere Ausgaben.

Schließlich wurde beschlossen, dass Abweichungen von den vereinbarten Nettoausgaben ein Defizit-verfahren auslösen können, wenn alle drei folgenden Bedingungen erfüllt sind: Erstens überschreitet der Schuldenstand des Mitgliedstaats 60 Prozent des BIP. Zweitens ist das Gesamtdefizit des Mitgliedstaats nicht nahezu ausgeglichen. Und drittens übersteigt die Abweichung vom vereinbarten Anstieg der Nettoausgaben entweder jährlich 0,3 Prozentpunkte des BIP oder kumulativ 0,6 Prozentpunkte des BIP. Weiterhin möglich ist zudem die Einleitung eines Defizitverfahrens, wenn das mitgliedstaatliche Defizit 3 Prozent des BIP übersteigt.
 
Binnenmarkt und Wettbewerb
Trilog-Einigung zum Binnenmarktnotfallinstrument

Am 1. Februar 2024 wurde eine vorläufige politische Einigung zur Verordnung über das Notfallinstrument für den Binnenmarkt (cepAnalyse 6/2023) erzielt. Die Verordnung wurde dabei umbenannt in Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz (Internal Market Emergency and Resilience Act – IMERA). Die Verordnung soll das Handeln der Mitgliedstaaten im Fall einer EU-weiten Krise koordinieren. So sollen etwa Grenzschließungen vermieden werden, wie sie während der Covid-19-Pandemie vorkamen. Zudem sollen durch eine kontinuierliche Überwachung zukünftige Bedrohungen frühzeitig erkannt werden. Wenn eine Bedrohung erkannt wurde, kann – je nach Schwere der Bedrohung – ein Überwachungs- oder Notfallmodus ausgelöst werden. Dieser ermöglicht eine koordinierte Reaktion der Mitgliedstaaten.
 
Abstimmung zur Lieferkettenrichtlinie im Rat gescheitert


Die Abstimmung im Rat zur endgültigen Annahme der Richtlinie zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD, cepAnalyse 16/2022) ist gescheitert. Eigentlich hatten Rat und Parlament bereits am 14. Dezember 2023 eine informelle Einigung erzielt. Dass diese informelle Einigung bei der formalen Abstimmung im Rat keine Mehrheit findet, ist sehr ungewöhnlich und darauf zurückzuführen, dass sich insbesondere große Mitgliedstaaten wie Italien, Frankreich und Deutschland der Stimme enthielten. Diese Mitgliedstaaten befürchten eine bürokratische Überforderung der Unternehmen. Die belgische Ratspräsidentschaft versucht nun, einen dieser Mitgliedstaaten zur Zustimmung zu bewegen. Sollte dies gelingen, wird eine erneute Abstimmung im Rat angesetzt. Ob und wann dies gelingt, ist jedoch ungewiss. Die Zukunft der Lieferkettenrichtlinie ist damit wieder offen.
 
Umwelt
Trilog-Einigung zur Quecksilber-Verordnung

Am 8. Februar 2024 wurde eine vorläufige politische Einigung über Änderungen der Quecksilber-Verordnung [(EU) 2017/852] erzielt. Künftig werden die noch erlaubten Verwendungen von Quecksilber weiter reguliert und schrittweise eingestellt werden. Ab 2025 wird die Verwendung von Dentalamalgam zur Zahnbehandlung bei fast allen Personen verboten. Für einkommensschwache Personen, die ansonsten unverhältnismäßig stark betroffen wären, gelten für weitere 18 Monate Ausnahmeregelungen. Zudem wird die Kommission bis 2029 Leitlinien veröffentlichen, wie die Freisetzung von Quecksilber aus Krematorien verringert werden kann. Darüber hinaus werden Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr von quecksilberhaltigen Lampen schrittweise verboten.
 
Trilog-Einigung zur Luftqualitäts-Richtlinie

Am 20. Februar 2024 wurde eine vorläufige politische Einigung über die Neufassung der Luftqualitäts-Richtlinie [s. cepAnalyse 11/2023] erzielt. Ab 2030 gelten strengere Grenz- und Zielwerte für mehrere Schadstoffe wie Feinstaub (PM2,5, PM10), Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid. Diese orientieren sich an den strengsten Zwischenzielen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2021. Abweichungen sind bis 2040 zugelassen, wenn aufgrund der jeweils vorherrschenden Heizungssysteme – wie Kohleheizungen in Polen – oder klimatischen und geographischen Besonderheiten – wie in der norditalienischen Po-Ebene – die Grenzwerte nicht erreichbar sind. Bei Gesundheitsschäden durch einen Verstoß gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie gibt es nun ein Recht auf Schadensersatz.
 
Finanzmärkte
Euro-Clearing: Einigung zur Überarbeitung der EU-Derivatevorschriften

Am 7. Januar 2024 haben der Rat und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung über eine Verordnung über Maßnahmen zur Minderung übermäßiger Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien aus Drittstaaten und zur Steigerung der Effizienz der Clearingmärkte der EU sowie einer Richtlinie zur Behandlung des Konzentrationsrisikos gegenüber zentralen Gegenparteien und des Ausfallrisikos bei zentral geclearten Derivategeschäften erzielt. Die Kommission hatte die beiden Vorschläge bereits im Dezember 2022 vorgelegt [COM(2022) 697 und COM(2022) 698, s. cepStudie, cepDossier sowie den Standpunkt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)].

Seit 2012 ist die Europäische Marktinfrastrukturverordnung [EMIR, (EU) Nr. 648/2012] in Kraft. Nach der Verordnung müssen bestimmte außerbörslich gehandelte (over-the-counter, OTC) Derivatekontrakte über zentrale Gegenparteien (central counterparties, CCP) abgewickelt („gecleart“) werden. Das Clearing der Derivatekontrakten ist jedoch stark auf einige CCP in Drittstaaten, insbesondere Großbritanien konzentriert, was zu anhaltenden Risiken für die Finanzstabilität in der EU führt. Diesen Risiken soll nun begegnet werden. Im Rahmen der Einigung beschlossen die Verhandler insbesondere, dass bestimmte Gegenparteien eines Derivategeschäfts künftig ein aktives Konto bei einer CCP in der EU haben müssen. Die Gegenparteien sollen in der Lage sein, über dieses Konto kurzfristig Geschäft abwickeln zu können und sie müssen sicherstellen, dass es auch tatsächlich genutzt wird. Es muss also sowohl „funktionsfähig“ sein als auch „aktiv“ genutzt werden. Um die Attraktivität der EU als Standort für die Durchführung von Clearingtätigkeiten zu stärken, sollen zudem die Verfahren für die Zulassung dieser Tätigkeiten gestrafft werden. Zudem soll die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) verbessert werden. Letztere soll auch zusätzliche Befugnisse als Koordinatorin in Krisensituationen erhalten. Die Letztverantwortung verbleibt jedoch weiterhin bei den zuständigen nationalen Behörden.
 
CSRD: Spätere Vorlage sektorspezifischer Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Am 7. Februar 2024 haben der Rat und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung über eine Änderung der für die Nachhaltigkeitsberichterstattung relevanten Bilanzrichtlinie [s. cepAnalyse 21/2021 und cepAdhoc 2/2023] erzielt. Die Kommission hatte hierzu im Oktober 2023 einen Vorschlag präsentiert [COM(2023) 596].

Seit dem 5. Januar 2023 ist die neue Richtlinie (EU) 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) in Kraft. Nach der Richtlinie müssen zahlreiche Unternehmen schrittweise ab 2024 umfangreiche nachhaltigkeitsbezogene Berichtspflichten erfüllen. Ende Juli 2023 nahm die Kommission hierfür auch im Rahmen eines delegierten Rechtsakts sektorübergreifende Berichtsstandards an. Die CSRD sah nun vor, dass sie zusätzlich bis Ende Juni 2024 sektorspezifische Standards, Standards für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten vorlegen muss. Mit der gezielten Änderung der Richtlinie bekommt die Kommission nun Aufschub bis Juni 2026. Jedoch sollen insgesamt acht sektorspezifische Standards schon vor der neuen Frist vorliegen und zwar sobald sie mit deren Ausarbeitung fertig ist. Die Verschiebung erfolgt vor dem Hintergrund der Ankündigung der EU-Kommission die Bürokratielasten um 25% reduzieren zu wollen.
 
Technologie
Trilog-Einigung zu Fertigungskapazitäten für Nullemissionstechnologien

Am 6. Februar 2024 wurde eine vorläufige politische Einigung über die Verordnung zur Stärkung europäischer Fertigungskapazitäten für Nullemissionstechnologien („Net-Zero Industry Act“) erzielt. Damit soll der Aufbau von Produktionsanlagen für Güter wie Elektromotoren, Windkraftturbinen und Photovoltaikmodule in der EU unterstützt werden. Dazu sieht die Verordnung zeitliche Höchstgrenzen für die amtlichen Genehmigungsverfahren der Anlagen vor. Sie betragen 12 Monate für Projekte mit weniger als 1 Gigawatt Kapazität und 18 Monate für größere Projekte. Projekte, die einen besonderen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten, können als strategische Projekte deklariert werden, was die Genehmigungsfristen weiter verkürzt. Des Weiteren sieht die Einigung neue Regeln für die öffentliche Beschaffung von Gütern mit Bezug zu Nullemissionstechnologien vor. Demnach müssen, als zusätzliche Kriterien, die erwarteten Beiträge zu Nachhaltigkeit und (bei starker Abhängigkeit von Importen aus einzelnen Drittstaaten) zur Resilienz der EU in die Vergabeentscheidung einfließen.
 
Konsultationen
Die EU-Kommission bittet Entscheidungsträger und Interessierte in der Zivilgesellschaft um Stellungnahmen zu europäischen Politikvorhaben. Wir haben für Sie die wichtigsten Konsultationen zusammengestellt:
Binnenmarkt
Virtuelle Welten und generative KI: Mögliche Wettbewerbsprobleme

Die Kommission will mit Hilfe einer öffentlichen Konsultation potenzielle Wettbewerbsprobleme ermitteln, die in neuen Märkten rund um virtuelle Welten wie das Metaverse (1) und generative KI (2) auftreten können. In Bezug auf virtuelle Welten (1) fragt die Kommission unter anderem nach Markteintrittsbarrieren, Wachstumshindernissen, Wettbewerbsfaktoren, Akteuren, Marktmacht und Datenmonetarisierungs-Modellen, in Bezug auf generative KI-Systeme (2) unter anderem nach den Haupthindernissen und den Wettbewerbsfaktoren für die Bereitstellung, den Vertrieb oder die Integration generativer KI sowie nach Monetarisierungsmöglichkeiten, Daten und Interoperabilität.

Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 11. März 2024.
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Verbraucher
Pauschalreisen

Die Kommission hat eine Konsultation über den Vorschlag zur Änderung der Pauschalreiserichtlinie eingeleitet. Der Kommissionsvorschlag ist vor allem im Zusammenhang mit den Erfahrungen aus 2020 zu sehen. Nachdem der Tourismus in der EU infolge von Reise- und sonstigen Beschränkungen faktisch zum Stillstand gekommen war, sind vor allem Tourismusunternehmen mit akuten Liquiditätsengpässen konfrontiert worden. Die Möglichkeit, Gutscheine auszuhändigen, anstatt den Reisepreis zurückzuzahlen, sollte ein Mittel sein, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abzufedern. Der Kommissionsvorschlag enthält nun die Vorgabe, dass Anzahlungen grundsätzlich 25% des Reisepreises nicht übersteigen dürfen und Reiseveranstalter Gutscheine zwar ausstellen können, Verbraucher diese aber nicht annehmen müssen. Zudem muss der Gutschein übertragbar und vom Insolvenzschutz abgedeckt sein.
 
Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 13. März 2024.
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Gesundheit
Bisphenol A (BPA) in Lebensmittelkontaktmaterialien

Die Kommission hat eine Konsultation zum geplanten Verbot von Bisphenol A (BPA) und anderen Bisphenolen in Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, sog. Lebensmittelkontaktmaterialien, eingeleitet. Hierzu gehören beispielsweise Kunststoffboxen und Schutzbeschichtungen für Dosen. Mit dem geplanten Verbot folgt sie einem Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, das zu dem Schluss kam, dass die derzeitige Exposition ein Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellt.
 
Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 8. März 2024.
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Verkehr
Ökologisierung von Unternehmensflotten

Die Kommission erwägt, EU-Vorgaben für eine beschleunigte Umstellung des Fuhrparks von Unternehmen auf emissionsfreie Fahrzeuge vorzuschlagen. Hierzu will sie 2025 eine Mitteilung zur „Ökologisierung von Unternehmensflotten“ veröffentlichen. Die Konsultation soll es allen Interessen­trägern – wie Autovermietungen, Mobilitätsdienstleister, Logistikunternehmen und deren Kunden, Wirtschafts- und Umweltverbänden sowie Behörden – ermöglichen, die Kommission auf potentielle Auswirkungen aller von ihr erwogenen Optionen hinzuweisen.

Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 30. April 2024.
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Informationstechnologien
Digitale Netzwerke Gesetz: Erste Ideen zur Regulierung des Konnektivitätssektors

Am 21. Februar 2024 hat die EU-Kommission ein Weißbuch zur Zukunft des Konnektivitätssektors und der Konnektivitätsinfrastruktur vorgelegt. Es enthält eine Reihe von Ideen für ein Gesetz für digitale Netzwerke (Digital Networks Act, DNA), welches die Kommission wohl in der nächsten Legislaturperiode vorlegen wird. Das Weißbuch enthält dabei einige interessante Regulierungsansätze. So gibt es in der Kommission Überlegungen Cloud-Anbieter ähnlichen Regelungen zu unterwerfen, wie es sie bereits für die Betreiber von Telekommunikationsnetzen (TK-Netzbetreiber) gibt. Auch plädiert die Kommission für einen Abbau der Zugangsregulierung für TK-Netzbetreiber mit beträchtlicher Marktmacht. Zudem schlägt die Kommission, wie schon in früheren Jahren, eine Harmonisierung der Vorschriften für die Nutzung von Funkfrequenzen vor. Ferner will sie den Übergang von alten Kupfernetz- hin zu fortschrittlichen Glasfasernetzinfrastrukturen beschleunigen und den Schutz von Unterseekabelinfrastrukturen verbessern. Außerdem denkt die Kommission darüber nach, die Ziele der Regulierung des Konnektivitätssektors zu erweitern. So sollen künftig auch Nachhaltigkeitsaspekte, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sowie die wirtschaftliche Sicherheit Berücksichtigung finden.
 
Mehr Details zu den Ideen der Kommission finden Sie in einem cepDossier.
 
Die Kommission will nun im Rahmen einer Konsultation das Feedback von Interessenträgern zu den im Weißbuch vorgestellten Ideen einholen.

Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 30. Juni 2024.
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Termine
07. März 2024
Luxemburg

Der EuGH verkündet in der Rechtssache C-604/22 sein Urteil zu wichtigen datenschutzrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem vom Interactive Advertising Bureau (IAB) Europe entwickelten Transparency and Consent Framework (TCF). Das TCF ist ein Branchenstandard für Online-Marketing, der weithin bei Echtzeitgeboten im Rahmen der sofortigen und automatischen Online-Auktion von Nutzerprofilen für den Verkauf von Werbeflächen im Internet verwendet wird. Er soll die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung für Online-Marketing- und Werbeaktivitäten erleichtern. Das TCF ermöglicht es sogenannten Consent Management Providern, etwaige Einwilligungen, Widersprüche und Präferenzen von Internet-Nutzern für Werbezwecke in einer numerischen Zeichenkette, dem sogenannten "TC-String" codiert zu speichern und an Teilnehmer des Onlinewerbemarktes weiterzugeben. Diese Informationen werden dann von den Werbeunternehmen für die Einblendung von Werbeanzeigen genutzt, die speziell auf das Profil des Nutzers zugeschnitten sind. In dem Verfahren geht es erstens darum, inwieweit und für wen ein TC-String ein personenbezogenes Datum darstellt. In Frage kommen zum einen Webseitenbetreiber, die den TCF-Standard umsetzen, und zum anderen Branchenorganisationen wie die IAB – die aber möglicherweise gar keinen Zugriff auf die Daten haben, die ihre Mitglieder verarbeiten. Zweitens geht es darum, ob und inwieweit eine normgebende Branchenorganisation wie die IAB Europe als „Verantwortlicher“ oder „gemeinsam Verantwortlicher“ i.S.d. DSGVO anzusehen ist. Die Antworten des EuGH sind nicht nur elementare Voraussetzung für eine Beurteilung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung des TCF-Standards, sondern dürften allgemein weiteren Aufschluss über das Verständnis der Begriffe „personenbezogenen Daten“ und der „(gemeinsam) Verantwortlichen“ geben.
 
11.-12. März 2024
Brüssel

Treffen des Rats Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz.
 
11.-14. März 2024
Straßburg

Sitzung des Europäischen Parlaments. Themen sind unter anderem der Cyber Resilience Act (s. cepAnalyse 1/2023), die Produkthaftungsrichtlinie (s. cepAnalyse 2/2023) und das KI-Gesetz (s. cepAnalyse 27/2021)
 
cepPublikationen
cepStudie: Challenges to Transatlantic Digital Infrastructure: An EU Perspective
cepInput: Alkohol gefährdet die Gesundheit: cep fordert EU-einheitliches Label nach irischem Vorbild
Die jüngsten Zwischenfälle in der Ostsee und anderswo haben gezeigt, dass digitale und physische Leitungen wie Gaspipelines, Telekommunikations- und Unterseedatenkabel für die Aufrechterhaltung der europäischen Konnektivität und Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind.

Zur cepStudie
 
cepInput: A Value Chain Strategy for a Vital EU Bioeconomy
cepInput: Alkohol gefährdet die Gesundheit: cep fordert EU-einheitliches Label nach irischem Vorbild
Biotechnologie ist weltweit längst zum Jobmotor geworden. Doch im Vergleich zu den USA und China hinkt Europa bei der Innovationsdynamik hinterher. Das ist das Ergebnis einer Studie des Centrums für Europäische Politik (cep). Stagnation setze die EU unter Zugzwang, die Bedingungen für die Entwicklung und Herstellung biobasierter Industrieprodukte deutlich zu verbessern.

Zum cepInput 5/2024
 
cepAdhoc: Cultured Meat in the EU Market: Caution, not Preconceived Barriers
cepInput: Alkohol gefährdet die Gesundheit: cep fordert EU-einheitliches Label nach irischem Vorbild
Angesichts einer Weltbevölkerung von 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 und den damit verbundenen Problemen bei der Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln ist kultiviertes Fleisch auch für die Europäische Union ein zentrales Thema. Das Verbot der Produktion und Vermarktung in Italien durch die italienische Regierung verstößt nicht nur höchstwahrscheinlich gegen die europäischen Verträge, sondern gefährdet auch die Forschung auf diesem Gebiet.

Zum cepAdhoc 4/2024
 
cepInput: Strategic Autonomy in EU Space Policy
Die Europäische Union will im März mit dem Space Act eine europäische Strategie zur wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums vorlegen. Das Centrum für Europäische Politik (cep) fordert einen stärkeren industrie- und geostrategischen Ansatz - andernfalls drohe der Plan der EU zur Farce zu verkommen. Andere Akteure sind schon dabei, den Weltraum industriell und auch militärisch zu erobern.

Zum cepInput 4/2024
 
cepStudie: Resisting or Rebooting the Rise of the Robots?
Künstliche Intelligenz (KI) wird die Arbeitswelt revolutionieren. Während frühere Technologieschübe die Fähigkeiten von Beschäftigten ergänzten und damit ihre Produktivität erhöhten, wird sogenannte generative KI ganze Berufsbilder irreversibel vernichten. Das Centrum für Europäische Politik (cep) hat eine Metaanalyse empirischer Studien vorgelegt. Demnach würden in der EU kurzfristig etwa 20 Millionen Arbeitnehmer ihren Job verlieren – flankiert von sozialen Unruhen – wenn angesichts der Entwicklungsgeschwindigkeit von KI nicht zügig Vorkehrungen getroffen werden.

Zur cepStudie 2/2024
 
cepAdhoc: Farmer Crisis
In den letzten Wochen haben gewalttätige Proteste von Landwirten Europa erschüttert. In einer Zeit, in der der Sektor durch den Krieg in der Ukraine, steigende Kraftstoff- und Düngemittelpreise und zunehmende Einfuhren ukrainischer Agrar- und Lebensmittelprodukte nach Europa schwer getroffen wurde, gehen die europäischen Landwirte gegen gesetzliche Auflagen und niedrige Einkommen vor.

Zm cepAdhoc 3/2024
 
cepDossier
Mit dem cepDossier will das cep unterhalb der Ebene einer Studie oder Analyse auf wichtige EU-Regulierungsvorhaben hinweisen. Es berichtet über aktuelle Vorhaben und fasst diese kurz zusammen. Ziel ist es, noch schneller und interessengeleiteter Informationen zu vermitteln, die für Branchen und Stakeholder relevant sein könnten.
cepDossier: EU-Weißbuch zur Zukunft des Konnektivitätssektors und der Konnektivitätsinfrastrukturen
Die Kommission legte am 21. Februar 2024 ihr lang erwartetes Weißbuch zur Zukunft des Kommunikationssektors und der Konnektivitätsinfrastrukturen vor. Dieses enthält erste Ansätze für ein künftiges Gesetz über digitale Netzwerke (Digital Networks Act, DNA). Das DNA könnte ein zentrales digitalpolitisches Legislativvorhaben der Kommission in der kommenden Legislaturperiode werden.

Zum cepDossier 1/2024
 
Zum Schluss
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
 
„Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen“, sagte schon Seneca. Zeit ist, was wir aus ihr machen.
 
Ihr
Henning Vöpel
 
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