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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ab 2035 sollen in der EU nur noch Autos zugelassen werden, die kein CO2 ausstoßen. Zurzeit erfüllen ausschließlich reine Elektromotoren diese Vorgabe, was einem Verkaufsverbot für Verbrenner gleichkommt.
Grüne und Umwelthilfe feiern das Aus als überfälligen Schritt, der endlich Planungssicherheit biete. Für traditionelle Herstellernationen wie Deutschland, Frankreich oder Italien bedeutet er allerdings nicht mehr und nicht weniger als einen industriepolitischen Kahlschlag.
Über Jahrzehnte hinweg hingen ganze Volkswirtschaften nicht unerheblich von der Produktion Diesel und Benzin verbrennender Motoren ab. Nun soll es nicht einmal mehr möglich sein, diese Technik innovativ und umweltfreundlich so weiterzuentwickeln, dass die dringend notwendige Reduktion von Treibhausgasen punktgenau erreicht werden kann?
Warum die Entscheidung der EU nicht nur einige Arbeitsplätze kosten, sondern zu einem weitaus größeren Fallstrick für die europäische Wirtschaft werden könnte, belegt ein Blick auf weitere ungelöste Punkte.
Viele Länder werden in den nun folgenden Verhandlungen in Brüssel erkennen, dass sie gar nicht über die notwendige Infrastruktur für E-Mobilität verfügen. BMW-Chef Oliver Zipse erklärte unlängst, so viel benötigte erneuerbare Energie könne man gar nicht herstellen – zumindest nicht in Europa. Er hat Recht. Woher sollen zudem die Rohstoffe für Millionen erforderlicher Batterien kommen? Und noch etwas stimmt nachdenklich: Ein E-Auto darf also tatsächlich mit dreckigem Strom aus Kohle fahren?
Die Industrie ist bereit, sich fügsam umzustellen, ob es nun um Mercedes, Audi, VW, Opel, Fiat oder Renault geht. Sie muss es auch, denn die CO2-Reduktionen erfolgen graduell, und schon bald greift mit der Euro 7 die wohl strengste Abgasnorm aller Zeiten. Aber gerade deshalb wäre es sinnvoll und ordnungspolitisch geboten gewesen, nicht derart unwiderruflich eine gesamte, hochinnovative Industrie zu verbrennen. Die wenigen Ausnahmen für technisch mögliche, aber noch nicht verfügbare eFuels reichen beileibe nicht aus, um den vielen spezialisierten Zulieferern Hoffnung zu geben und eine Brücke in die klimaneutrale Mobilität zu bauen.
Auch bei anderen Schwerpunkten bleiben wir für Sie am Puls der EU. Der vorliegende Juli-Newsletter befasst sich unter anderem mit seltenen Krankheiten, der Mindestlohnrichtlinie, Geschlechterquoten und der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
Bleiben Sie uns gewogen.
Ihr
Dr. Jörg Köpke
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In der Europäischen Union sollen ab 2035 keine Autos mehr mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden.
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Aktuelle EU-Vorhaben im Fokus des cep
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Innovation: Europäische Innovationsagenda
Die Kommission will am 5. Juli ihre Mitteilung zur Europäischen Innovationsagenda vorstellen. Diese verfolgt fünf Ziele: Erstens will die Kommission den Zugang europäischer Unternehmen zu Finanzmitteln verbessern, um ihnen eine weitere Expansion zu erleichtern. Zweitens soll Regulierung innovationsfreundlicher werden, beispielsweise durch mehr Experimentierklauseln. Drittens sollen Forschungs- und Entwicklungsnetzwerke gestärkt und dadurch besser miteinander verbunden werden. Viertens soll die zwischen EU-Regionen bestehende Innovationslücke verkleinert werden. Fünftens soll unternehmerisches Talent besser gefördert und genutzt werden.
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Tschechische Ratspräsidentschaft: Seltene Krankheiten im Fokus
Seit dem 1. Juli liegt die EU-Ratspräsidentschaft in den Händen Tschechiens. Gesundheitspolitisch steht die Überarbeitung der Vorschriften zu seltenen Krankheiten im Fokus. Seltene Krankheiten gehen oftmals mit chronischen oder lebensbedrohlichen Leiden einher. Es gibt zwischen sechs und acht Tausend seltene Krankheiten, unter denen In Europa rund 30 Millionen leiden. Es gibt vor allem Verbesserungsbedarf mit Blick auf die Medikamentenentwicklung und das Screening. Letzteres fehlt in einigen Mitgliedstaaten gänzlich. Je früher jedoch seltene Krankheiten erkannt werden, desto größer sind die Behandlungs- und Heilungschancen. Zentraler Bestandteil der Überarbeitung wird wohl die Förderung der Entwicklung und der Herstellung von Medikamenten gegen seltene Krankheiten sein. Weitere gesundheitspolitische Themenfelder, die während der halbjährlichen Ratspräsidentschaft eine besondere Rolle spielen werden, sind die Arzneimittelstrategie (s. cepAnalyse) samt einer Reform des allgemeinen Arzneimittelrechts sowie die Bearbeitung des Themenkomplexes „psychische Gesundheit“.
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Die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament verhandeln regelmäßig im so genannten Trilog über EU-Gesetzesvorhaben, um eine gemeinsame Position zu finden. Wir haben für Sie die wichtigsten Trilog-Einigungen seit dem vergangenen Newsletter zusammengestellt:
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Trilog-Einigung zur Mindestlohnrichtlinie
Am 7. Juni wurde eine vorläufige politische Einigung zur Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der EU erzielt (s. cepInput 13/2020). Demnach müssen Mitgliedstaaten mit gesetzlichem Mindestlohn Verfahren zur Anpassung des Mindestlohnes nach klaren Kriterien vorsehen. Eine Anpassung muss mindestens alle zwei Jahre erfolgen (alle vier Jahre, wenn der Mindestlohn automatisch inflationsangepasst wird). Die Sozialpartner müssen am Verfahren beteiligt werden. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten die Kapazität der Sozialpartner zur Durchführung von Tarifverhandlungen stärken, um so für eine größere Tarifvertragsabdeckung zu sorgen. Insbesondere müssen Mitgliedstaaten einen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen erlassen, wenn die Tarifvertragsabdeckung unter 80 % liegt.
Trilog-Einigung zur Richtlinie über Geschlechterquoten für Leitungsorgane von Unternehmen
Am 7. Juni wurde eine vorläufige politische Einigung über die Richtlinie zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften erzielt. Die Kommission hatte hierzu bereits 2012 einen Vorschlag [COM(2012) 614, s. cepAnalyse 51/2012] vorgelegt.
Mindestens 40 % der Aufsichtsratsposten börsennotierter Unternehmen sollen demnach an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht gehen. Unternehmen, die dieses Ziel nicht erfüllen, müssen berichten, woran dies liegt und wie sie Abhilfe schaffen. In solchen Unternehmen müssen Posten außerdem mit dem jeweils unterrepräsentierten Geschlecht besetzt werden, wenn eine Frau und ein Mann gleichermaßen qualifiziert sind. Verstöße gegen diese Pflichten müssen mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen geahndet werden.
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Trilog-Einigung zur Verordnung über drittstaatliche Subventionen
Am 30. Juni wurde eine vorläufige politische Einigung zur Verordnung über drittstaatliche Subventionen (s. cepAnalyse 3/2022) erzielt. Die Verordnung gibt der EU die Möglichkeit, gegen Wettbewerbsverzerrungen durch drittstaatlich subventionierte Unternehmen vorzugehen, wenn diese in der EU tätig werden. Insbesondere indem sie europäische Unternehmen erwerben oder an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen. So kann die EU-Kommission Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere eine Rückzahlung der Subvention, anordnen, um die Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen. Bisher kann die EU nur gegen drittstaatlich subventionierte Unternehmen vorgehen, wenn diese Waren in die EU importieren. Die EU erhebt in diesen Fällen Zölle auf die subventionierten Warenimporte.
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Trilog-Einigung zur Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen
Am 21. Juni 2022 wurde eine vorläufige politische Einigung zur Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen [Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), s. cepAnalyse 21/2021] erzielt.
Die CRSD ersetzt die seit 2018 geltende Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (2014/95/EU). Sie verpflichtet einen breiten Kreis an Unternehmen dazu, in ihre Lageberichte Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte sowie zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung zu integrieren. Während bisher nur kapitalmarktorientierte Unternehmen, Banken und Versicherungen mit über 500 Mitarbeitern betroffen waren, sollen die Berichtspflichten künftig bereits für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem Umsatz von über 40 Mio. Euro gelten - und dies unabhängig von ihrer Kapitalmarktorientierung. Neben der Erweiterung des Geltungsbereiches der Vorschriften soll auch die Detailtiefe der Berichte deutlich zunehmen. So sollen Unternehmen im Sinne der sogenannten doppelten Wesentlichkeit künftig konkreter über die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Nachhaltigkeitsaspekte (Inside-out-Perspektive) sowie den Einfluss der Nachhaltigkeitsaspekte auf ihren Geschäftsverlauf, ihr Geschäftsergebnis und die Unternehmenslage (Outside-in-Perspektive) berichten. Auch soll die Berichterstattung nach einheitlichen EU-Berichtsstandards erfolgen. Diese werden derzeit bereits von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) erarbeitet und sollen anschließend von der EU-Kommission beschlossen werden. Die neuen Informationspflichten gelten für Unternehmen, die bereits der geltenden Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung unterliegen, ab 1. Januar 2024. Alle anderen Unternehmen, die nun neu in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen, erhalten noch eine Schonfrist. Sie müssen erst ab dem 1. Januar 2025 Bericht erstatten. Eine Sonderregel gilt für börsennotierte kleine und nicht komplexe Kreditinstitute sowie konzerneigene Versicherungsunternehmen (KMU). Für diese Unternehmen greifen die Berichtspflichten erst ab dem 1. Januar 2026. Bestimmte KMU sollen auch die Möglichkeit erhalten, erst 2028 berichten zu müssen (Opt-Out-Regel).
Trilog-Einigung über die Verordnung zu Angaben bei Transfers von Kryptowerten
Am 29. Juni 2022 wurde eine vorläufige politische Einigung zur Verordnung über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und Transfers bestimmter Kryptowerte erzielt. Die EU-Kommission hat hierzu im Dezember 2021 einen Vorschlag [COM(2021) 422] vorgelegt.
Zahlungsdienstleister sind bereits seit Jahren dazu verpflichtet, bei klassischen Geldtransfers Informationen über den Auftraggeber und den Begünstigten des Geldtransfers auszutauschen und diese Angaben auch für die zuständigen Aufsichtsbehörden bereitzuhalten [Verordnung (EU) 2015/847, s. cepAnalyse 17/2013]. Die Verordnung dient der Rückverfolgbarkeit von Geldtransfers und damit insbesondere der Bekämpfung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung.
Nach der nun gefundenen Einigung soll die Verordnung künftig neben Geldtransfers auch für die Übertragung von Kryptowerten (z.B. Kryptowährungen) gelten und damit die Transparenz bei deren Austausch erhöhen. Die Einigung sieht dabei insbesondere vor, dass alle Informationen zum Auftraggeber und zum Begünstigten zwischen Anbietern von Krypto-Dienstleistungen (Crypto-Asset Service Provider, CASP) bei der Übertragung von Kryptowerten übermittelt werden müssen, unabhängig von der Höhe der übermittelten Kryptowerte. Rat und EP sind damit nicht den Vorschlägen der Kommission gefolgt, die hierfür noch Mindestschwellen vorgesehen hatte. Die Anbieter von Krypto-Dienstleistungen werden verpflichtet, die Informationen über Auftraggeber bzw. Begünstigte für die Aufsichtsbehörden bereitzuhalten und ggfs. an diese weiterzugeben. Sonderregeln soll es geben, sofern Kryptowerte zwischen einem Anbieter von Krypto-Dienstleistungen und sogenannten „unhosted wallets“ ausgetauscht werden, also Krypto-Geldbörsen, die von Privatnutzern selbst verwaltet werden. Hier ist ein Schwellenwert von 1000 Euro vorgesehen. Ausgenommen von der Verordnung verbleiben Übertragungen von Kryptowerten, sofern an diesen Transfers keine Anbieter von Krypto-Dienstleistungen beteiligt sind (z.B. Bitcoin Handelsplätze).
Die neue Verordnung muss nun noch formell vom Europäischen Parlament und Rat bestätigt werden. Sie soll dann gleichzeitig mit der Verordnung zu Märkten für Kryptowerte (s. unten) binnen 18 Monaten und damit voraussichtlich Ende 2023 Anwendung finden.
Trilog-Einigung zur Verordnung über Märkte für Kryptowerte
Am 30. Juni 2022 wurde eine vorläufige politische Einigung zur Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto Assets, MiCA) erzielt. Die EU-Kommission hatte hierzu bereits im September 2020 Vorschläge unterbreitet [COM(2020) 593, s. cepAnalyse 1/2021 und cepAnalyse 3/2021].
Mit der MiCA-Verordnung wird damit ein Rechtsrahmen zur Regulierung von Kryptowerten erstmals in der EU geschaffen. Zu den Kryptowerten zählen dabei neben klassischen Kryptowährungen, wie Bitcoin, auch so genannte Stablecoins sowie Utility Token. Zunächst ausgenommen sind Non-Fungible Token (NFTs), also digitale Vermögenswerte, die bspw. auf Kunstobjekte verweisen. Ziel der MiCA-Verordnung ist es, den Schutz der Verbraucher sicherzustellen, die Finanzstabilität sicherzustellen und gleichzeitig Innovationen in den verschiedenen Krypto-Sektoren zu ermöglichen. Die Verordnung konzentriert sich dabei insbesondere auf die Regulierung der Emittenten der Kryptowerte, der Handelsplätze, auf denen Transaktionen mit Kryptowerten stattfinden sowie auf die virtuellen Geldbörsen (Wallets), die zur Verwahrung der Kryptowerte genutzt werden.
Besonders kontrovers wurde bis zum Schluss über die Auswirkungen von Kryptowährungen wie Bitcoin auf Umwelt und Klima diskutiert. Hierzu sollen nun zunächst detailliertere Informationen von den Marktakteuren eingeholt werden. Die Kommission soll dann spätestens in zwei Jahren einen Bericht vorlegen und dann ggfs. Mindestnachhaltigkeitsstandards festlegen.
Nach den jüngsten Turbulenzen auf den Märkten für Stablecoins haben das EP und der Rat auch striktere Vorgaben zum Schutz der Verbraucher als Inhaber dieser vermeintlich stabilen Kryptowährungen beschlossen. So müssen die Emittenten von Stablecoins etwa eine ausreichend liquide Reserve im Verhältnis 1:1 vorhalten, um den Inhabern zu ermöglichen, auch im Krisenfalls einen Rücktausch zu ermöglichen. Die Emittenten der Stablecoins werden künftig von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) beaufsichtigt und sie müssen einen eingetragenen Sitz in der EU haben. Aus währungspolitischen Gründen soll zudem der Einsatz von Stablecoins in der EU beschränkt werden, die durch außereuropäische Währungen gedeckt sind und verbreitet als Zahlungsmittel genutzt werden.
Die Einigung muss nun noch formell vom Europäischen Parlament und vom Rat bestätigt werden, bevor die Verordnung in Kraft treten kann.
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Trilog-Einigung zur Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen
Am 28. Juni 2022 wurde eine vorläufige politische Einigung zur Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen (Critical Entities Resilience, CER) erzielt. Die EU-Kommission hat hierzu im Dezember 2020 einen Vorschlag unterbreitet [COM(2020) 829].
Die neue CER-Richtlinie soll die seit 2008 geltende Richtlinie über die Ermittlung und Ausweisung europäischer kritischer Infrastrukturen (ECI-Richtlinie 2008/114/EG) ersetzen, insbesondere vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der digitalen Wirtschaft, neuen Herausforderungen aufgrund des Klimawandels sowie der Covid-19-Pandemie. Die neue Richtlinie erfasst zahlreiche kritische Einrichtungen, unter anderem in den Sektoren Energie, Verkehr, Gesundheit, Trinkwasser sowie zentrale öffentliche Verwaltungen, sofern diese Dienstleistungen erbringen, die für eine Gesellschaft essenziell sind. Sie verpflichtet mehr kritische Einrichtungen als bisher dazu, Strategien zu entwickeln, um sich besser gegen Ausfälle ihrer Dienstleistungen zu wappnen, die etwa aufgrund von Naturkatastrophen, terroristischen Angriffen oder Gesundheitsnotfällen drohen. Die Einrichtungen müssen sich verstärkt auf diese Gefahren vorbereiten, sich besser davor schützen und Schritte ergreifen, um auf Bedrohungen zu reagieren. Auch die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, nationale Strategien zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit kritischer Einrichtungen zu entwickeln und sie müssen alle vier Jahre eine neue Risikobewertung vornehmen. Zudem wurde ein Mechanismus zur Ermittlung von kritischen Einrichtungen geschaffen, die von besonderer europäischer Bedeutung sind. Demnach erbringen diese in zumindest sechs Mitgliedstaaten ihre kritischen Dienstleistungen.
Die neue CER-Richtlinie muss noch formell vom Europäischen Parlament und Rat bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten kann. Sie ist eng verknüpft mit zwei anderen EU-Gesetzgebungsakten, die die Stärkung der Cybersicherheit von kritischen Infrastrukturen zum Ziel haben, nämlich der neuen Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit (NIS 2-Richtlinie, s. cepAnalyse) sowie der Verordnung zur digitalen Betriebsstabilität von Finanzunternehmen (Digital Operational Resilience Act, DORA, s. cepAnalyse).
Trilog-Einigung zum e-Evidence-Paket
Am 28. Juni 2022 wurde eine vorläufige politische Einigung zur Verordnung über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen sowie zur Richtlinie über die Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren (e-Evidence Paket) erzielt. Die EU-Kommission hat hierzu bereits 2018 Vorschläge unterbreitet [Verordnung COM(2018) 225 / Richtlinie COM(2018) 226] vorgelegt.
Mit der vorläufigen Einigung nach vier Jahren Verhandlungen soll es künftig für Ermittler einfacher werden, zur Strafverfolgung Zugang zu grenzüberschreitenden elektronischen Beweismitteln zu erhalten. So sollen die Strafverfolgungsbehörden leichter Zugriff etwa auf E-Mails und Chat-Nachrichten im EU-Ausland bekommen. Sie haben dann künftig die Möglichkeit, direkt von Diensteanbietern zu verlangen, elektronische Beweismittel herauszugeben. Zudem sollen sie die Speicherung der Daten auf Vorrat verlangen können.
Das e-Evidence-Paket muss noch formell vom Europäischen Parlament und Rat bestätigt werden, bevor es in Kraft treten kann. Da einige Aspekte im Rahmen der vorläufigen Trilog-Einigung noch nicht vollständig geklärt werden konnten, dürfte dies noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
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Trilog-Einigung über Verordnung zu grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren
Am 23. Juni 2022 wurde eine politische Einigung zur Verordnung über schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren erzielt (s. cepAnalyse 19/2021). Die EU will künftig besser auf EU-weite Gesundheitskrisen reagieren können. Dies soll vor allem auch durch die Ausarbeitung kohärenter Notfallpläne – sowohl auf EU-Ebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten – gewährleistet werden. Außerdem soll der sogenannte Gesundheitssicherheitsausschuss als eine zentrale Schaltstelle für die Koordination fungieren. Die Kommission soll berechtigt werden, eine EU-weite Gesundheitsnotlage auszurufen. Dies versetzt sie unter anderem in die Lage, Mechanismen zur Überwachung von Arzneimittelengpässen oder eine besondere Unterstützung durch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zu aktivieren. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten medizinische Güter wie etwa Impfstoffe, Antibiotika oder Schutzausrüstung beschaffen kann. Nach der Einigung müssen das EU-Parlament und der Rat noch formal zustimmen.
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Die EU-Kommission bittet Betroffene und Interessierte in der Zivilgesellschaft regelmäßig um Stellungnahmen. Wir haben für Sie die wichtigsten Konsultationen zusammengestellt:
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Ratsempfehlung zu rauchfreien Umgebungen: Liste der erfassten Orte soll ausgeweitet werden
Die Kommission will die aus 2009 stammende Empfehlung des Rates über rauchfreie Umgebungen [2009/C 296/02] aufgrund der veränderten Marktbedingungen bei Tabakerzeugnissen aktualisieren. Anlass ist das veränderte Rauchverhalten. Denn inzwischen werden nicht nur traditionelle Erzeugnisse angeboten, sondern daneben auch E-Zigaretten und andere erhitzte Tabakerzeugnisse. Angesichts jener neuartigen Produkte mangelt es bisher noch an gesicherten Erkenntnissen über die langfristigen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. In Einklang mit dem europäischen Plan zur Krebsbekämpfung will die Kommission nun den Tabakkonsum weiter verringern und vor allem auch Nicht-Raucher vor Passivrauch schützen. Da die derzeitige Empfehlung nur einige Innenräume als rauchfreie Umgebungen definiert und Tabakrauch beziehungsweise Aerosole der neuartigen Produkte auch im Außenraum problematisch sein können, sollen weitere Orte, beispielsweise Schulen und Spielplätze, in den Anwendungsbereich der Empfehlung aufgenommen werden.
Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 20. Juli 2022.
Zur Konsultation
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Lebensmittelverschwendung: Rechtsverbindliche Zielvorgaben sollen kommen
Die Kommission will, wie in der „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie (s. cepAnalyse) angekündigt, rechtsverbindliche Zielvorgaben zur Verringerung von Lebensmittelverschwendung erlassen. Da bis zu 20% aller produzierten Lebensmittel in der EU, etwa 88 Millionen Tonnen jährlich, weggeworfen werden, sieht die Kommission Handlungsbedarf. Die Kommission begründet das damit, dass die bisherigen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung ( s. etwa die überarbeitete Abfallrahmenrichtlinie [2008/98/EG]) nicht ausreichend gewesen sind. Der Kommissionsvorschlag für eine neue Richtlinie wird daher genaue Vorgaben für die Verringerung von Lebensmittelabfällen entlang der gesamten Lebensmittelkette vorsehen. Zudem sollen die Mitgliedstaaten verbesserte Informationen über Lebensmittelabfälle bereitstellen und ressourcenschonende Produktionsprozesse fördern.
Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 16. August 2022.
Zur Konsultation
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4.- 7. Juli 2022 Straßburg
Sitzung des Europäischen Parlaments. Es geht unter anderem um die Notwendigkeit, europäische Maßnahmen zur Stärkung der Pflege zu treffen.
11. Juli 2022 Brüssel
Treffen der Euro-Gruppe. *
12. Juli 2022 Brüssel
Treffen des Rates für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin). Es geht unter anderem um den Euro-Beitritt Kroatiens und den Aufbauplan für Europa.
*Die genaue Agenda stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.
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Ausgewählte cepPublikationen
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cepAdhoc: Die EZB in der Stagflationsfalle
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Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht nach einer historischen Niedrigzinsphase ihre Zinsen. Anlass sind der kräftigste Zinsanstieg in den USA seit 40 Jahren, eine anziehende Inflation und die Gefahr einer Rezession. „Diese toxische Mischung manövriert die EZB in die Stagflationsfalle. Bereits jetzt steigt der Zinsunterschied zwischen Italien und Deutschland spürbar an. Der Euro-Anleihemarkt fragmentiert sich“, analysiert cep-Vorstand Henning Vöpel.
Zum cepAdhoc 8/2022
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cepAnalyse: Nationale Klimaziele ab 2021
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Die EU will die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 auf null und bis 2030 gegenüber 1990 um 55 Prozent senken. Hierzu hat die Kommission ein Maßnahmenpaket („Fit for 55“) vorgeschlagen, das die Verschärfung der nationalen Klimaziele vorsieht. Das Centrum für Europäische Politik begrüßt das Emissionshandelssystem für Straßenverkehr und Gebäude, befürchtet jedoch zu hohe Kosten durch Vorgaben für die Mitgliedstaaten.
Zur cepAnalyse 9/2022
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Die Europäische Union will die Produktion hochmoderner Computerchips in der EU massiv ausbauen. Ziel ist es, durch eigene Forschung und Produktion die Abhängigkeit von Staaten wie den USA, Taiwan und Südkorea zu reduzieren. Das Centrum für Europäische Politik bezweifelt, dass das Gesetz diese Wirkung haben wird, und fürchtet einen milliardenschweren Subventionswettlauf. Das cep hatte bereits im vergangenen März vor einem industriepolitischen Irrweg gewarnt.
Zur cepAnalyse 8/2022
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Mit dem cepDossier will das cep unterhalb der Ebene einer Studie oder Analyse auf wichtige EU-Regulierungsvorhaben hinweisen. Es berichtet über aktuelle Vorhaben und fasst diese kurz zusammen. Ziel ist es, noch schneller und interessegeleiteter Informationen zu vermitteln, die für Branchen und Stakeholder relevant sein könnten. Für den Juli-Newsletter ist auf keine speziellen EU-Regulierungsvorhaben hinzuweisen.
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Wilhelm II. sagte einst: „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Sollte der Kaiser womöglich doch noch Recht behalten?
Ihr
Dr. Jörg Köpke
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