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Liebe Leserinnen, liebe Leser, seit dem 1. Juli hat Spanien turnusgemäß den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft von Schweden übernommen. Am 23. Juli fanden die vorgezogenen Parlamentswahlen in Spanien statt. Der amtierende Ministerpräsident Sánchez, der bislang eine sozialdemokratische Minderheitsregierung anführte und vor einigen Monaten vorgezogene Neuwahlen anordnete, hatte vorsorglich seine Rede vor dem EU-Parlament zur Übernahme der Ratspräsidentschaft von Juli auf September verschoben. Die konservative Partei „Partido Popular“ (PP) mit dem Spitzenkandidaten Núñez Feijóo konnte die Wahl zwar erwartungsgemäß gewinnen, eine Regierungsbildung wird jedoch angesichts der Sitzverteilung kompliziert und wohl noch etwas Zeit beanspruchen – bis hin zu einer möglichen Neuwahl. Eine Regierung unter Beteiligung rechtspopulistischer, europaskeptischer und zum Teil separatistischer Kräfte ist jedenfalls nicht auszuschließen. Mit Spanien setzt sich damit ein Trend fort, der schon länger in Europa zu beobachten ist: Eine Spaltung der Gesellschaft mit einer Erosion der politischen Mitte. Das wird mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehende Europa-Wahl Rückwirkungen auch auf die Europäische Union insgesamt haben. Gebannt blickt Europa daher in den kommenden Tagen und Wochen nach Madrid, denn nach Italien mit Giorgia Meloni droht nun ein zweiter westlicher EU-Mitgliedstaat in eine europakritische, nationalstaatliche Politik zu fallen. Dies wäre ein historischer Härtetest für die EU, just zu einem Zeitpunkt, da die EU geopolitisch so stark gefordert ist wie nie. Das Centrum für Europäische Politik wird die Situation in Europa weiterhin beobachten. Ihr Prof. Dr. Henning Vöpel Vorstand |
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Aktuelle EU-Vorhaben im Fokus des cep |
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EMA-Gebühren: Parlament gibt grünes Licht für Trilog-Verhandlungen Wenn ein Arzneimittel eine EU-Zulassung erhalten soll, bewertet die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) dessen Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit. Hierfür werden entsprechende Gebühren von den Antragsstellern verlangt. Das derzeitige Gebührensystem ist jedoch annähernd 20 Jahre alt und bedarf einer Reform. Die Kommission hat bereits im Dezember 2022 einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt [COM(2022) 721], mit dem eine Diskrepanz zwischen den Kosten der EMA für die Erbringung der Leistungen und den bisher festgelegten Gebühren ausgeglichen werden soll. Zudem bedarf es laut Kommission größerer Flexibilität im Gebührensystem, wenn es zum Beispiel um Arzneimittelinnovationen geht, die komplexere Bewertungsverfahren erfordern. Nachdem der Rat sich bereits im Juni auf eine Verhandlungsposition geeinigt hatte, gab das Parlament nun auch grünes Licht für die Trilog-Verhandlungen, die alsbald beginnen werden. |
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Nachhaltigkeit: EU-Kommission legt ersten Satz an Berichtsstandards fest Seit dem 5. Januar 2023 ist die neue Richtlinie (EU) 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) in Kraft (s. cepAnalyse 21/2021). Die CSRD ersetzt die Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) und verpflichtet eine Vielzahl von Unternehmen dazu, in ihre Lageberichte nachhaltigkeitsbezogene Informationen aufzunehmen. In der CSRD ist festgelegt, dass die Kommission mehrere delegierte Rechtsakte erlassen muss, um den Inhalt und die Struktur der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu konkretisieren. Am 31. Juli 2023 hat die Kommission nun ihren lang erwarteten ersten Satz an branchenunabhängigen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht, der für alle Unternehmen, die der CSRD unterliegen, von Relevanz ist. Der nun veröffentlichte Rechtsakt muss nun noch vom Europäischen Parlament (EP) geprüft werden. Lehnen sie ihn nicht ab, gilt er ab dem 1. Januar 2024 für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen. Mehr Informationen zur Vorlage des ersten Satzes an Berichtsstandards finden Sie in einem cepAktuell. |
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Die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament verhandeln regelmäßig im sogenannten Trilog über EU-Gesetzesvorhaben, um eine gemeinsame Position zu finden. Wir haben für Sie die wichtigsten Trilog-Einigungen seit dem Newsletter im vergangenen Monat zusammenstellt: |
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Trilog-Einigung zur Ozon-Verordnung Am 13. Juni wurde eine vorläufige politische Einigung über die neue Ozon-Verordnung erzielt. Die EU verhängt damit ein Verbot für die Herstellung, den Verkauf, die Verwendung sowie die Ein- und Ausfuhr von Substanzen, die zum Abbau der Ozonschicht führen (ozone depleting substances, ODS). ODS dürfen nur noch ausnahmsweise als Ausgangsstoffe, als Prozesswirkstoffe, in Laboratorien und für den Brandschutz in Flugzeugen genutzt werden. Zudem soll die Kommission mindestens alle vier Jahre die Liste der verbotenen ODS aktualisieren und prüfen, ob Alternativen verfügbar sind. Außerdem sind Schulungsprogramme für Fachkräfte vorgesehen, die bei Renovierungen ODS-haltige Baumaterialien (z.B. Dämmschäume) entfernen. |
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Kapitalmarktunion: Einigung bei Vorschriften für Investmentfonds Das Europäische Parlament (EP) und der Rat haben am 20. Juli 2023 eine vorläufige politische Einigung zur Überarbeitung der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie 2011/61/EU) und der Richtlinie zu Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW-Richtlinie 2009/65/EG) erzielt. Die Überarbeitung der beiden Richtlinien hatte die Kommission bereits im November 2021 angestoßen [COM(2021) 721, s. cepAnalyse 7/2022]. „Alternative Investmentfonds“ (AIF) sind Fonds, die hauptsächlich bei professionellen Anlegern Gelder akquirieren, um sie zu investieren. Dazu zählen etwa Private-Equity-Fonds, Hedgefonds sowie Rohstoff- und Immobilienfonds. OGAW sind Fonds, deren ausschließlicher Zweck darin besteht, beim Publikum beschaffte Gelder für die gemeinsame Anlage in Wertpapieren zu investieren, wobei Anleger auf Verlangen jederzeit Anteile zurückgeben und auszahlen lassen können. OGAW-Investmentfonds richten sich primär an Kleinanleger. Im Rahmen der Überarbeitung der AIFM- und der OGAW-Richtlinie soll es erstmals EU einheitliche Vorgaben für alternative Investmentfonds (AIF) geben, die Kredite an Unternehmen vergeben („Kreditfonds“). Zudem sollen neuen Vorgaben für die Aktivierung von Instrumenten zum Liquiditätsmanagement geschaffen werden, damit die Fonds in schwierigen Marktlagen dem Rückgabedruck von Geldern besser begegnen können und gleichzeitig der Anlegerschutz gewahrt bleibt. Ferner einigten sich das EP und der Rat auf strengere Vorgaben zu „Übertragungsvereinbarungen“, bei denen die Fondsverwalter, unter Voraussetzungen, Aufgaben an Dritte zur Ausführung dieser Aufgaben in ihrem Namen übertragen. Die vorläufige Einigung muss nun noch formell vom EP und vom Rat angenommen werden. Anschließend können die beiden überarbeiteten Richtlinien in Kraft treten. |
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Die EU-Kommission bittet Entscheidungsträger und Interessierte in der Zivilgesellschaft um Stellungnahmen zu europäischen Politikvorhaben. Wir haben für Sie die wichtigsten Konsultationen zusammengestellt: |
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Wärmepumpen: Beschleunigte Einführung in der EU Durch den Einsatz von Wärmepumpen in Gebäuden, der Industrie und lokalen Wärmenetzen sollen die Ziele im Rahmen des Europäischen Grünen Deals und der REPowerEU-Initative [s. cepAktuell] – wie die Verringerung der Treibhausgasemissionen – unterstützt werden. Durch die Konsultation will die Kommission Meinungen zu Hemmnissen bei der Einführung von Wärmepumpen in der EU einholen. Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 30. August 2023. Zur Konsultation |
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Gentechnisch-veränderte Pflanzen: Kommissionsvorschlag veröffentlicht Die Kommission hat Anfang Juli einen Vorschlag zu neuen Rechtsvorschriften für gentechnisch-veränderte Pflanzen vorgelegt [COM (2023) 411]. Pflanzen, die aus neuen genomischen Verfahren gewonnen und als Futter- und Lebensmittel eingesetzt werden, sollen resistenter gegenüber Krankheiten und Umweltweltbedingungen wie extremer Hitze werden. Dadurch können Pestizide oder natürliche Ressourcen wie Wasser eingespart werden. Die Kommission zielt darauf ab, mit den neuen Rechtsvorschriften ein hohes Schutzniveau für die Umwelt und für die Gesundheit von Mensch und Tier sicherzustellen. Dies diene auch der Umsetzung des „Grünen Deals“ und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ (s. cepAnalyse). Interessenträger können nun ihre Meinung zum Kommissionsvorschlag abgeben. Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 13. September 2023. Zur Konsultation |
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Cybersicherheit: Bewertung der ENISA und des EU-Rechtsrahmens zur Cybersicherheitszertifizierung Am 14. Juli 2023 hat die Kommission eine Sondierungskonsultation zur Bewertung der Verordnung (EU) 2019/881 über die Agentur der EU für Cybersicherheit (ENISA) und über die Zertifizierung der Cybersicherheit von Informations- und Kommunikationstechnik gestartet (s. cepAnalyse 6/2018 zur ENISA und cepAnalyse 16/2018 zur Cybersicherheitszertifizierung). Die seit 2019 geltende Verordnung legt die Ziele, Aufgaben und Organisation der ENISA fest und etabliert einen Rahmen zur Festlegung europäischer Schemata für die Cybersicherheitszertifizierung. Die Kommission muss bis Juni 2024 eine Bewertung der Verordnung durchzuführen. Im Rahmen dieser Bewertung muss sie insbesondere prüfen, ob die ENISA ihre Aufgaben, Mandate und Ziele zufriedenstellend erfüllt und ob es Reformbedarf hinsichtlich ihres Mandats gibt. Auch soll die Wirkung, Effektivität und Effizienz der Vorgaben zur Cybersicherheitszertifizierung untersucht werden. Die nun vorgelegte Konsultation soll sie bei dieser Bewertung unterstützen. Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 16. September 2023. Zur Konsultation |
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Einzelhandel: widerstandsfähig, digital und umweltfreundlich Die Kommission bittet um Rückmeldungen zu ihrem Arbeitsdokument, in dem sie die wichtigsten Herausforderungen und Chancen des Übergangs zu einem widerstandsfähigeren, digitalen und umweltfreundlichen Einzelhandels-Ökosystems darstellt. In ihrer Konsultation fragt sie u.a. danach, was die größten Herausforderungen und mögliche Lösungen sind, um den grünen und digitalen Wandel des Einzelhandels für Arbeitnehmer, Verbraucher und KMU fair und gerecht zu gestalten. Die Einreichungsfrist für Stellungnahmen endet am 26. September 2023. Zur Konsultation |
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31. August 2023 Barcelona Expertentreffen. Es geht um den Europäischen Plan zur Krebsbekämpfung. |
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Ausgewählte cepPublikationen |
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cepStudie: Die ZF.2050 Zukunft-Analyse: Wie zukunftsorientiert ist der Bundestag? |
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| Banken, Euro, Corona, Ukraine, Inflation: Polykrisen halten die Bundespolitik in Atem. Die Gestaltung der Zukunft kommt darüber oft zu kurz. Eine Studie des Centrums für Europäische Politik (cep) belegt erstmals empirisch, was bislang nur ein vages Gefühl war: Im Bundestag spielen Zukunftsthemen kaum noch eine Rolle. Zur cepStudie |
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cepInput: Die EU zwischen Souveränität und Erpressbarkeit |
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| Polen und Ungarn missbrauchen zunehmend das Einstimmigkeitsprinzip der EU, um Entscheidungen zu blockieren und eigene Interessen durchzusetzen. Sie untergraben mit Angriffen auf die Rechtstaatlichkeit europäische Werte und letztlich die Souveränität der EU. Gegenmittel sind kaum in Sicht. Ein Ausschluss ist ebenso schwer umsetzbar wie eine „EU 2.0“, wie eine Studie des Centrums für Europäische Politik (cep) belegt. Zum cepInput |
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cepInput: Recycling grüner Zukunftstechnologien |
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| Der Zugriff auf begehrte Metalle ist Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Recycling ist das noch fehlendes Glied des europäischen Green Deal – umweltschonend und theoretisch mit nie versiegenden Quellen. Das Centrum für Europäische Politik (cep) hat Recycling-Potenziale von Permanentmagneten für Windkraft und E-Mobilität untersucht. Ergebnis: Noch überwiegen die Hemmnisse. Zum cepInput |
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Jürgen Stark: „Der Stabilitätspakt ist tot“ Im exklusiven Gespräch mit cep-Kommunikationschef Jörg Köpke geht der ehemalige EZB-Banker Jürgen Stark mit seinen Nachfolgern hart ins Gericht. Er prophezeit eine langanhaltend hohe Inflation – und das faktische Ende des Stabilitätspaktes. Zum Artikel |
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Metaverse Momentum for European Healthcare Virtual worlds will revolutionise healthcare. By combining virtual reality with biofeedback, this so-called Metaverse enables innovative forms of diagnosis and therapy. Gaining consumer trust, however, requires a European quality label for the protection of data. Zum Artikel |
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Vorfahrtsregeln statt Stoppschilder: Warum Europa den Anschluss bei Künstlicher Intelligenz gerade jetzt nicht verlieren darf Bis zur breiten Nutzung von KI in Europa ist es zwar noch ein weiter Weg. Aber angesichts der enormen Beschleunigung, die jetzt stattfindet, braucht es kluge Vorfahrtsregeln, keine Stoppschilder, denn sonst wird Europa abgehängt. Zum Artikel |
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…und bald auch nach Deutschland? Was hierzulande aufgrund einer sozial und ökonomisch relativ stabilen Gesellschaft lange Zeit als undenkbar galt, gerät erkennbar ins Rutschen, nämlich das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen – begleitet von Anzeichen und Vorahnungen eines wirtschaftlichen Abstiegs. Man muss nicht den Vergleich zur Weimarer Republik bemühen, um zu verstehen, welche Gefahren aus dieser Entwicklung erwachsen können. Es ist daher höchste Zeit, wieder Vertrauen zu schaffen. Dazu gehört auch, in Sprache und Diskurs versöhnlicher zu werden. Wenn wir uns nicht mäßigen, wird die Gesellschaft maßlos. Wir müssen die Fähigkeit zurückgewinnen, wieder konstruktiv im Sinne der wirklich wichtigen Probleme zu sein. Von denen gibt es wahrlich genug und die Menschen warten auf vernünftige Lösungen, die zukunftsfähig, aber eben auch realitätstauglich sein müssen. Ihr Henning Vöpel Centrum für Europäische Politik |
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