Die bekannteste Rolle des 98-jährigen ist wohl die des Beifahrers von Warren Buffett bei Berkshire Hathaway. Munger hält mit seiner Meinung nicht hinterm Berg und scheut sich nicht, mit seinen Aussagen anzuecken, und er ist gern gesehener Interview-Partner in nahezu allen Medien. Von Krypto-Währungen hält er nicht viel und eine seiner harmlosesten Aussagen dazu ist erst wenige Wochen alt: „Krypto-Währungen sind eine Investition in Nichts, und der Typ, der versucht, Dir eine Investition in Nichts zu verkaufen, sagt: "Ich habe eine besondere Art von Nichts, von der man nur schwer mehr herstellen kann“. Ich will kein Stück von Nichts kaufen.“ – Charlie Munger – Auch wenn Krypto-Jünger nun verschnupft die Nase rümpfen, sollte sich auch für sie das Weiterlesen lohnen... Jeder möchte hinter das Geheimnis des Selfmade-Milliardärs kommen, dabei verrät er seine Erfolgsformel schon seit Jahren. Wie er selbst süffisant anmerkt, ist diese aber so simpel, dass niemand glaubt, dass man auf diese Weise reich werden könne und daher nach viel komplizierteren Wegen suche. Was meistens zum Scheitern verurteilt ist. „Wir wissen nicht, wie wir schnell reich werden können, aber wir wissen, wie es langsam geht.“ – Charlie Munger – Langsam, aber sicher. Mit Geduld. Das sind grundlegende Faktoren, die beim Investieren den Erfolg bringen. Warren Buffett ist einer der reichsten Menschen der Welt, aber von seinen zig Milliarden hat er 99% nach seinem 50. Geburtstag verdient. Und das nicht etwa, weil er da viel höhere Renditen erzielte als früher; das Gegenteil ist der Fall: In seinen Anfangsjahren lag seine Jahresrendite oft bei 50% und über seine gesamte Investmentzeit hinweg, also knapp 80 Jahre sind es gut 20%. Nein, es liegt an der Macht des Zinseszinses, dem Compounding. Buffetts Vermögen ist ganz überwiegend in Aktien von Berkshire Hathaway angelegt und deren Kurs ist seit Buffetts Einstieg vor fast 60 Jahren von 50 US-Dollar auf aktuell 425.000 US-Dollar; das Allzeithoch aus dem März 2022 lag bei rund 540.000 US-Dollar. Auch Mungers Vermögen steckt ganz überwiegend in Berkshire-Aktien, die ihn zum Milliardär machten. Wenn man hinter seine Investments kommen will, muss man eigentlich dreischichtig vorgehen. Zunächst ist da Mungers privates Portfolio. Knapp 95% seines Vermögens hält er in Berkshire Hathaway-Aktien, mehr als 4% in Aktien von Costco Wholesale und dann noch 1% in Aktien von Daily Journal. Zudem hält er einen signifikanten Anteil an Himalaya Capital Management von Li Lu; dieser chinesisch stämmige Investor gilt als der Warren Buffett Asiens und ist einer der engsten Freunde Mungers. Er hat Munger – und Buffett – 1988 auf das chinesische Unternehmen BYD aufmerksam gemacht, von der Berkshire Hathaway Energy (damals noch als MidAmerican Energy firmierend) 225 Mio. Aktien für rund 232 Mio. US-Dollar kaufte. Dem Einstiegskurs von 1,03 US-Dollar steht der heutige Kurs von 27,50 US-Dollar gegenüber, was einer durchschnittlichen Jahresrendite von knapp 30% entspricht. Zurück zu Daily Journal, einem kleinen Zeitungs-Verlag, an dem Munger mit seinen 50.000 Aktien rund 3,6% hält, wo er aber als Chairman jahrzehntelang die Investments verwaltete. Daily Journal wird daher auch öfter als Mungers „private Vermögens-Verwaltung“ tituliert. Deren Portfolio ist recht übersichtlich. Im 2. Quartal gab es keine Aktien-Dispositionen und Ende Juni bestand es aus 5 Aktien-Positionen: 40,93% Bank of America 35,64% Wells Fargo 19,50% Alibaba Group 3,68% U.S. Bancorp 0,25% POSCO Für Aufsehen hat vor allem sein Einstieg bei Alibaba im 4. Quartal 2021 gesorgt, zumal der Aktienkurs seitdem fast permanent gefallen ist. Wirklich interessant ist aber die Gewichtung des Banken-Sektors mit 80,25%. Das könnte man als Klumpenrisiko bezeichnen und auch noch in einer Branche im Wandel. Denn Onlinebanking und -brokerage, FinTechs, Filialsterben, der Abschwung am US-Immobilienmarkt, Krypto-Währungen und die Zinswende setzen den etablierten Banken zu. Doch Munger rührt seine Bank-Aktien nicht an; sie befinden sich seit fast 15 Jahren und unverändert in seinem Depot. Da stellt sich die Frage, warum... Munger und die Banken Zunächst einmal gehören Banken zu Mungers bevorzugtem Business. Sie erzeugen hohe Cashflows und bei einem grundsätzlich steigenden Weltwirtschafts-Wachstum und steigenden globalem Wohlstand boomt ihr Geschäft. In seiner positiven Einschätzung ist Munger sich mit Warren Buffett einig. „Banking ist ein sehr gutes Business, solange man nicht irgendetwas Saudummes anstellt.“ – Warren Buffett – Aber das erklärt nur, dass Munger in Banken investiert ist, aber nicht, weshalb er sie so hoch gewichtet. Die Erklärung ergibt sich aus Mungers Investment-Philosophie. „Weise Investoren setzen viel, wenn die Welt ihnen großartige Gelegenheiten bietet. Sie setzen viel, wenn die Chancen auf ihrer Seite sind. Den Rest der Zeit tun sie das nicht. So einfach ist das.“ – Charlie Munger – Und diese „once-in-a-lifetime-opportunity“ bot sich auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008/09, als Munger sich zu Spottpreisen in die Banken einkaufte. Als das Weltfinanzsystem vor dem Abgrund stand nach der Pleite von Lehman Brothers und dem darauf folgenden Zusammenbruch des weltgrößten Versicherungs-Unternehmen AIG, bei dem sich fast alle Banken der Welt gegen Kreditausfälle versichert hatten, war Munger der Überzeugung, dass es keinen Zusammenbruch geben würde. Deshalb investierte er in die solidesten Unternehmen der Branche und das zu minimalen Kursen. Das war übrigens nicht das erste Mal, dass Berkshire Hathaway oder Buffett oder Munger so vorgingen im Finanz-Sektor. Buffetts erstes großes Engagement bei American Express erfolgte, als die Firma kurz vor dem Zusammenbruch stand nach einem Skandal. Buffett glaubte an ein Überleben und griff beherzt bei den Aktien zu. „Große Anlage-Möglichkeiten kommen immer dann, wenn hervorragende Unternehmen vorübergehend in schwieriges Fahrwasser geraten und deshalb unterbewertet werden.“ – Warren Buffett – Anfang der 1990er Jahre kaufte Berkshire Hathaway Aktien von Wells Fargo, während sich die Welt in einer durch Immobilien-Kredite ausgelösten Bankenpanik befand. Es waren die Nachwehen der großen Insider-Skandale der 1980er Jahre an der Wall Street, bei denen Investmentgrößen wie Martin Siegel, Ivan Boesky (der als Vorlage für den von Michael Douglas im Filmepos „Wall Street“ verkörperten Bösewicht Gordon Gekko herhalten musste) sowie Junk Bond-Papst Michael Milken. Am Ende wurde Milken zur Strecke gebracht und mit ihm brach Drexel Burnham zusammen, die mit ihren Junk Bonds die Ära der Firmenübernahme geprägt hatte. Und viele dieser kollabierenden Junk Bonds fanden sich in den Portfolios von Sparkassen, denen unter Ronald Reagan die Ausweitung ihres Geschäfts in andere Bereiche erlaubt worden war. Schlussendlich musste der Steuerzahler mit vielen Milliarden die kollabierenden Sparkassen retten (klingt irgendwie bekannt aus der Finanzkrise 2008/09). Der Banken-Sektor lag am Boden und Berkshire kaufte Bankaktien, genauer gesagt Wells Fargo. 18 Jahre später war es wieder soweit und die Finanz-Branche stand am Abgrund. Während Buffett Goldman Sachs mit einer Finanzspritze von 5 Mrd. US-Dollar neues Leben einhauchte und 2011 in ähnlicher Größenordnung auch der Bank of America, sammelte Munger 2009 die Aktien von Wells Fargo, BoA und U.S. Bancorp zu Schnäppchen-Preisen ein. Munger erklärte dieses Vorgehen und weshalb man sich gerade diese Banken herausgepickt hatte einmal auf einem Aktionärs-Treffen des Daily Journal: „Als Berkshire Wells Fargo kaufte, befand sich die Welt in einer durch Immobilienkredite ausgelösten Bankenpanik. Wir wussten, dass die Kreditsachbearbeiter der Bank nicht gewöhnlich waren. Sie wuchsen im Bekleidungsviertel als Zyniker auf und waren vorsichtig und besser als andere. Das war ein Informationsvorsprung, den wir hatten, dass Wells Fargo über diese besondere Fähigkeit verfügte. Als Daily Journal sich bei Wells Fargo zu 8 US-Dollar einkaufte, wussten wir, dass die Banker rationaler waren als gewöhnliche Banker. Niemand sollte eine Bank kaufen, ohne ein Gefühl dafür zu haben, wie scharfsinnig das Management ist. Es ist leicht, sich etwas vorzumachen, denn es ist sehr einfach, die wahren Zahlen zu verbergen. Investieren Sie nicht in Banken ohne wirkliches Wissen.“ – Charlie Munger, 2016 – Mein Fazit Und da haben wir das Geheimnis hinter der Erfolgsformel. Banken sind ein lukratives Business und Munger kaufte sie, als sie in einer tiefen Krise steckten. Er kaufte die aus seiner Sicht besten Banken mit den seriösesten Managern und hält bis heute an diesem Investment fest. Es sind Multibagger in seinem Portfolio und die Dividenden spielen im jedes Jahr Millionen ein. In 2022 zahlt Wells Fargo eine Jahresdividende von 0,80 US-Dollar und bezogen auf seinen Einstiegskurs von 8 US-Dollar liegt seine Dividendenrendite bei 10%. 2019 konnte Wells Fargo sogar 1,92 US-Dollar an Dividenden auskehren und damit beinahe wieder so viel wie vor der großen Finanzkrise. Auf 8 US-Dollar bezogen lag die Dividendenrendite vor 3 Jahren bei 24%. Munger fließt jedes Quartal viel frisches Geld aus diesen Dividenden zu, das er hortet und nur dann investiert, wenn sich ihm einen dieser wenigen ganz besonderen Ausnahme-Situationen bieten. Er verkauft die Aktien nicht, weil sie „permanent abliefern“, trotz aller Widrigkeiten. Sie sind wahre Cashmashinen, was auch am extrem niedrigen Einstandspreis liegt, den Munger für die Aktien bezahlen musste. „Die erste Regel beim Compounding ist, es nie unnötig zu unterbrechen.“ – Charlie Munger – Auch Buffett hält es so. Zwar kaufte er Coca-Cola bei einer hohen Bewertung, aber nach einem Kurseinbruch. Und er war sich sicher, dass das Unternehmen über Jahrzehnte stark wachsen würde und das mit seiner beinahe unschlagbaren Preissetzungsmacht. Heute spülen die Dividenden Berkshire beinahe so viel Geld in die Kassen, wie er Ende der 1990er Jahre für seine Aktien-Position insgesamt hingeblättert hat. Und dabei kauft Coca-Cola auch noch massenhaft eigen Aktien zurück, so dass sich Berkshires Anteil wie von selbst immer weiter erhöht. Was eine weitere Parallele zur Bank of Amerika ist. Bei Wells Fargo hingegen gehen Buffett und Munger inzwischen getrennte Wege. Buffett hat Wells Fargo, die ehemals größte Position in Berkshires Portfolio, inzwischen restlos verkauft, während Munger an seinen Aktien im Daily Journal-Portfolio festhält. Man sieht: auch wenn die beiden ganz ähnlich ticken und sich meistens bis ins Detail einig sind, sie kommen doch bisweilen zu unterschiedlichen Ansichten und Entscheidungen. Erfolg haben sie beide damit – mit ihrer ganz simplen Investment-Philosophie: Kaufe Qualität, kaufe sie billig und halte sie so lange fest wie möglich. Und versuch nicht, auf die Schnelle reich zu werden, sondern nimm den langsamen Weg, der aber so gut wie sicher zum Erfolg führt. Und genauso läuft’s...
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig. | |
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Die Redakteure/Autoren sind in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Berkshire Hathaway & Costco Wholesale Weitere Informationen dazu findest Du hier... Meine neuesten Videos
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