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Liebe/r Leser/in,

in den großen Themen – von der Unterstützung der Ukraine bis zum Klimaschutz – herrscht zwischen den bürgerlich-anständigen Parteien in diesem Land ein derartiges Maß an Übereinstimmung, dass man schon von einer Giga-Koalition anstatt von einer GroKo sprechen kann. Viele Bürger denken deshalb: Die Richtung muss im Großen und Ganzen stimmen, denn es sind ja fast alle dafür. In solchen Situationen ist ein Störenfried schier unverzichtbar.

Und das ist der Grund, warum für mich derzeit die FDP die wichtigste Partei des Landes ist. Denn die Liberalen haben nicht nur theoretisch die Macht, Dinge, die sie stören, zu verhindern, sie machen davon auch täglichen Gebrauch, zum Beispiel im Bereich Verkehr und Mobilität.
Am umstrittensten ist wohl die Entscheidung von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), die endgültige Entscheidung über ein Verbot für den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor in der EU ab 2035 zu blockieren, wenn es keine Ausnahme gibt für den Einsatz von synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels), die so gut wie CO₂-neutral sind.
Wissing begründet die stark angefeindete Haltung der FDP mit der enormen Bestandsflotte an Pkw allein in Deutschland. Außerdem möchte der Minister verhindern, dass die Option der E-Fuels vorzeitig durch ein Totalverbot für Verbrenner verschüttet wird. Sein Parteichef, Finanzminister Christian Lindner, steht ihm zur Seite: „Weltweit wird mit Sicherheit der Verbrennungsmotor noch eine große Rolle spielen.“ Dazu passen Planungen von BMW, SUVs der X-Reihe bis weit ins kommende Jahrzehnt hinein mit Diesel- und Benzinmotoren zu bauen. Und auch Mercedes will laut „Handelsblatt“ auf „Electric only“ nur dort setzen, „wo die Marktbedingungen es zulassen“.

Das ist leicht nachvollziehbar, denn in China und den USA (mit Ausnahme weniger Bundesstaaten) ist ein Ende des Verbrenners nicht in Sicht. Und auch in Deutschland könnte angesichts der überschaubaren Fortschritte im Bereich Elek­tromobilität seit Verabschiedung eines entsprechenden Regierungsprogramms im Mai 2011 (!) etwas Technologieoffenheit nicht schaden. Von den damals anvisierten eine Million Elektroautos bis 2020 waren zu diesem Zeitpunkt lediglich 310 000 auf deutschen Straßen unterwegs.

Ähnliches gilt, wenn es um den Streit zwischen FDP und Grünen geht, ob beim Ausbau der Verkehrswege Autobahnen oder Schienen Vorrang haben sollen. Wissing will eine Planungsbeschleunigung für die Straße und begründet dies damit, dass der Verkehr dort laut einer neuen Prognose bis 2051 stärker steigen wird als der auf der Schiene. Dagegen leisten die Grünen erbitterten Widerstand. Ich bin kein Verkehrsexperte, aber ich verstehe nicht, warum die Grünen das Auto selbst dann noch so heftig bekämpfen, wenn es CO₂-neutral fährt. Es wirkt ein wenig so, als wenn hier veraltete Obsessionen und Gewohnheiten fortwirkten.

Sehr verständlich finde ich auch den Widerstand der FDP gegen die überhasteten Pläne zum Ausstieg aus Gas- und Ölheizungen. Ich befinde mich damit in guter Gesellschaft, denn die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnte diese Woche, die Regierung könne sich damit „ins Knie schießen“. Denn möglicherweise ließen sich nicht genug Wärmepumpen herstellen, um die Gasheizungen zu ersetzen. Eine aktuelle Studie von Forschern aus den Bereichen Wärmeschutz und Energie kommt zu dem Ergebnis, dass etwa zehn Millionen Wohngebäude – also die Hälfte (!) aller Wohnhäuser – für den Einbau einer Wärmepumpe nicht geeignet sind.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat dieser Tage die Ampel davor gewarnt, sich bei der Energiewende im Klein-Klein zu verstricken. Aufgabe des Staats sei es, Rahmenbedingungen zu schaffen, zum Beispiel durch die europäische Ausweitung der CO₂-Bepreisung oder die Förderung der Wasserstofftechnologie, und nicht zuletzt Investoren Planungssicherheit zu geben.
Rechtzeitig zur Kabinettsklausur in Meseberg mahnten die Wissenschaftler Technologieoffenheit beim Klimaschutz an.

Lindner wird es gerne gehört haben. Meine Sorge: Ohne die FDP würden Klima­minister Robert Habeck, Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) neben den bisherigen Luftschlössern Energie- und Verkehrswende bedenkenlos das Luftschloss Klimawende errichten.

Und das ist für mich der entscheidende Punkt: Dieses Land braucht wieder mehr Markt- und weniger Staatswirtschaft. Die Politik und insbesondere Rot-Grün mögen ja glauben, dass der Staat es besser kann als die Wirtschaft. Wenn dem so wäre, dann müssten wir in Deutschland die beste aller Bahnen haben, die uns pünktlich an alle Orte der Republik brächte. Denn die Bahn ist bis heute zu 100 Prozent im Besitz des Bundes.

Weitere eindrucksvolle Beispiele sind der desaströse Zustand unserer Bundeswehr, der Berliner Flug­hafen oder der beklagenswerte Digitalisierungszustand Deutschlands.

Für mich ist die FDP alles andere als eine Neinsager-Partei. Denn es hat doch nichts mit verhindern zu tun, wenn man dem Land Zukunfts- und Handlungsoptionen erhält, nicht zuletzt durch das Beharren auf soliden Finanzen in Berlin und Brüssel. Dort gibt es genügend Kräfte, die für ihre staatsübergriffige Politik keine Grenzen beim Schuldenmachen kennen.


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

dieses Editorial ist mein letztes als Chefredakteur dieses wunderbaren Magazins. Ich schaue mit Demut und Dankbarkeit auf sieben Jahre und eine Woche FOCUS-Leben zurück – und ich möchte Danke sagen. Denn es war eine schöne Zeit, es hat Spaß gemacht.

Ich danke dieser tollen Redaktion, in der fleißige und kreative Menschen arbeiten, die mir ans Herz gewachsen sind. Ich danke dem FOCUS-Leserbeirat für die Unterstützung und Inspiration. Ich danke dem BurdaVerlag für insgesamt zwölf Jahre Vertrauen. Und ich danke insbesondere Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für Ihre Treue, Ihr Lob und Ihre Kritik.

Herzlich Ihr

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Robert Schneider,
Chefredakteur FOCUS-Magazin

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