die Gewaltnächte in zahlreichen Städten Frankreichs haben in der vergangenen Woche nicht nur die Nachrichten in unserem Nachbarland bestimmt. Es dauerte allerdings erstaunlich lange, bis sich die deutsche Öffentlichkeit das Ausmaß der menschengemachten Katastrophe klarmachte. Zunächst waren die Websites der großen deutschen Nachrichtenportale erstaunlich unbeeindruckt von dem frankreichweiten Gewaltausbruch in den Einwanderervororten nach der Erschießung eines 17-Jährigen durch einen Polizisten. Dabei haben die Clan-Prügeleien im Ruhrgebiet vor einigen Tagen erst gezeigt, dass auch in deutschen Städten ein enormes Gewaltpotential vorhanden ist. Und schnell wurde auch klar, dass die Gewalteskalation in Frankreich für die migrationsskeptischen Regierungen Polens und Ungarns zum Argument für ihre Ablehnung jeglicher Migrantenzuweisungen beim gleichzeitig stattfindenden EU-Gipfel wurde. Heute, nach der vierten Gewaltnacht, macht Frankreichs Innenminister etwas Hoffnung auf ein Abflauen. Einwanderung, beziehungsweise ihre Begrenzung, ist auch eine der Forderungen von CDU und CSU in ihrem 10-Punkte-Programm „Unsere Agenda für Deutschland“. Für unseren Kolumnisten Alexander Grau ist dieses Programm nicht mehr als ein „Neuaufguss intellektueller Ödnis“. Die Union gibt sich noch immer der Illusion hin, einer ideologischen Auseinandersetzung mit den Grünen ausweichen zu können, indem man ihnen nur handwerkliche Fehler ankreidet, statt selbst eine grundlegende Alternative, einen ernthaften „Anti-Grünianismus“ zu entwerfen. Der ungenannte aber vermutlich wichtigste Grund für dieses CDU-Programm ist der Umfrageerfolg der AfD. Dabei ist die Union selbst nicht ganz unschuldig an der Zuspitzung der Lage. Denn die Union hat, so schreibt Cicero-Autor Jens Peter Paul, in den ersten Jahren der AfD die Möglichkeit einer vernünftigen Reaktion auf deren Herausforderung nicht genutzt. Eine fatale Rolle spielte aber auch die Fünf-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl 2013. Statt die frühe, noch nicht radikalsierte AfD durch die Aussicht auf Teilhabe zu „erziehen“, oder ihr die brauchbaren Köpfe abzuwerben, verfolgte man von Anfang an das Konzept des Containments, des Einhausens mit irgendwelchen höchst einseitigen Brandmauern, die zugleich nach Links eingerissen wurden. So läuft es nun, mit einigen Jahren Verspätung, auf eine vom Wähler brachial erzwungene AfD-Teilhabe an der Macht hinaus, zunächst in den ostdeutschen Ländern, irgendwann, wenn die übrigen Parteien nicht endlich ein Minimum an Vernunft annehmen, auch im Bund. Der israelisch-deutsche Autor Arye Sharuz Shalicar ist in Deutschland manch einem bekannt als Sprecher der Israelischen Selbstverteidigungskräfte. Nun hat er das Tagebuch seines Schwiegervaters aus dem russisch besetzten Cherson geschrieben. Im Interview mit Cicero-Autorin Ilgin Seren Evisen erzählt er, wie ein alter Mann und Nachkomme von Holocaust-Überlebenden sich erst von der Kiewer Regierung im Stich gelassen und dann, nach der Flucht nach Israel, selbst als Verräter an den Dagebliebenen fühlte. Ihr Ferdinand Knauß, Redakteur |