Zum Glück ist die neue Triage-Regelung im Infektionsschutzgesetz nur für extreme Ausnahmesituationen gedacht, wie sie in der schlimmsten Zeit der Coronapandemie in Deutschland nur kurz zu entstehen drohten. Aber sie nimmt Intensivmedizinern in den Augen vieler Ärzte ihre medizinisch und ethisch begründete Entscheidungskompetenz. Unterstützt von der Gewerkschaft Marburger Bund legen deshalb 14 Ärztinnen und Ärzte nun Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung ein.
Es geht um den Fall, dass die Kapazitäten einer Intensivstation erschöpft sind. Dann, so schreibt das Gesetz vor, darf niemand diskriminiert werden – vor allem nicht wegen Behinderung, Gebrechlichkeit, Alter, Herkunft, Geschlecht sowie religiöser, weltanschaulicher und sexueller Orientierung. Mit dem Satz „Bereits zugeteilte überlebenswichtige intensivmedizinische Behandlungskapazitäten sind von der Zuteilungsentscheidung ausgenommen“ verbietet es, einem neu hinzukommenden Patienten mit einer besseren Chance das Bett zu geben, in dem ein anderer bereits liegt, der aber eine schlechtere Prognose hat.
Einige Behindertenorganisationen begrüßen das. Der Marbuger Bund sieht darin hingegen eine Verpflichtung, entgegen dem Grundsatz zu handeln, dass die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit das entscheidende Kriterium für die Zuteilung medizinischer Ressourcen sei.
Kurt-Martin Mayer, Wissen & Gesundheit
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