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Sehr geehrte Damen und Herren,
Jacques Schuster
Jacques Schuster
Chefkommentator
man muss nicht lange um den heißen Brei herumtänzeln. Vielmehr wird es Zeit, klar zu sagen, was Sache ist: Das deutsch-russische Verhältnis ist so schlecht wie nie zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges. Es wird auch nur dann besser, wenn Berlin das tut, was Moskau wünscht: zu schweigen, jeder Provokation mit Sanftmut zu begegnen, Moskaus Großmachtgebaren im Therapeuten-Ton zu begleiten und ansonsten das alte Lied von der Sicherheitspartnerschaft herunterzuleiern. Nach dem Motto: Wladimir Putin ist eben so.

Ja, so ist der russische Präsident in der Tat. Deswegen lässt er Oppositionelle in Europa wie Sergej Skripal in Großbritannien oder Selimchan Changoschwili im Berliner Tiergarten ermorden. Deswegen schnappt er völkerrechtswidrig nach der Krim und führt auch bis heute Krieg in der Ukraine. Das deutsch-russische Verhältnis wäre besser, wenn Berlin die alten Phrasen der Entspannungspolitik wiederkäute – in der Tat.

Die Frage aber bleibt: Was brächte es? Würde es Europa sicherer machen? Würde es den deutschen und europäischen Interessen entsprechen? Die Erfahrung zeigt: Leisetreterei wirkt auf alle autoritären und totalitären Machthaber so belebend wie ein Aphrodisiakum. Sie ermuntert Persönlichkeiten vom Schlage Putins geradezu, mit Stahlkappen an den Ellbogen weiterzumarschieren. Ohne Rücksicht auf die Nachbarn und die internationalen Gepflogenheiten.

Nun lässt der Hausherr im Kreml sogar Sanktionen gegen Berlin und einige Europäer verhängen, weil sie gewagt haben, den Mordversuch an Alexej Nawalny nicht widerspruchslos hinzunehmen. Der Schritt war zu erwarten. Seit Jahren gibt Russland die beleidigte Leberwurst, wenn der Westen wagt, dessen Verbrechen und Verstöße wie etwa Auftragsmorde anzuklagen und schlägt dann zurück.

Die Antwort darauf sollte endlich einmal wirklich hart ausfallen. Wie lässt sich ein deutsch-russisches Großprojekt, das weniger aus wirtschaftlicher denn aus politischen Interessen geschlossen wurde, aufrechterhalten, wenn einer der Partner sich wie die Axt im Wald aufführt. Nordstream 2 muss endlich von der Bundesregierung aufgegeben werden. Der Rückzieher würde Europa stärken und Putins Russland zeigen, dass seine aggressive Politik auch einmal schmerzhafte Folgen haben kann.

Was den Tag heute sonst bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom meine Kollegin Judith Mischke.
WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT
Can Dündar, türkischer Journalist
Quelle: JOEL SAGET / AFP
Türkei: Journalist Can Dündar zu 27 Jahren Haft verurteilt

Ein türkisches Gericht hat den im deutschen Exil lebenden Journalist Can Dündar zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt. Davon entfallen 18 Jahre und neun Monate Haft auf angebliche Spionage und weitere acht Jahre und neun Monate auf vermeintliche Terrorunterstützung. Das Gericht ordnete zudem erneut Dündars Festnahme an. Der Journalist lebt seit 2016 in der Bundesrepublik. Seine Anwälte boykottierten die Verhandlung aus Protest: Sie wollen nach eigenen Worten kein Urteil legitimieren, das zuvor bereits politisch entschieden worden sei. Hintergrund des Verfahrens ist ein Zeitungsbericht aus dem Jahr 2015, in dem die regierungskritische Zeitung „Cumhuriyet“ geheime Informationen veröffentlichte, die Waffenlieferungen der Regierung an Rebellen in Syrien belegen sollten. Damals war Dündar Chefredakteur der „Cumhuriyet“. 

Zwei Festnahmen nach Anschlagsserie in Berlin-Neukölln

Die Berliner Polizei hat Haftbefehle gegen zwei Tatverdächtige im Zusammenhang mit einer rechtsextremistischen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln vollstreckt. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch über Twitter mit. Bei der Anschlagsserie geht es um mehrere Dutzend Taten wie Brandstiftungen und Drohungen im Zeitraum zwischen 2016 und 2018. Die Polizei hatte bereits seit längerer Zeit Männer aus der rechtsextremen Szene verdächtigt, konnte ihnen bisher aber nichts nachweisen.

ARD-Vorsitzender kündigt Sparmaßnahmen an

Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow hat angekündigt, dass die ARD ihre  „Finanzplanungen anpassen" und dadurch das Programm kürzen wird. „Ein Ausbleiben der Beitragsanpassung wird gravierende Maßnahmen erfordern, die man im Programm sehen und hören wird“, sagte Buhrow als Reaktion auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Das Gericht hatte am Dienstag die Eilanträge von ARD, ZDF und Deutschlandradio auf „Erlass von einstweiligen Anordnungen" abgelehnt. Die Anträge der Sender hatten sich gegen die Entscheidung Sachsen-Anhalts gewandt, dem neuen Rundfunkstaatsvertrag vorerst nicht zuzustimmen. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird sich der Rundfunkbeitrag vorerst nicht zum 1. Januar erhöhen.
WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD
Premier Boris Johnson
Quelle: Frank Augstein/PA Wire/dpa
In Großbritannien fordern hochrangige Vertreter des Gesundheitssystems NHS von Premier Boris Johnson (im Foto), die Übergangsphase im Brexit zu verlängern. Das Argument: Ein einmonatiger Aufschub könnte einen chaotischen Brexit Ende Dezember verhindern und so die bereits überlasteten Krankenhäuser aus der „unmittelbaren Gefahrenzone“ nehmen, wie die NHS-Führung in einem Brief erklärte. Derzeit seien rund 20.000 Corona-Patienten in britischen Krankenhäusern. Durch weitere Zeit könne Johnson vermeiden, dass „störende Veränderungen“ eines No-Deal-Szenarios das Gesundheitssystem treffen, während die Mitarbeiter iim NHS „mit der größten Herausforderung in der Geschichte“ zu kämpfen haben.

Das NHS werde vielleicht nicht als Akteur am Brexit-Verhandlungstisch wahrgenommen, „aber die zerstörerischen Schockwellen eines No-Deal-Ergebnisses" könnten das NHS massiv überfordern, erklärte der Dachverband „NHS Confederation". Zum Jahreswechsel endet die Übergangsphase im Brexit – und bisher konnte kein Deal über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien erreicht werden. Einer Verlängerung der Übergangsphase müsste die EU allerdings noch zustimmen – in den verbleibenden Tagen in diesem Jahr.

Zudem sorgen die Einschränkungen im Grenzverkehr für weiteres Chaos: Denn durch die mutierte Coronavirus-Variante haben viele Nachbarländer die Grenzen zu Großbritannien entweder ganz dicht gemacht oder die Einreisebedingungen verschärft – wodurch es vor allem auf britischer Seite zu langen Staus kommt. Dadurch ist der Güterverkehr getroffen und damit auch der Transport von Impfstoffen oder medizinischer Ausrüstung. Aufgrund der Notlage hat Frankreich inzwischen die Grenzen wieder geöffnet.

Unterdessen zeichnen auch die Corona-Infektionszahlen in Deutschland ein düsteres Bild: Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Mittwoch mit 962 Todesfällen innerhalb von 24 Stunden einen neuen Höchstwert. Ebenso bleiben die Neuinfektionen mit 24.740 Fällen weiterhin hoch. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) rechnet daher nicht damit, dass die Corona-Maßnahmen nach dem Stichtag am 10. Januar gelockert werden. „Solange ganz Deutschland ein riesengroßer Hotspot ist, verbieten sich Lockerungen praktisch von selbst“, sagte der CDU-Politiker.

Eine etwas freudigere Botschaft kommt aus dem Gesundheitsministerium: Dort signalisierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass er bei dem Bonus für Pflegekräfte nachjustieren will. Die Entscheidung für eine 1000-Euro-Prämie für Pflegekräfte sei im Sommer mit Blick auf das Infektionsgeschehen im Frühjahr getroffen worden. Nach der zweiten Infektionswelle und der „Maximalbelastung" für sehr viele Pflegekräfte müsse es einen gewissen Ausgleich geben.
WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD
Weihnachtsschokolade
Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
„Keine Termine" steht im Kalender des Bundeskanzleramtes  – das politische Berlin versucht zumindest über die Feiertage ein wenig zur Ruhe zu kommen. Und auch der „5 nach 12“-Newsletter geht in die Weihnachtspause. Ab dem 11. Januar sind wir wieder für Sie da, wie gewohnt mit Kommentaren, Nachrichten und Bildern zum Tagesgeschehen. Bis dahin wünscht das Newsletter-Team Ihnen und Ihren Familien vor allem eines: Bleiben Sie gesund!
PODCAST DES TAGES
Deffner und Zschäpitz
Quelle: WELT
Kursrutsch an den Börsen im März, milliardenschwere Konjunkturpakete gegen die Corona-Krise, das Ende der Ära Trump und eine Aktienrallye zum Jahresende – 2020 war deutlich turbulenter als erwartet. Viele große Themen werden uns auch im neuen Jahr begleiten – welche, das erfahren Sie im Podcast mit „Deffner & Zschäpitz".
 
Ich wünsche Ihnen erholsame und besinnliche Feiertage.

Jacques Schuster
Chefkommentator
MEINE WELTPLUS-EMPFEHLUNGEN FÜR SIE
WEIHNACHTEN 2020
„DIE KIRCHEN HABEN MEHR RESPEKT VERDIENT"
Robin Alexander aus der WELT-Chefredaktion erinnert daran, dass das Grundgesetz der freien Religionsausübung einen besonderen Stellenwert einräumt.
Zum KOMMENTAR
GEGEN DAS VIRUS
WAS LUFTFILTER, UV-STRAHLER UND CO BRINGEN
UV-Lichter gegen Keime, Luftfilter für Viren und Fenster auf gegen die Verbreitung – welche Maßnahmen helfen wirklich und welche weniger?
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SICHERHEIT AN DEN FESTTAGEN
WANN SIE IHREN CORONA-TEST ERST MACHEN SOLLTEN
Welche Tests auf das Coronavirus sind zu welchem Zeitpunkt sinnvoll? Direkt am Morgen des 24. Dezembers? Oder erst zur Bescherung? Ein Überblick.
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