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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 14.04.2020 | Sonne und Wolken wechseln sich ab bei windigen 11°C. | ||
+ Frankreich verlängert, Spanien lässt wieder arbeiten – und Deutschland? + Berliner Unternehmer über IBB-Notkredite: „Aufwand an Bürokratie ist erschreckend“ + Weniger Häftlinge in Berlins Gefängnissen + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, es ist die Woche der Entscheidung: Werden die Corona-Beschränkungen gelockert? Frankreich verkündete gestern Abend eine Verlängerung der Ausgangssperren bis zum 11. Mai. Spanien lässt in der Industrie und auf dem Bau unter Auflagen wieder arbeiten. Und Deutschland? Die Bundeskanzlerin hatte angekündigt, sich an den neuen Empfehlungen der „Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina“ zu orientieren – seit gestern liegen sie vor, hier die wichtigsten Punkte: 1) Grundschulen und Klassen der Sek I sollten so bald wie möglich wieder die Arbeit wiederaufnehmen, bei Beachtung strenger Hygieneregeln. Ältere Schüler müssten länger online lernen, Kita-Kinder zuhause bleiben. 2) Kleinere Läden, Gastwirtschaften und Behörden könnten als erste wieder öffnen – unter Beibehaltung der Abstandsregeln. 3) In Bussen und Bahnen sollte eine Maskenpflicht eingeführt werden. Eine Übersicht der Leopoldina-Empfehlungen finden Sie hier. Die renommierte Helmholtz-Gemeinschaft warnt unterdessen vor einer zu raschen Rückkehr – hier haben Wissenschaftler („Modellierungsexperten“) aus der Perspektive der systematischen Epidemiologie drei Szenarien analysiert. Das Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, soll ausdrücklich als Ergänzung zur Leopoldina-Stellungnahme verstanden werden. Die wichtigsten Punkte hier: 1) Die bisherigen Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung werden als „ein großer Erfolg“ bewertet (Infizierte stecken nicht mehr als eine weitere Person an). 2) Dass die Verbreitung der Krankheit sich weiter verlangsamt (derzeitiger Trend), wird jedoch nur als „spekulativ“ und „nicht wirklich bewiesen“ beschrieben. 3) „Die Berechnungen (…) liefern starke Argumente dafür, die derzeit noch starken Begrenzungen für einen Zeitraum von wenigen Wochen zunächst aufrecht zu erhalten (…)“, schreibt Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft. Jetzt muss die Politik entscheiden, welche Diät sie für die wirksamste hält – und vor allem: wie sie einen Jo-Jo-Effekt vermeiden kann. So sieht der politische Fahrplan für die nächsten Tage aus: - Dienstag: Die Bundeskanzlerin bespricht sich mit den zuständigen Ministerinnen und Ministern. Der Senat stimmt sich vermutlich ebenfalls per Schaltkonferenz ab. - Mittwoch: Die Bundeskanzlerin bespricht per Telefonkonferenz mit den MP’s aller Bundesländer das weitere Vorgehen. - Donnerstag: Die Bundeskanzlerin stimmt sich abermals mit den zuständigen Ministerinnen und Ministern ab. Der Senat kommt zu einer Sitzung zusammen. „Vor allem Senioren müssten vorerst mit Einschränkungen weiterleben“, sagt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Q: „Bild“). Aber wer ist eigentlich „Senior“? Für die Bahn z.B. sind das alle ab 60, denn dann gibt’s Seniorenrabatt. Damit wären neben der Präsidentin selbst (sie ist 61) auch 25 Bundestagsabgeordnete betroffen (6 Linke, 6 SPD, 5 Afd, 4 CDU, 3 Grüne, 1 FDP), u.a. Wolfgang Kubicki, Renate Künast und Wolfang Schäuble. Und natürlich auch die Bundeskanzlerin (65). Die Suche nach der richtigen Exit-Strategie ist auch mein Thema beim Dienstagskommentar heute früh um kurz nach 8 Uhr bei Radioeins. Und Ihre Meinung dazu interessiert uns natürlich auch – deshalb sind jetzt hier erstmal Sie dran: | |||
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Das Bundesverfassungsgericht stellt in Bezug auf die Gottesdienstverbote fest: „Der überaus schwerwiegende Eingriff in die Glaubensfreiheit zum Schutz von Gesundheit und Leben ist auch deshalb derzeit vertretbar, weil (…) das hier in Rede stehende Verbot von Zusammenkünften in Kirchen bis zum 19. April 2020 befristet ist.“ (Az 1 BvQ 28/20) An der Entscheidung des BVerfG, eine einstweilige Anordnung gegen das Gottesdienstverbot zu Ostern abzulehnen, wirkten übrigens zwei Richter mit den Namen Christ und Paulus mit (der dritte heißt zwar Masing, aber mit Vornamen immerhin Johannes) – und das an einem Karfreitag. Es kommentiert Justitia: „Coram iudice et in alto mari sumus in manu Dei.“ (Stand auch bei meinem Vater an der Wand, und der ging selbst dann nicht in die Kirche, wenn sie offen war). | |||
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Ein anderes Juristen-Sprichwort lautet: „Vor Gericht braucht man drei Säcke, einen mit Papier, einen mit Geld und einen mit Geduld“. Und diese drei Säcke brauchen auch Berliner Mittelständler in der Corona-Krise vor dem Kreditgericht der IBB. Ein Berliner Unternehmer (Web-Agentur, vor 20 Jahren gegründet, knapp 30 MA) beschreibt in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister und den IBB-Vorstand seine Erfahrungen beim Versuch, einen der offerierten „Soforthilfe“-Kredite zu beantragen (hier gekürzt): 1) Der Antrag: „Aufwand an Bürokratie für Online-Antrag ist erschreckend.“ Aufgrund überlasteter Server gelang der Durchbruch „endlich in der Nacht zum 26. März um 3:30 Uhr“. 2) Die Rückmeldung: Nach einer Woche zwei Nachfragen, „die wir sofort beantworten konnten“. 3) Die Bewilligung: „Am 8. April endlich die vermeintlich erfreuliche Nachricht, dass uns ein Darlehen in Höhe von 330.000 Euro bewilligt wird.“ 4) Die Bedingungen: „Für den Erhalt des Darlehens ist ein persönlicher Termin notwendig, der erst 14 Tage nach Genehmigung möglich ist.“ 5) Die Absicherung: Die GmbH hat zwei Hauptgesellschafter. „Wir wurden nun als Privatpersonen aufgefordert, beide jeweils per SEPA-Mandat eine Bürgschaft in Höhe von 330.000 Euro abzugeben.“ 6) Das Fazit: „Das bedeutet, die IBB sichert sich insgesamt mit der doppelten Darlehenshöhe bei zwei Privatpersonen ab“ – aus der Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird eine mit privater Haftung. Und: „Eine Soforthilfe ist ein vierwöchiger Prozess, der nur durch einen Präsenztermin abgeschlossen werden kann in einer Zeit, in der jeglicher Kontakt zwischen den Menschen vermieden werden soll.“ 7) Ende: „Wir lehnen das Darlehensangebot hiermit ab und werden stattdessen notfalls unser privates Geld in das Unternehmen investieren, das uns am Herzen liegt. Denn auch bei Ihrem Angebot wäre es ja am Ende unser Geld und somit sparen wir uns alle ein paar Papiere.“ Soweit der Brief an Michael Müller und den IBB-Vorstand. Bei den Zuschüssen erst für Solounternehmer und Kleinstunternehmen, später auch für Kulturbetriebe (30 Mio) und Mittelständler (je 25.000 im Durchschnitt, insg. 75 Mio) lief es in Berlin ganz gut – auch wenn die Trittbretter, auf denen sich die unberechtigten Absahner und Betrüger drängelten, alleine schon wegen der Verstöße gegen das Abstandsgebots hätten geräumt werden müssen. Große Firmen wie die Lufthansa gelten ohnehin als „systemrelevant“ und diktieren dem Staat die Bedingungen, zu denen sie sich retten lassen. Der Senat ist stolz auf die positive wirtschaftliche Dynamik der vergangenen Jahre. Dafür verantwortlich waren im wesentlichen Berliner Unternehmen mit mehr als zehn MA (bis 250), die jetzt um Kredite kämpfen und um ihr Überleben – und um die Arbeitsplätze von 1,3 Mio Beschäftigten in Berlin (die Steuern zahlen, in Kiezläden kaufen, Kneipen und Restaurants besuchen, ins Theater und zu Konzerten gehen...). | |||
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