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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 05.03.2021 | Leicht bewölkt bei 5°C. | ||
+ Neue Regeln für eine neue Corona-Verordnung + Warum das Quarantänehotel kaum genutzt wird + Flughafen Tegel bekommt ein neues Terminal + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, wir beginnen heute aus gegebenem Anlass (neue Corona-Regeln) gleich mal zur Auflockerung mit einer leichten Aufgabe aus dem Kurs „Mathe mit dem Checkpoint“ – sie wird Ihnen präsentiert vom Rat der Weisinnen und Weisen aus Bund und Ländern, und sie ist dokumentiert im neuesten Beschluss, aus dem die Bundeskanzlerin in ihrer Ansprache ans Volk in der Nacht zum Donnerstag auszugsweise zitierte: „Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen im Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauffolgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.“ Und jetzt Sie: Bitte berechnen Sie auf der Grundlage dieser Aussage die Koordinaten Ihrer kostenlosen Schnelltestausgabe, Ihren exakten Impftermin sowie die Zahl der grauen Haare, die Ihnen bei der Lösung der Aufgabe wachsen. Bitte beachten Sie auch folgende Hinweise: „Jetzt kommt es auf die Eigenverantwortung der Bürger an.“ (Michael Müller zum Bürger) „Da brauchen Sie gar nicht so schlumpfig herumgrinsen.“ (Markus Söder zu Olaf Scholz) „Das kann ja alles organisiert werden.“ (Michael Müller zu „Abendschau“-Moderator Raiko Thal) Und vor allem: Lassen Sie sich nicht ablenken von der Meldung, dass die Bundesregierung schon ein Jahr nach Beginn der Pandemie eine „Taskforce Schnelltest“ einsetzt, die geleitet wird von Auspuffminister Andy Scheuer (kein Witz). Dessen unbestreitbare Qualifikation: Er hat sich schon immer für Vollgas eingesetzt. (Mehr zur deutschen Impfstrategie unter „Telegramm“). | |||
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Einen „Tropfen auf den heißen Stein“ nannte Bürgermeister Klaus Lederer das zentrale „Quarantänehotel“ in Neukölln (CP v. 20.01.) – der Senat mietet hier von „Ibis“ 57 Zimmer (monatliche Kosten: 95.000 Euro plus 35 Euro Vollpension p.P.). Doch tatsächlich handelt sich eher um das Modell „Wasserfall auf Sandkorn“: Nach Checkpoint-Recherchen wurden hier zwischen Mitte November und Mitte Februar gerade mal 33 „zu Quarantänisierende“ kurzfristig untergebracht. Die Belegungsquote wächst allerdings gigantisch: Anfang Januar lautete die offizielle Auskunft der Gesundheitsverwaltung, über den gesamten Zeitraum seien „maximal 2 Zimmer gleichzeitig belegt“ gewesen, Ende Februar waren es bereits „maximal 4 Zimmer.“ | |||
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Na, dann gehen wir der Sache doch mal auf den Grund, und am besten beginnen wird dort, wo laut Staatssekretär Martin Matz die Verantwortung liegt. Also, drei Checkpoint-Fragen an die Gesundheitsverwaltung, die das Hotel nach eigenen Angaben „hält“: 1) „Geht die Senatsverwaltung davon aus, dass die geringe Belegung des Quarantänehotels dem tatsächlichen Bedarf entspricht?“ 2) „Wenn nein: Wie erklärt sich die Senatsverwaltung die geringe Belegung?“ 3) „Sind Maßnahmen geplant, damit das Angebot des Quarantänehotels stärker in Anspruch genommen werden kann?“ Und damit zur Antwort der Gesundheitsverwaltung (deren stetes Streben es ist, mit klarer Kommunikation und Organisation die Bürgerinnen und Bürger des Landes Berlin vor dem Virus zu schützen), die wir hier in voller Länge und sprachlicher Schönheit dokumentieren: „Vielen Dank für Ihre Anfrage: Hier haben die Bezirke die rechtliche Grundlage, das Quarantänehotel zu nutzen.“ Auch Staatssekretär Martin Matz kann nicht weiterhelfen: „Eine Aufschlüsselung nach Bezirken ist derzeit aufgrund der niedrigen Frequentierung nicht darstellbar.“ (Q: DS 18/26416, MdA Carsten Schatz). Hm, wissen wenigstens die Bezirke Bescheid? Wir haben bei allen 12 Rathäusern gefragt, das Ergebnis: Ausführliche, quantifizierte Antworten kamen aus Neukölln (8 untergebrachte Personen). Die wesentlichen Punkte: 1) Es gibt keine Vorschriften zur Belegung. 2) Bezirke können frei über ein Angebot verfügen. 3) Ein Arzt entscheidet über die Empfehlung zur Hotel-Quarantäne. 4) Es gilt das Freiwilligkeits-Prinzip. 5) Hauptzielgruppe sind Geschäftsreisende und Menschen in beengten Wohnsituationen. 6) Für Wohnungslose gibt es andere Unterbringungsmöglichkeiten. Konkret antworteten ansonsten nur Spandau (eine Belegung, keine Ablehner) und Reinickendorf (eine Belegung), allgemeine Antworten ohne Zahlen („Leider nicht möglich“, „Keine Statistik“) gab es aus Tempelhof-Schöneberg, Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf. Marzahn-Hellersdorf meldete sich „mit freundlichen Grüßen“ wegen Überlastung gleich ganz ab („… ist auch längerfristig eine Antwort auf Presseanfragen leider nicht möglich“) und verwies an die Gesundheitsverwaltung (siehe oben). Der Rest war Schweigen. | |||
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Die Lüftungsanlagen-Farce an den Schulen hat auf der nach unten offenen Pingpong-Skala (misst Amtsunzuständigkeit) die nächste Stufe erreicht – Sie erinnern sich: 1) Die Politik empfiehlt im Sommer den Schulen, Klassenräume zu lüften. 2) Die Schulen weisen im Herbst auf die kommende kalte Jahreszeit hin und fordern Luftreiniger an. 3) Die Politik ist überrascht, dass die kalte Jahreszeit diesmal auf den Winter fällt. 4) Zu Beginn des neuen Jahres haben Senat und Bezirke 0 Schulen mit Luftreinigern ausgestattet. 5) Eltern beginnen damit, in Steglitz-Zehlendorf Anlagen auf eigene Kosten zu beschaffen. 6) Die Politik untersagt den Einbau von Anlagen, die sie nicht selbst (nicht) eingebaut hat. 7) Es wird kalt und kälter. 8) Die Politik erbarmt sich und baut mit Blick auf den Frühling erste Anlagen ein. 9) Damit bis zum kommenden Sommer alle bedürftigen Schulen ausgestattet sind, erlaubt die Politik jetzt doch elternfinanzierte Geräte (aber nur „übergangsweise“). Happy End? Ach was! Denn so geht es weiter: 10) Die Elternvereine haben inzwischen das Kleingedruckte gelesen und stellen fest, dass die Politik ihnen nicht nur erlaubt, eigenes Geld für Luftreiniger auszugeben („Deshalb ermöglichen wir…“, heißt es generös in einer Erklärung von Stadtrat Frank Mückisch aus Steglitz-Zehlendorf), sondern dass sie auch gleich noch für Aufbau, Anschluss, Instandhaltung und Schäden haften sollen. 11) Der Landesverband der Schulfördervereine rät Eltern am 2. März wegen der Verantwortungsabschiebung der Politik von der Anschaffung eigener Luftreiniger ab. Und jetzt? Stadtrat Mückisch hatte am 24.2. in seiner Jubelmitteilung („Als erster Berliner Bezirk…“) zum Einbau von Luftreinigern an 14 Schulen u.a. erklärt: „Wir setzen auf unbürokratische Verfahren.“ Der Checkpoint hat ihn gefragt, was das in Bezug auf die Initiative der Eltern bedeutet. Seine Antwort: „Wir befinden uns aktuell in der Prüfung, wie das Thema Haftung für alle Beteiligten zufriedenstellend gelöst werden kann.“ Ok, wir fragen spätestens am 2. Jahrestag des Beginns der Pandemie nochmal nach. | |||
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Überraschung! Der Flughafen Tegel (ja, richtig gelesen) bekommt ein neues Terminal – und zwar für die Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums auf dem militärischen Teil. Denn mindestens drei Hubschrauber bleiben bis zur Fertigstellung des BER-Regierungsterminals (geplante Fertigstellung: 2032 – ja, richtig gelesen) hier stationiert. In einer noch unveröffentlichten Antwort von Staatssekretär Thomas Silberhorn auf eine Anfrage des Berliner FDP-MdB Christoph Meyer heißt es, die bisher in Tegel genutzten Gebäude könnten „nicht mehr wirtschaftlich vertretbar saniert werden“ – jetzt soll ein „Interimsbau“ den Weiterbetrieb sicherstellen. Wie teuer das wird, steht noch nicht fest. Nur die Betriebskosten für die Verlängerung sind bereits kalkuliert – auf 62 Millionen Euro bis 2032. Es kommentiert der Fragesteller: „Grotesk!“ | |||
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Mitte-Bürgermeister Stephan von Dassel ist sauer: In einer Mail an die Bezirks-Kolleginnen und -Kollegen sowie Senatsmitglieder beschwerte er sich gestern Nachmittag über die Einrichtung einer „Internen Beratungseinheit“ für die Verwaltung (Projekt „Zukunftspakt“) – der Beschluss im Rat der Bürgermeister sei „nicht regelkonform zustande gekommen“ („er stand nicht auf der TO, es gab keine Tischvorlage und beim Vertagungsantrag wurde nur nach den Ja-, aber nicht nach den Nein-Stimmen und den Enthaltungen gefragt“). Staatssekretär Frank Nägele hatte dennoch am Donnerstag um 15.06 Uhr für den 23. März zu einer „Informationsrunde“ per Zoom-Meeting eingeladen – offenbar der Anlass für von Dassels Wut-Mail, die 54 Minuten später rausging. Der letzte Satz darin: „Auch wenn das offensichtlich von allen Verantwortlichen ignoriert wird, ist das ein ganz schlechter Start für die interne Beratungseinheit.“ | |||
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Der Blick nach Rechtsaußen: Die Bundes-AfD wird jetzt vom Verfassungsschutz geführt (und zwar als „Verdachtsfall“), die Berliner AfD wird bald von Beatrix von Storch und Georg Pazderski geführt (so hätten sie es jedenfalls gerne). Und alle anderen führen mal wieder folgende Diskussion: | |||
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