Corona-Status | Hopp als Held | Brief an die Oma
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Stimme
des Westens

Moritz Döbler

17. März 2020

Liebe Frau Do,

ich habe gestern Abend in dem Supermarkt meines Vertrauens festgestellt: Klopapier und Spaghetti sind tatsächlich ausverkauft. Verhungern muss ich aber nicht, und auch die Hygiene kriege ich hin. Das öffentliche Leben liegt brach, die Maßnahmen, die der Bund und die Länder ergriffen haben, sind von einem Lockdown nicht mehr weit entfernt. Die Corona-Krise erfasst das gesamte Zusammenleben. Barbara Grofe hat recherchiert, dass wegen der geschlossenen Grenzen Saisonarbeitskräfte fehlen: in der Landwirtschaft, aber auch in der Pflege.

Alle aktuellen Nachrichten rund um die Pandemie finden Sie wie gewohnt in unserem Live-Ticker – und das übrigens gratis. Jan Böhmermann hat per Twitter gefordert, vor allem die Regionalzeitungen sollten Informationen rund um das Virus umsonst bereitstellen („TEAR DOWN THE FUCKING PAYWALLS NOW!“). Uns musste er nicht bitten, unser Live-Ticker war längst für alle frei. Nur bitte ich um Verständnis, dass das nicht für alle Inhalte gelten kann. Die Gehälter der Journalisten, die für Sie recherchieren und produzieren, müssen auch bezahlt werden. Von einer Kürzung des Rundfunkbeitrags habe ich übrigens noch nichts gehört.

Erinnern Sie sich an den Mann, der in Fußballstadien auf Transparenten im Zentrum von Zielscheiben abgebildet war und als „Hurensohn“ beschimpft wurde? Dietmar Hopp, das Feindbild der Ultras, ist zu 80 Prozent an einem Unternehmen beteiligt, das auf der Suche nach einem Corona-Impfstoff weit vorne ist. Die Hassfigur von gestern wird zum Held von morgen, auch der eine oder andere Fußballfan könnte profitieren. Unser Wirtschaftsredakteur Florian Rinke hat sich die Unternehmungen des 79-Jährigen angeschaut.

Die Corona-Pause für unseren Medizinexperten Dr. Wolfram Goertz, über die ich gestern berichtet habe (Stichwort: Metronom), war von kurzer Dauer: Jetzt hat er versucht nachzuempfinden, wie ein junges Mädchen seiner Oma von dem Virus erzählt und begründet, warum es sie nicht besucht. Der fiktive Brief endet mit den Worten: „Viele Küsschen, ich habe Dich ganz doll lieb!“ Das Mädchen tut gut daran, die Oma nicht in Gefahr zu bringen. Nebenbei lernen wir, wie wir Kindern das alles erklären können.

Früher galten Krankheiten und Epidemien als Strafe Gottes. Bischof Franz-Josef Overbeck hat unserem Kulturchef Dr. Lothar Schröder in einem Interview erzählt, warum er diese Sicht für zynisch hält und Gebete wieder eine größere Rolle spielen werden. Besonders schön fand ich aber eine Formulierung, in der es um einen Wert geht, für den auch die „Stimme des Westens“ steht: „Gott ist in unserem Leben, das von Freiheit und der Suche nach Partizipation geprägt ist, überall präsent. Aber er bindet sich eben an die Freiheit des Menschen.“

Auch wenn gerade vieles reglementiert wird: Genießen Sie an diesem neuen Tag Ihre Freiheit – die auch darin besteht, andere zu schützen.

Herzlich

Ihr

Moritz Döbler

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