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5 nach 12 - Nachrichten aus dem Newsroom der WELT
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
Clemens Wergin - Chefkorrespondent Außenpolitik
Clemens Wergin
Chefkorrespondent Außenpolitik
 
Donald Trump weigert sich weiter anzuerkennen, dass Joe Biden die Präsidentschaft gewonnen hat. Der Noch-Präsident schreibt wütende Tweets in Großbuchstaben, in denen er behauptet, um die Wahl betrogen worden zu sein.

Während Trump sich in Realitätsverweigerung übt, hat für Biden schon die nächste Phase begonnen. Er muss jetzt die Machtübergabe organisieren. Schließlich befinden sich die USA in einer akuten medizinischen Krise, die dritte Corona-Welle ist noch stärker als die beiden zuvor, die Zahl der Neuinfektionen liegt inzwischen täglich bei mehr als 100.000. Experten sagen, dass es ohne drastische Gegenmaßnahmen weitere 100.000 Tote bis zu Bidens Amtsantritt am 20. Januar geben könnte. Und die Wirtschaft ist wegen der Pandemie in einem prekären Zustand. Biden muss also sofort einsatzbereit sein, wenn er die Regierungsgeschäfte übernimmt. Biden ist vorbereitet, anders als vor vier Jahren bei Trump hat sein Team seit Monaten einen Fahrplan ausgearbeitet.

Doch nun wird auf Regierungsseite offenbar Trumps Verweigerungshaltung zum Problem. Die von Trump ernannte Leiterin der „General Service Administration“ (GSA) weigert sich, das OK zu geben für den Beginn des Transitions-Prozesses. Der Wahlsieger sei noch nicht festgestellt worden, sagte eine Sprecherin der GSA. Fast zehn Millionen Dollar für Personal, Büroräume und Ressourcen sind für den Prozess vorgesehen und sind nun blockiert.

Bidens Mitarbeiter sollten eigentlich auch Regierungsräumlichkeiten für eine zentrale Koordinationsstelle bekommen und Zugang zu allen Ministerien. In der Vergangenheit hat die GSA den Übergangsprozess eingeleitet, wenn ein Kandidat von den Medien als Sieger ausgerufen wurde, weil sein Vorsprung uneinholbar geworden war. Eine Ausnahme war nur das Jahr 2000, als das Ergebnis an nur wenigen Stimmen in Florida lag und von den Demokraten angefochten wurde. So knapp ist es diesmal keineswegs, der Vorsprung Bidens ist inzwischen komfortabel.

Dennoch blockiert die Trump-Regierung den Transitionsprozess – weil der Chef schmollt und sich seine Untergebenen nicht trauen, ihm zu widersprechen. Biden hat so eine Situation offenbar einkalkuliert und im September schon eine Spendenaktion für die Transition gestartet mit dem ungewöhnlich hohen Ziel, mindestens sieben Millionen Dollar für die Machtübernahme einzuwerben. Die Leitung des Teams steht. Es verfügt über eine Webseite und einen gerade aktiv geschalteten Twitter-Account. Bis zum 20. Januar sollen in dem Team etwa 350 Leute beschäftigt werden. Aber ohne aktive Kooperation der Regierungsstellen ist eine Einarbeitung in die Regierungsgeschäfte nicht möglich. Die Verweigerungshaltung Trumps hat schon jetzt negative Auswirkungen auf die Regierungsfähigkeit der künftigen Administration – und das in einer Krisenzeit, in der sich das Land keine Verzögerungen leisten kann.

Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom meine Kollegin Judith Mischke.
WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT
Kamala Harris (li.) und Joe Biden (re.)
Quelle: AP Photo/Carolyn Kaster
Merkel gratuliert Biden und Harris
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem neu gewählten US-Präsidenten Joe Biden (siehe Foto) und seiner Vize-Präsidentin Kamala Harris zu ihrem Sieg gratuliert. Die Kanzlerin freut sich auf die Zusammenarbeit: Joe Biden kenne „Deutschland und Europa gut“, sagte Merkel im Kanzleramt. „Ich erinnere mich gerne an Gespräche mit ihm.“ Sie würdigte außerdem die Leistung von Kamala Harris, die als erste Frau im Amt der Vize-Präsidentin und als Kind von Einwanderern als „ein Beispiel für die Möglichkeiten Amerikas“ stünde. Merkel freue sich darauf, Harris persönlich kennenzulernen. Die amerikanisch-deutsche Freundschaft sei ein „gemeinsamer Schatz“. Den bisherigen Präsidenten Donald Trump erwähnte die Kanzlerin in ihrer Rede nicht.
Nach Leipzig-Demo: Innenminister verteidigt Polizei
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat nach der Eskalation einer Großdemonstration gegen die Corona-Maßnahmen am Samstag in Leipzig die Polizei in Schutz genommen: „Wir müssen damit aufhören, die Taktik der Polizei im Nachhinein ohne Kenntnis von Details und ohne vollständiges Bild per Ferndiagnose zu hinterfragen", so der Minister in einer Erklärung. Die Polizei habe seine „volle Rückendeckung". Bei der Demo mit rund 20.000 Teilnehmern hatte es zahlreiche Verstöße gegen die Corona-Auflagen gegeben. Daher löste die Polizei die angemeldete Demonstration vorzeitig auf, was zu erheblichen Krawallen führte. Seehofer erklärte nun, alle Beteiligten – die Versammlungsbehörden, die Polizei und die Gerichte – müssten „verantwortungsvolle Entscheidungen" treffen. SPD-Chefin Saskia Esken kritisierte unterdessen das Polizeikonzept. Ihr Vorwurf: Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) und Seehofer hätten die Polizei völlig unzureichend ausgestattet in die Situation laufen lassen, sagte sie im Südwestrundfunk. „Ich finde das unverantwortlich.“
Söder glaubt nicht an schnelle Lockerung des Lockdowns
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht keine Chance auf schnelle Lockerungen der Corona-Beschränkungen: „Das wird noch eine schwere Zeit. Wir brauchen einen langen Atem und Durchhaltevermögen”, sagte er am Montag vor einer Sitzung des Parteivorstands in München. Er hoffe, dass sich die Kurve der Infektionen bis zum Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Woche abflache, sei aber skeptisch. „Das wird noch länger dauern.” Söder sprach sich gegen Öffnungen und Beschränkungen im schnellen Wechsel aus: „Wir brauchen eine Langfrist-Strategie.”
WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD
Wann kommt ein Corona-Impfstoff?
Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Während die Zahl der Corona-Neuinfektionen auf hohem Niveau anhält – heute meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) 13.363 neu registrierte Fälle innerhalb eines Tages –, hat das Bundesgesundheitsministerium eine „Nationale Impfstrategie“ erarbeitet. Auch wenn es noch keinen Impfstoff gibt, die Regierung will vorbereitet sein. Das 15-seitige Papier zur Impfstrategie wurde heute Vormittag vom Bundeskabinett beschlossen.

Laut der Impfstrategie will die Bundesregierung wissen, welche Personen sich impfen lassen und dazu den Wohnort, das Geschlecht, das Alter, die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe und die Art des Impfstoffes in einem zentralen Onlineregister erfassen. In dem Papier von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werden sieben verschiedene Impfstoffe erwähnt, die eine Zulassung in der EU und somit auch in Deutschland erhalten könnten – darunter auch der Impfstoffkandidat des Mainzer Unternehmens BioNTech.

Die Bundesregierung erwartet, dass anfangs nur geringe Mengen eines neuen Impfstoffes zur Verfügung stehen. Daher sollen vorrangig Personengruppen wie Risikopatienten und medizinisches oder Pflegepersonal geimpft werden. „Sobald ausreichende Impfstoffmengen zur Verfügung stehen, wird angestrebt, die Impfaktivitäten in das Regelsystem übergehen zu lassen“, heißt es. Und weiter: Die Impfung soll freiwillig erfolgen und kostenlos sein.

Spahn stellt klar, dass in Deutschland eine hohe Zahl von Menschen als Risikogruppe gelten. „Bei uns sind 23 Millionen Deutsche über 60“, sagte der CDU-Politiker bei „Bild live“. „Wenn Sie nach der Definition gehen, sind 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung Risikogruppe.“

Zum Impfprozess haben sich heute auch hochkarätige Wissenschaftler geäußert: Der Deutsche Ethikrat, die Ständige Impfkommission (STIKO) – die zum RKI gehört – und Experten der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina stellten ein gemeinsames Positionspapier vor, in dem es unter anderem darum geht, wer in der Bevölkerung zuerst geimpft werden solle. Sie empfehlen, dass Personen in Impfgruppen eingeteilt werden und dass eine Impfung freiwillig bleiben müsste. Die Priorisierung müsse nach „medizinischen, ethischen und rechtlichen Prinzipien" erfolgen, so die Experten – und der Bevölkerung jederzeit verständlich dargelegt werden.
WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD
Herbstlaub liegt auf einer Grabplatte auf dem jüdischen Friedhof in Erfurt
Quelle: Martin Schutt/dpa
Der 9. November ist einer der bedeutendsten Tage in der deutschen Geschichte – und zugleich einer der denkwürdigsten. Deutschlandweit sind heute mehrere Gedenkfeiern zur Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 geplant. Die Gedenkfeiern finden in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie in kleinerem Rahmen statt – oder wie in Rheinland-Pfalz online. 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erinnerte bereits heute Vormittag an die Pogromnacht: Der „widerwärtige Gewaltausbruch" habe nicht den Beginn der Judenverfolgung in Deutschland markiert, die Pogrome seien „auf lange Jahre der Diskriminierung, Einschüchterung und Anfeindung" gefolgt. Sie seien eine „eindringliche Warnung an uns heute", sagte Steinmeier. Es beschäme ihn, „dass Juden mit einer Kippa sich auf unseren Straßen nicht sicher fühlen."
PODCAST DES TAGES
Die neue Podcast-Folge Inside USA
Quelle: WELT
Aus dem einen Wahl-Tag in den USA ist ein echter Wahl-Krimi geworden, der sich über mehrere Tage zog. Nun ist klar: „We have a president!" Der Demokrat Joe Biden wird der 46. Präsident der Vereinigten Staaten.

US-Korrespondent Steffen Schwarzkopf beantwortet in der neuen Podcast-Folge „Inside USA - Wahl Special" die wichtigsten Fragen, wie es nun weitergeht – denn der Verlierer der Wahl, Donald Trump, scheint nicht in Würde abtreten zu wollen. Wie erfolgreich könnten Trumps angekündigte rechtliche Schritte werden? Was steckt hinter Trumps Betrugs-Vorwürfen und wie sieht seine Zukunft bei den Republikanern aus? Die Antworten hören Sie im Podcast.
 
Ich wünsche Ihnen einen Tag voller Erkenntnis.

Clemens Wergin
Chefkorrespondent Außenpolitik
 
MEINE WELTPLUS-EMPFEHLUNGEN FÜR SIE
9. NOVEMBER
ES GIBT 6 MILLIONEN GRÜNDE, AN DIESEN TAG ZU ERINNERN
In der Aufregung um die US-Wah hätten wir fast vergessen, dass der 9. November vor der Tür steht. Das darf nicht passieren, findet Henryk M. Broder.
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CORONA-REGELUNGEN
DER LOCKDOWN IST UNUMGÄNGLICH – NICHT LAUT DER DATEN
„Nicht nur die gesundheitlichen Risiken, sondern auch die ökonomischen, sozialen und kulturellen Lasten sind in der Krise extrem ungleich verteilt“, schreibt Julian Nida-Rümelin.
Zum Kommentar
 
INTERNATIONALE REAKTIONEN
DAS ERWARTET DIE WELT VON JOE BIDEN
In vielen Ländern galt Joe Biden als Präsidenten-Favorit, als „die bessere Wahl" für außenpolitische Beziehungen. Doch ist er das wirklich – und welche Erwartungen hat die Welt an ihn?
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