Liebe Frau Do, Börsencrash, Grenzen dicht, das öffentliche Leben steht still – und jetzt sind zwei politische Entscheidungen getroffen worden, für die es kein historisches Vorbild gibt: In NRW sind ab Montag alle Schulen und Kindergärten geschlossen – bis zum Ende der Osterferien in fünf Wochen. Und die Bundesregierung hat unbegrenzte Hilfen für notleidende Unternehmen angekündigt. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte, man taste sich nicht langsam heran, sondern sage von vornherein jede Hilfe zu. „Wir legen alle Waffen auf den Tisch.“ Hoffentlich ist das dann auch genug. Was von diesem Schritt zu halten ist, hat unsere Wirtschaftschefin Dr. Antje Höning in ihrem Kommentar aufgeschrieben. Für Eltern ist allerdings die Schulschließung der elementarere Einschnitt. Wie das funktionieren soll, haben Christian Schwerdtfeger und Jörg Isringhaus recherchiert. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich staune seit Tagen immer wieder, wie dramatisch sich die Dinge gerade entwickeln. Ich erkenne Parallelen zur globalen Finanzkrise, die mit dem Zusammenbruch einer Bank begann, deren Namen vorher nur Insider kannten. Die Coronakrise hatte möglicherweise ihren Ursprung auf einem Großmarkt in Wuhan, einer Millionenstadt in China, deren Name wahrscheinlich in kaum einer Abiturprüfung hierzulande vorkommt, bisher jedenfalls. Es ist wie mit dem Flügelschlag des Schmetterlings, der einen Orkan auslösen kann. Aber für mich zeigt sich am Umgang mit der Coronapandemie, wie sehr sich die Gesellschaft in den vergangenen Jahren verändert hat. „Vom Wir zum Ich“ habe ich mein Essay genannt. Vielleicht haben Sie am Wochenende einen Moment, um innezuhalten. Wir müssen uns in diesen Zeiten unserer Werte bewusst werden und dürfen uns nicht nur von der Nachrichtenlage treiben lassen, meine ich. Unsere Kulturredakteurin Dr. Dorothee Krings war bei einer Generalprobe im Düsseldorfer Schauspielhaus dabei. An sich ist das nicht ungewöhnlich, aber der Saal war fast leer, und die eigentliche Premiere von Strindbergs „Ein Traumspiel“ heute Abend ist wegen Corona abgesagt worden. Ob Sie diese Inszenierung je sehen können, wird sich zeigen. Etwas beklemmend wirkt, dass es in dem Stück auch um Quarantäne geht, dabei kam es lange vor Corona auf den Spielplan. Auch bei den Geisterspielen im Fußball spielte das Ergebnis eine Rolle, wir wäre es also mit einer Rezension einer Geisteraufführung im Theater? Wir tun uns gerade einigermaßen schwer, Themen zu finden, die nichts mit Corona zu tun haben. Erinnern Sie sich noch an das Thema Klimawandel? Unter dem Eindruck von Greta Thunberg und ihrer Fridays-for-Future-Bewegung überschlagen sich Politiker und Wirtschaftslenker auch in Deutschland, um als Klimaretter zu erscheinen. „Würden wir die Klimakrise halb so ernst nehmen wie die Coronakrise, wäre uns geholfen“, sagt Luisa Neubauer, das deutsche Gesicht der Bewegung, in einem Interview, das unser Berliner Team Kristina Dunz, Jan Drebes und Holger Möhle mit ihr geführt haben. Und wovon träumt Luisa Neubauer nachts? „Einfach Rennrad fahren, mit Rückenwind an der Küste.“ Dafür hätten wir was, nämlich unsere neue Serie „Rad fahren“, die heute startet und bis Ende März läuft. An die Küste geht es zwar nicht, dafür aber in die Region. Auch Rückenwind können wir nicht garantieren, Abwechslung hingegen allemal: neue Trends rund ums Rad, nützliche Tipps und Menschen, die sich für diese Art der Fortbewegung begeistern. Wenn Sie hart genug strampeln, vergessen Sie bestimmt jeden Gedanken an Corona. In diesem Sinne, bleiben Sie fit und gesund übers Wochenende. Bis Montag! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |