Corona-Winter | Verbotskultur | Wundersame Dinge
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Dorothee Krings

03. Dezember 2021

Liebe Frau Do,

das parteipolitische Taktieren in Berlin hat ein Ende: Die neuen Corona-Regeln sind beschlossen. Sie erhöhen mit dem flächendeckenden Umstieg auf 2G beim Einkaufen, in Kultur und Freizeit den Druck auf die Ungeimpften, betreffen aber auch den Rest, etwa durch das Feuerwerksverbot an Silvester. Auch diesmal wird es zum Jahreswechsel  keinen Glitzerregen am Himmel geben, die Stimmung bleibt gedämpft. Und Händler, Künstler, Gastronomen bekommen es einmal mehr zu spüren. Natürlich rumort da weiter die Frage, ob das alles mit mehr Weitsicht  vermeidbar gewesen wäre. Und mit mehr Druck auf die Ungeimpften, so wie er nun kommt. Im Privatleben ist es müßig bis schädlich, sich mit „Hätte, hätte, Fahrradkette“-Gedanken zu martern. Besser man erkennt an, was ist. Doch in der Pandemiebekämpfung ist die kritische Rückschau geboten. Deutschland hat bisher zu wenig aus früheren Fehlern gelernt.

Heute wichtig:

Großer Zapfenstreich: Wenige Stunden nach der Ministerpräsidentenrunde wurde die Kanzlerin mit einem Großen Zapfenstreich im Bendlerblock aus dem Amt verabschiedet. Angela Merkel wirkte gerührt, ihrem Nachfolger Olaf Scholz wünschte sie „alles, alles Gute und eine glückliche Hand und viel Erfolg“. Kerstin Münstermann berichtet.

Corona-Beschlüsse: Die neuen Corona-Regeln werden unser Leben in den kommenden Wochen stark beeinflussen. Dabei wird sich aber erst zeigen müssen, wie sich die 2G-Regeln zum Beispiel im Einzelhandel kontrollieren lassen. Meine Kollegen Jan Drebes, Birgit Marschall und Jana Wolf haben sich die Beschlüsse genau angeschaut und beantworten die wichtigsten Fragen

Innere Sicherheit: Als Konsequenz aus den Anschlagsplänen auf die Synagoge in Hagen spricht sich NRW-Innenminister Herbert Reul für die Hinterlegung der Identität von Nutzern von Social-Media-Kanälen und Messengerdiensten aus. Das will er der Innenministerkonferenz vorschlagen, die heute ihre Herbsttagung fortsetzt.

Meinung am Morgen:

Wirtschaft:  Für die Wirtschaft sind die neuen Corona-Regeln ein Schlag, urteilt Antje Höning in ihrem Kommentar. Einmal mehr müssten Händler und Gastronomen ausbaden, was die amtsmüde Kanzlerin und die Länder-Chefs versäumt hätten, indem sie die Booster-Kampagne zu spät gestartet und die Ungeimpften zu lange geschützt hätten. Nun hätte die Bund-Länder-Runde vor der Wahl gestanden, entweder den Trubel in den Innenstädten zu stoppen oder die Schulen zu schließen. Doch Kinder hätten ohnehin schon die größten Opfer gebracht.

Neue Corona-Regeln:  Nach den neuen Corona-Beschlüssen von Bund und Ländern komme es für die künftige Regierung  darauf an, möglichst viele Skeptiker zum Impfen zu bewegen, schreibt Holger Möhle in seinem Kommentar. Darum sei es richtig, das Infektionsschutzgesetz jetzt nachzuschärfen. Wer sich die Freiheit nehme, sich weiter nicht impfen zu lassen, der müsse damit leben, dass der Staat sich die Freiheit nehme, darauf zu reagieren. 

Böller: Dass in diesem Corona-Winter keine großen Silvesterpartys stattfinden können und auch ein bundesweites Böllerverbot mit Blick auf die Auslastung der Kliniken unvermeidlich sein wird, schreibt Julia Rathcke in ihrem Kommentar. Doch warnt sie davor, nun aus Resignation in eine Verbotskultur zu verfallen. Um Verbote müsse weiter mit guten Argumenten gerungen werden.

So gesehen:

Um adventliche Stimmung muss man in diesem Jahr ringen. Umso wichtiger werden Bräuche. Etwa die seltsame Praxis, am Abend vor dem Fest des Heiligen Nikolaus einen Stiefel vor die Tür zu stellen. Wer das Schuhwerk nicht „nur“ mit zartschmelzenden Kalorien und Zitrusfrüchten bestücken will, kann sich auf Spiele in kleinen Schachteln verlegen. Eigentlich ist aber gar nicht wichtig, welche Gaben im Stiefel stecken. Denn es geht bei diesem Brauch wohl mehr um die Erfahrung, dass selbst im vertrauten Zuhause über Nacht wundersame Dinge geschehen können. Für möglich halten – diese Fähigkeit nützt auch Erwachsenen. Kommen Sie gut in den Tag!

Herzlich,

Ihre

Dorothee Krings

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