Crux mit den Schnelltests | Was Christian Lindner reizt | Kunst digital
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Rheinische Post

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Stimme
des Westens

Moritz Döbler

04. Dezember 2020

Liebe Frau Do,

von heute an können Schulen und Kitas eigenständig Corona-Schnelltests durchführen. Noch sind dabei allerdings viele Fragen unbeantwortet, wie Kirsten Bialdiga recherchiert hat. Hinzu kommt: Testen allein ist noch keine Strategie, wie Julia Rathcke in ihrer Analyse mit den wichtigsten Fragen und Antworten zu den Schnelltests schreibt. Impfen ist dagegen schon eine Strategie, doch bevor überhaupt hierzulande ein Impfstoff zugelassen ist, gibt es Streit ums Geld, schreibt Martin Kessler in seinem Kommentar.

Aufs Streiten und auf Finanzen versteht sich Christian Lindner. Im Wahljahr 2021 sieht er keinerlei finanzielle Spielräume. „Wir werden uns in den zwanziger Jahren daran gewöhnen müssen, Politik weitgehend ohne Geld zu machen. Zugleich müssen wir das wirtschaftliche Wachstum beschleunigen. Wir müssen in der Garage wenden“, sagt der FDP-Chef in einem Interview, das Kerstin Münstermann und Gregor Mayntz geführt haben. Noch ist nicht ausgemacht, dass die FDP in zehn Monaten die Fünf-Prozent-Hürde knackt, aber für Lindner ist schon klar, was nach der Wahl der herausforderndste Job wäre: „Finanzminister in der nächsten Koalition“.

Von Lindner zu Valéry Giscard d’Estaing kommt mir wie ein großer Sprung vor. Frankreichs ehemaliger Präsident ist im Alter von 94 Jahren den Folgen von Corona erlegen, unser Pariser Korrespondent Knut Krohn hat den Nachruf geschrieben. Seine gute Beziehung zu Helmut Schmidt wunderte den großen Franzosen selbst: „Den ersten Deutschen habe ich durch das Zielfernrohr eines Panzers gesehen“, sagte er einmal. Was wieder einmal zeigt, dass die Zeit alle Wunden heilt.

Nein, das stimmt so wenig wie die meisten anderen Superlative. Die Wunden von Samuel Koch hat die Zeit nicht geheilt. Heute genau vor zehn Jahren stürzte er bei „Wetten dass…?“ bei einem waghalsigen Stunt und ist seither querschnittgelähmt. Jörg Isringhaus blickt zurück und widmet sich der Frage, was sich seitdem in den TV-Shows zum Besseren gewendet hat – leider nicht viel.

Eben war von Giscard und Schmidt die Rede, die vermutlich im Himmel weiterdiskutieren. Die Musik dazu könnte von Keith Jarrett stammen, der seine legendären „Köln Concerts“ 1975 aufnahm, als die beiden als Präsident und Kanzler amtierten. Nach zwei Schlaganfällen gibt er keine Klavierabende mehr, die linke Hand gehorcht ihm nicht mehr, seine jüngste Platte ist sein Vermächtnis. Wolfram Goertz würdigt den Titan des Jazz, ohne den sich viele nicht für diese Musikrichtung hätten erwärmen können.

Es ging hier heute viel um Schicksalsschläge und, natürlich, wieder um Corona. Entscheidend ist, was man daraus macht. Deswegen empfehle ich Ihnen noch den Gastbeitrag von Felix Krämer. Der Direktor des Düsseldorfer Kunstpalasts schreibt über Museen ohne Besucher: „Was nicht digital existiert, gibt’s nicht.“

Diese „Stimme des Westens“ existiert ausschließlich digital. Ich wünsche Ihnen trotzdem einen Tag voller analoger Freuden. Bis morgen!

Herzlich

Ihr

Moritz Döbler

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