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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 22.03.2021 | Teils bewölkt bei milden 11°C. | ||
+ Das bisschen Ausgangssperre + Häuptlingsfragen + Grüne Platzverweise + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, da ist es wieder das Wort, mit dem diese Pandemie vor ziemlich genau einem Jahr in unseren Köpfen angekommen ist: Ausgangssperre. Die Ausnahmegenehmigung von damals habe ich noch in der Schublade und werde sie mir vermutlich irgendwann mit der Impfbescheinigung an die Klotür nageln. Gebraucht haben wir sie nie, denn raus durfte man ja immer, irgendwie, wenn auch die Zahl der Begleitenden übers Jahr stark schwankte. Nach fünf Monaten im weichen Dauerlockdown holt die Kanzlerin nun die harten Worte wieder raus, zumindest ein bisschen, kurzzeitig, Moment... Am routinemäßig nachrichtenstarken Vorbeschlusstag geisterte die Ausgangssperre gestern wieder durch diverse Eilmeldungen, der Vorschluss-Beschlussentwurf des Kanzleramts (Stand: 5 Uhr, Montag) sieht allerdings lediglich Ausgangsbeschränkungen bis 5 Uhr vor, offengelassen ist die Anfangsuhrzeit. (Das geht ja zu wie beim Checkpoint!) Derweil beeilten sich die Ministerpräsidentinnen und Länderchefs, schnell noch ein Sonntagssätzchen zu sagen. Zusammenfassung: Die Zeit der Lockerungsphantasien ist vorbei, denn völlig überraschend haben sich die Prognosen der Wissenschaft einmal mehr bestätigt. Als sicher gilt, dass der Lockdown bis zum 18. April verlängert wird, mindestens in seiner jetzigen Form, Tendenz eher härter (Müller: „gegebenenfalls über neue Einschränkungen reden“; Söder: „Wichtig, dass wir die Notbremse hart machen.“). Auf dem Tagesspiegel-Tisch liegt eine Vorlage, die außerdem vorsieht, Schulen und Kitas wieder zu schließen, wenn nicht zwei Tests für Personal und Kinder möglich sind, ab einer Inzidenz von 200 komplett. Berlins Regierender stellte am Abend die Frage, warum das nicht auch für Unternehmen gelte. „Wir sind wieder sehr schnell beim Thema Einzelhandel, sehr schnell beim Thema Schule“, sagte Müller, bei Unternehmen aber sei man „über eine Selbstverpflichtung hinaus nicht gekommen“. Eine Frage, die übrigens schon eine ganze Weile ziemlich deplatziert im Großraumbüro rumsteht, und steht und steht und... Einigkeit scheint zumindest darin zu bestehen, dass Osterspaziergänge vornehmlich hinterm heimischen Wald stattfinden werden, wobei sich die Idee der Beschränkung auf Reisen im eigenen Bundesland für Stadtstaaten recht unfair anfühlt (prominente „Reisetipps“ weiter unten im Encore), aber hey: Dafür haben wir hier Clubs, Theater und... ach Mist. Und was meinen Sie: Muss Malle jetzt wirklich mal sein? Stimmen Sie ab. | |||
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Bleibt die Frage nach den Frisören, Antwort Söder: „Wir müssen aufpassen, dass aus einer dritten Welle keine Dauerwelle kommt.“ (Q: „Bericht aus Berlin“) Oder alle am Ende wieder nur Locken auf der Glatze drehen. | |||
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Apropos Diskriminierung: Falls Sie das Wochenende noch im wohlverdienten Winterschlaf verbracht haben, hier exklusiv eine Kurzzusammenfassung der Landesdelegiertenversammlung der Grünen: Spitzenkandidatin Bettina Jarasch wäre als Kind gern „Indianerhäuptling“ geworden, die A100 soll zurückgebaut werden (zumindest ein bisschen), Wohnungskonzerne vielleicht doch ein bisschen enteignet, die SPD ist „ein Rendezvous mit der Vergangenheit“ und Jarasch muss noch viel lernen. Vor allem in Sachen Kommunikation. Dass die Spitzenkandidatin mit der Häuptlingsaussage am Wochenende die meiste Aufregung verursachte, zeigt einerseits den Grad der Aufregung in der Debatte um diskriminierungsfreie Sprache. Andererseits allerdings auch den Grad ihrer eigenen Unsicherheit. Dass Parteichef Werner Graf ihr nach gut fünf Monaten Wahlkampf im Plauderton die Auftaktfrage stellte, wer sie denn eigentlich sei („Stell dich doch mal vor!“), mögen manche sympathisch gefunden haben, doch auch in der eigenen Partei steigt die Nervosität angesichts eines Bekanntheitsgrates von zuletzt 24 Prozent. Vielleicht war der Aussetzer ja auch ein genialer Coup, um endlich mal auf dem Titel der B.Z. (heute) zu landen. Schlechte Presse soll es ja angeblich gar nicht geben. Jarasch entschuldigte sich später mit dem Hinweis, es habe sich um „unreflektierte Kindheitserinnerungen“ gehandelt und: „Auch ich muss noch viel lernen.“ Kapitel abgeschlossen, könnte man denken, wenn da nicht die am Sonntag beschlossene Bundestagsliste wäre, die einige Zweifel an der Ernsthaftigkeit des parteieigenen Diversitätsanspruchs aufbringt. Gewählt wurden (in dieser Reihenfolge): Lisa Paus, Stefan Gelbhaar, Renate Künast, Andreas Audretsch, Nina Stahr, Laura Dornheim, Annkatrin Esser, Juliana Wimmer und Bernd Schwarz. Allein Juliana Wimmer hat eine Migrationsgeschichte, doch auch sie verlor zunächst die Abstimmung um Listenplatz 7 und rückte auf 8. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Öczan Mutlu (der schon die Nominierung in Mitte gegen Hanna Steinmüller verloren hatte), scheiterte gleich zweimal und findet sich nun gar nicht mehr auf der Liste. „Ich dachte Vielfalt und Diversität sind mehr als Floskeln für meine Grünen, bei denen ich seit fast 30 Jahren für Gleichberechtigung und Vielfalt kämpfe“, sagte Mutlu am Abend. „Beschlüsse auf Papier reichen nicht aus.“ Immerhin über die Frauenquote kann sich niemand beschweren. Außer vielleicht ein paar Männer. | |||
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Und bei der SPD? Kann sich zumindest niemand über die Bekanntheit ihrer Kandidatin beschweren (80 Prozent), auch wenn ein aktuelles Foto von Franziska Giffey in der Bunten (zu sehen hier) ganz andere Fragen aufwirft (zu viel Zuckerwatte auf den Neuköllner Maientagen?). Manch einer wittert in der Farbe der Luftballons eine versteckte Botschaft an mögliche Koalitionspartner, für andere ist diese Ampel ganz klar: Pink-türkis-gelb. Mit Zuckerguss. | |||
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Derweil wurde in Neukölln (dem Vernehmen nach ohne Zuckerwatte) Hakan Demir zum SPD-Bundestagskandidaten gewählt. Er hatte sich im Oktober in einer Mitgliederbefragung gegen Giffeys Wunschkandidaten Tim Renner durchgesetzt. Nominiert wurde er auch für Platz fünf der Landesliste, die Ende April gewählt werden soll. | |||
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Umherirrende Menschen am ehemaligen Flughafen Tempelhof kennen wir noch zu gut aus der Zeit, als es hier noch Abflüge und/oder Veranstaltungen gab. Das riesige Gebäude wird zwangsläufig zum Labyrinth der Ahnungslosen, wenn man von der falschen Seite anreist (welche das ist, variiert leider). Im Impfzentrum wird dieses alte Problem derzeit offenbar durch falsche Wegbeschreibungen und fehlende Ausschilderungen verstärkt, wie uns glückliche Impfterminbesitzenden berichten. Drinnen aber (das hören wir immer wieder): Alles super organisiert, die Menschen sehr freundlich, motiviert und hilfsbereit. Fazit einer Besucherin: „Wirkt so gar nicht wie Berlin“. | |||
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Umso weniger verstehen viele Berliner Mediziner, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) den Vertrag mit der Gesundheitsverwaltung für den Einsatz der Praxisärzte in den Impfzentren nun zum 30. April gekündigt hat. In den sechs Impfzentren arbeiten zwar auch Klinik- und Betriebsärzte, die große Mehrheit aber sind Praxisärzte – und damit auf den Vertrag mit der KV angewiesen. Mit dem weiteren Festhalten an Impfzentren werde das flächendeckende Impfen in Arztpraxen weiter herausgezögert, hieß es am Wochenende. Nicht nur für viele Mediziner eine völlig unnötige Eskalation. | |||
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Aber Achtung: Jetzt ist die Lösung für all die Probleme im Anflug. Wer, wenn nicht Krisenkenner und BERöffnungsikone Engelbert Lütke Daldrup könnte das nationale Impfchaos beenden (und die Bruchpiloten Jens Spahn und Andi Scheuer zum Mond schießen)? Zumal sich doch ein Drittel der Impfzentren ohnehin in ehemaligen Flughäfen befindet! Der Vorschlag stammt vom ehemaligen TUI-Vorstand Karl Born (Q: airliners), verbunden mit einer weiteren innovativen Idee: Analog zum „Self Hubbing“ (Selbstzusammenstellung der Umsteigeverbindung) könne man doch mit Lütke Daldrup gleich zu „Self Vaccinate“ (Selbst-impfen“) übergehen. Vielleicht doch eine Spur zu innovativ. Mehr zu Lütke Daldrup heute im Comic (exklusiv für Abonnenten). | |||
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