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| | | | | Eine Gracht in der Altstadt von Brügge |
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| | Guten Tag, Donald Tusk war diese Woche in Brügge. Der EU-Ratspräsident ist nur noch bis Ende des Monats im Amt, und so nutzte er seinen Auftritt in Flandern, um noch einmal das loszuwerden, was ihm wirklich wichtig ist. Tusk hielt eine Rede im College of Europe, wo einst schon Margaret Thatcher ihre berühmte "Bruges Speech" vortrug. Es war im September 1988, als die damalige britische Premierministerin ihr Verständnis von Europa darlegte. Es ist anzunehmen, dass Tusk beim Schreiben seiner Rede auch an Thatchers Worte gedacht hat. Denn in den Mittelpunkt seines Auftritts in Brügge stellte er die Einheit der Europäischen Union, die sich in jüngster Zeit vor allem beim Brexit zeigte. Dass die EU der 27 verbleibenden Mitgliedstaaten noch immer so geschlossen gegenüber Großbritannien auftritt, war nicht zuletzt auch ein Verdienst von Tusk. In Brügge machte der Pole kein Geheimnis daraus, was er vom EU-Austritt der Briten hält. Es war eine Abrechnung mit den Brexiteers, denen er schon einmal einen "besonderen Platz in der Hölle" gewünscht hatte. Die Vorstellung so mancher im Königreich, dass Großbritannien nach dem Brexit wieder zu einer globalen Macht aufsteigen werde, wies Tusk entschieden zurück. "Ich habe überall dasselbe gehört, in Indien, Neuseeland, Australien, Kanada und Südafrika", sagte er, wohlwissend dass dies alles Mitglieder des Commonwealth sind. "Nach diesem Abschied wird das Vereinigte Königreich ein Außenseiter, ein zweitklassiger Spieler", erklärte Tusk, "während das wichtigste Schlachtfeld von China, den USA und der Europäischen Union besetzt sein wird." Und damit nicht genug: Er zitierte einen englischen Freund, der wohl Recht habe, wenn er sage, "dass der Brexit das wahre Ende des britischen Empire ist". Es waren klare und harte Worte, wie man sie von Tusk gewohnt ist. Der Ratspräsident nahm sich in den vergangenen fünf Jahren immer wieder die Freiheit, zu sagen, was er denkt. In Brügge knöpfte er sich nicht nur die Brexiteers vor, sondern auch Emmanuel Macron. Frankreichs Staatspräsident hatte der Nato kürzlich nicht nur den "Hirntod" attestiert, sondern auch im Alleingang verhindert, dass Albanien und Nordmazedonien zu EU-Beitrittskandidaten heraufgestuft werden. "Es wird kein souveränes Europa ohne einen stabilen Balkan geben, der in Europa integriert ist", sagte Tusk. Auch Macrons Forderung nach einer neuen Russland-Politik wies er entschieden zurück. Tusk sagte nicht ohne Stolz, dass die nach der russischen Invasion auf der Krim im Jahr 2014 verhängten Sanktionen gegen Moskau unter seiner Führung immer wieder verlängert worden seien. "Unsere harte und nachdrückliche Haltung zu Russland war der erste Ausdruck unserer Souveränität, klar und unmissverständlich", erklärte der Ratspräsident. Tusks großes Thema ist immer die Einheit der Europäischen Union gewesen. Nur in der Flüchtlingskrise merkte man davon nicht besonders viel. Statt im Streit zwischen Ost und West zu moderieren, stellte sich Tusk damals ziemlich offen gegen die Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das erwähnte er in Brügge natürlich nicht. Lieber sprach er über Brexit und Grexit. "Ich habe die Griechen vor einer übermäßig harten und manchmal orthodoxen Herangehensweise der Deutschen und der Niederländer bewahrt", sagte Tusk. Am 12. Juli 2015 habe die Euro-Zone unmittelbar vor dem Zusammenbruch gestanden. In dieser Gipfel-Nacht wären Kanzlerin Merkel und der damalige griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras um vier Uhr morgens beinahe im Streit auseinander gegangen, sagte Tusk. „Ich schloss die Tür und sagte ihnen: "Sorry, aber es ist ausgeschlossen, dass ihr diesen Raum verlasst, bevor ihr euch einig werdet. Vier Stunden später verkündigte ich ein aGreekment." Ein typisches Tusk‘sches Wortspiel mit dem englischen Begriff "agreement". Den Grexit konnte die Staatengemeinschaft also während der Amtszeit von Tusk verhindern. Aber den Brexit? Mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Großbritannien am 12. Dezember appellierte der scheidende Ratspräsident noch einmal an die Briten: "Gebt nicht auf. In diesem Match hatten wir bereits Nachspielzeit, jetzt sind wir in der Verlängerung, vielleicht geht es sogar ins Elfmeterschießen." Ob und wann es dazu kommt, ist noch immer völlig offen. Wie es aussieht, ist die Mehrheit der Briten im Geiste noch immer näher an Thatcher als an Tusk. Als die Eiserne Lady 1988 in Brügge auftrat, sagte sie Sätze, die die Europa-Debatte in Großbritannien bis heute prägen. Thatcher erklärte zwar, dass es gut sei, in all jenen Dingen zusammenzuarbeiten, "die wir gemeinsam besser können als allein." Europa sei dann stärker, etwa in der Handelspolitik. Soweit würde auch Tusk mitgehen. Thatcher sagte aber auch, dass eine engere Zusammenarbeit es nicht erfordere, "dass die Macht in Brüssel zentralisiert wird oder Entscheidungen von einer bestimmten Bürokratie getroffen werden". Schließlich habe Großbritannien seine Grenzen nicht erfolgreich abgebaut, um sie auf europäischer Ebene wiederauferlegt zu bekommen, mit einem "europäischen Superstaat, der von Brüssel aus eine neue Dominanz ausübt". Genau darauf nehmen die Brexiteers heute Bezug, wenn sie über ihre Abscheu gegenüber Brüssel sprechen. Donald Tusk wollte mit seiner Brügger Rede noch ein letztes Mal dagegenhalten. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Und wenn Sie noch nie da waren, besuchen Sie unbedingt einmal Brügge.
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| | | Alexander Mühlauer, Korrespondent in London, früher mal in Brüssel
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| | | "Es war ein Pferd, das davongaloppierte" | Der frühere sozialistische Premier Spaniens, Felipe Gonzáles, erzählt von dem Widerstand europäischer Regierungschefs gegen die deutsche Einheit und Helmut Kohls Dankbarkeit. Interview von Thomas Urban | | |
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| Tim Barrow | Als britischer EU-Botschafter in Brüssel ist Tim Barrow nicht zu beneiden. In dieser Woche musste der Diplomat schon wieder einen Brief verfassen, den Premierminister Boris Johnson nicht unterschreiben wollte. Darin teilte der Ständige Vertreter der EU-Kommission mit, dass Großbritannien keinen Kommissar benennen werde. Die Antwort folgte sogleich: Die Kommission eröffnete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien. Sir Tim bleibt trotzdem gelassen. Der nächste Brief kommt bestimmt. | | |
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